Was der Dreikampf um den Chefposten der CDU bringt
West Wing“, „Borgen“oder „House of Cards“– PolitikSerien sind derzeit ein Renner. Aber der Überraschungserfolg der Herbstsaison in dieser Kategorie gelang der CDU. Titel: „Volkspartei sucht Vorsitzenden“. Die acht Folgen der Serie entwickelten sich, zumindest bei Parteimitgliedern und Politikinteressierten, zum Renner. Mehr als 13 000 eingetragene Christdemokraten strömten in die Veranstaltungshallen zwischen Lübeck, Böblingen, Halle an der Saale und Düsseldorf. Zehntausende schalteten sich online dazu, wenn Jens Spahn, Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz in die Säle einzogen. Im Südwesten fanden sogar Public-Viewing-Veranstaltungen der CDU statt.
Dabei steht das Finale noch an: Am Freitag nächster Woche wird – nach einem Gottesdienst im Hamburger Michel – gegen halb elf der 31. Parteitag der CDU in der Messehalle A 1 eröffnet. Von der scheidenden Chefin Angela Merkel, die bei der Abschiedsvorstellung in ihrer Geburtsstadt wohl vor allem Lobreden und Applaus hören wird. Kandidaten und Delegierte wissen zu schätzen, dass Merkel losgelassen hat.
Was aber nach Merkels letzter Rede als CDU-Chefin in Hamburg passiert, ist auch nach insgesamt 24 Stunden Regionalkonferenzen, nach unzähligen Interviews, Namensartikeln und Talkshowauftritten unklar. Einen eindeutigen Favoriten gibt es nicht. Spahn allerdings wird einigermaßen übereinstimmend auf Platz drei gesehen. Doch der 38-Jährige hat Punkte gesammelt mit seinen selbstbewussten Auftritten und klaren Ansagen. Als einziger der drei Konkurrenten verschmähte er das Rednerpult, sondern wanderte bei seinen Vorstellungsreden mit dem Mikro in der Hand auf der Bühne hin und her. „Den brauchen wir unbedingt noch, aber nicht unbedingt jetzt“– so beschreibt ein einflussreicher CDUBundestagsabgeordneter den Blick auf Spahn in der Partei.
Merz wackelte, er stolperte nicht
Merz oder Kramp-Karrenbauer also. Der 63-jährige Rechtsanwalt und frühere Unionsfraktionschef hatte mit seiner überraschenden Kandidatur vor gut vier Wochen einen Hype ausgelöst. Bierdeckel-Steuer, Leitkultur, klare Ansage – mit diesen Etiketten aus dem vorigen Jahrzehnt rauschte er zunächst in die gefühlte Favoritenrolle. Und Merz, das haben die Regionalkonferenzen gezeigt, zieht noch immer. Ein paar Mal hat er gewackelt, beim Thema Asyl oder in Sachen Millioneneinkommen zum Beispiel, aber gestolpert ist er nicht.
Kramp-Karrenbauer schließlich ist es gelungen, sich etwas vom Image der „Mini-Merkel“zu lösen. Die 56-Jährige hat mehr Härte bei Abschiebungen gefordert, mehr Mitsprache der Partei zugesagt. „Eiserne Faust, aber im Samthandschuh“, beschrieb sie selbst ihren Stil.
Hart, aber herzlich sind sich die „liebe Annegret“, der „liebe Jens“und der „liebe Friedrich“auch auf den Bühnen begegnet. Sie haben sich diszipliniert zugehört und mit Beifall oder gar Gelächter bedacht – auch wenn sie spätestens nach der zweiten Runde so manche knackige Formulierung der Konkurrenten auswendig gekonnt haben dürften.