Verhaltene Reaktionen auf Spahns Vorstoß
Idee des Bundesgesundheitsministers zu höheren Beiträgen für Kinderlose stößt auf Kritik
BERLIN - Der Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), nach dem Kinderlose höhere Beiträge für Pflege- und Rentenversicherung zahlen sollten als Eltern, stößt bei den anderen Parteien auf Kritik. In einem Gastbeitrag für die „Schwäbische Zeitung“hatte Spahn seinen Vorschlag präsentiert.
Sozialminister Hubertus Heil (SPD) hält diesen für eine „mehr als schräge Idee“. „Kinderlose gegen Familien auszuspielen ist falsch“, sagte er. Zudem sei Kinderlosigkeit häufig ungewollt. Stattdessen solle man „Wohlhabende und Reiche stärker an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen“.
Auch SPD-Sozialpolitiker Martin Rosemann hält nichts von der Idee. „Familienförderung geht nicht über die Rente. Stattdessen müssen wir Familien finanziell besser unterstützen.“
Für FDP-Pflegeexpertin Nicole Westig will Spahn „wie eine politische Raupe Nimmersatt abkassieren“. Man dürfe weder bestimmte Personengruppen gegeneinander ausspielen, noch nachfolgende Generationen über Gebühr belasten. Spahn solle lieber ein tragfähiges Konzept zur künftigen Finanzierung der Pflege vorlegen.
Das fordert auch Gesundheitspolitikerin Pia Zimmermann von der Linken. Sie plädiert für die Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze, die bisher Menschen mit hohen Einkommen unterstütze. „Das wäre gerecht, nicht eine Beitragserhöhung, die nur von den Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen getragen werden müsste.“
Dagegen hält der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Peter Weiß (CDU), die Überlegungen von Spahn „im Prinzip für richtig“. Nur ziehe dieser die Sache von der falschen Seite auf: Schon bei der Pflegeversicherung hätte es lieber eine Beitragssenkung für jedes Kind geben sollen.
Spahn hält höhere Beiträge für Kinderlose für eine Gerechtigkeitsfrage, schließlich bekämen ja „die Alten das Geld von den Jungen – auch, wenn es die Kinder nur der Anderen sind.“Er sage dies ganz bewusst als „selbst Kinderloser, der bereit ist, finanziell mehr zur Zukunftsfähigkeit des Systems beizutragen.“
Den Kassen geht dieses Finanzierungsmodell gegen den Strich. Der Spitzenverband der Kassen (GKV) macht eine nicht funktionierende Krankenhausplanung, zu knappe Investitionen der Länder und eine zu hohe Verweildauer der Patienten verantwortlich für den Pflegenotstand. Spahn will dafür an anderer Stelle sparen. Bislang unterstützte der Bund die Kliniken mit dem sogenannten Pflegezuschlag. Diesen konnten die Krankenhäuser bisher neben dem Pflegepersonal für das gesamte Personal, also auch für Ärzte oder den medizinischtechnischen Dienst, einsetzen. Durch das Pflegepersonalstärkungsgesetz fällt der weg.
Geht es nach Wolf, sollte der Zuschlag aber erhalten bleiben und in das künftige Budget einfließen. Auch den Krankenhausgesellschaften in Baden-Württemberg und Bayern missfällt der Wegfall dieses Zuschlags. Laut der BadenWürttembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG) macht der Pflegezuschlag im Land rund 63 Millionen Euro aus, in Bayern sind es rund 80 Millionen. Der Bund will im neuen Gesetz zwar 40 Millionen Euro an Pflegebudget zuschießen, doch dieses Geld kann dann nur für das Pflegepersonal verwendet werden. Nach Angaben der BWKG steht unterm Strich ein Minus von knapp 26 Millionen Euro im Klinkhaushalt.
Getreu seinem Motto „Die Planung der Unsicherheit ist ein Wesensmerkmal im Gesundheitsbereich“, stellt sich Wolf auf weitere Variablen ein, die die Pflegereform bereithält. „Aber natürlich wäre es uns schon lieber, wir würden über das eine oder andere mehr wissen.“