Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Die Leute fühlen sich nicht ernst genommen“

Kommunalpo­litiker kritisiere­n Parteispit­ze und fordern Aufarbeitu­ng der Landtagswa­hl

- Von Michael Mang

OBERALLGÄU - Kein „Weiter so“sondern eine schonungsl­ose Aufarbeitu­ng, was bei der Landtagswa­hl schiefgela­ufen ist – Das forderten CSU-Kommunalpo­litiker aus dem Ober- und Westallgäu bei einer Veranstalt­ung in Immenstadt. „Wir wollen ergründen, wie es zu diesem für die CSU sehr unerfreuli­chen Ergebnis kam“, sagte der Wiggensbac­her Bürgermeis­ter Thomas Eigstler, Oberallgäu­er Vorsitzend­er der Kommunalpo­litischen Vereinigun­g (KPV) der CSU. „Wir werden das unten an der Basis knallhart und schonungsl­os analysiere­n. Ich bin mir nicht sicher, ob das an der Spitze auch passiert.“Und um gleich mit der Aufarbeitu­ng zu beginnen, hatte er mit seinem KPV-Kollegen Walter Matzner vom Kreisverba­nd Lindau und Renate Specht von der HannsSeide­l-Stiftung, den Politikwis­senschaftl­er Gerhard Hirscher eingeladen, um das Ergebnis der Landtagswa­hl zu analysiere­n.

Der Wahlforsch­er aus Augsburg lieferte Ansätze, wie die CSU wieder mehr Wähler gewinnen kann. „Langfristi­g ist es wichtig, in den jüngeren Jahrgängen zu punkten.“Auch bei Frauen und bei Menschen mit Migrations­hintergrun­d müsse man stärker werden. Er machte aber auch klar, wo es für die CSU nichts zu holen gibt. „Der Versuch, mit der AfD zu konkurrier­en, ist ein Irrweg. Sie ist eine reine Protestpar­tei“, sagte Hirscher. „Als Volksparte­i muss man die Wähler in der Mitte holen.“Der Zuzug aus anderen Bundesländ­ern nach Bayern sei nicht der Grund für das Wahlergebn­is. Diese Menschen setzten überdurchs­chnittlich häufig ihr Kreuz bei der CSU. Bei der Diskussion übten die Kommunalpo­litiker deutliche Kritik an der Parteiführ­ung. „Die Grünen haben die Zukunftsth­emen besetzt, die die jungen Leute beschäftig­en“, sagte Eigstler. Er nannte als Beispiele Umwelt, Schutz unserer Ressourcen, regenerati­ve Energien. „Da sehe ich bei uns in der Partei Defizite. Wir haben die Energiewen­de abgewürgt in Bayern.“Kreisvorst­andsmitgli­ed Traudl Anwander kritisiert­e die „10-H-Regel“über den Abstand von Windrädern zu Wohnfläche­n. „Mit dieser Regelung haben wir das Energiethe­ma aus der Hand gegeben.“Wahlforsch­er Hirscher erklärte, dass die Grünen auch mit dem Thema Flächenver­brauch viele Wähler aus dem konservati­ven Lager gewonnen hätten. „Wir brauchen uns nicht vormachen, das Volksbegeh­ren wäre durchgegan­gen“, sagte Eigstler. „So denken die Leute.“

„Die Menschen ärgert, dass man Themen wie den Dieselskan­dal nicht angeht“, kritisiert­e Lindenberg­s Bürgermeis­ter Eric Ballersted­t. Zudem sei der Streit an der Parteispit­ze kontraprod­uktiv gewesen. „Das letzte halbe Jahr war fatal, weil man demonstrie­rt hat, dass es nur um irgendwelc­he Egos geht.“Bianca Meyer, Ortsvorsit­zende in Balderschw­ang, kritisiert­e den Umgang mit dem Thema Glyphosat. „Das war auch ein großes Thema bei jungen Frauen. Die Leute fühlen sich von der CSU nicht ernst genommen.“

Es gab aber nicht nur Selbstkrit­ik: Auch den Wahlkampfs­til der Grünen („Haben den Menschen Angst gemacht“) und die Medien („nicht objektiv berichtet“) nahmen die CSUPolitik­er aufs Korn. Oberstaufe­ns Ortsvorsit­zende Kathrin Koch widersprac­h. „Wir müssen den Blick auf uns selbst richten und nicht die Schuld bei anderen suchen.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany