Gelbwesten randalieren in Paris
Schwerste Ausschreitungen seit Jahrzehnten in der französischen Hauptstadt
PARIS - Die französische Hauptstadt hat am Wochenende die schwersten Gewalttaten seit Jahrzehnten erlebt. Nach dem zweiten Wochenende der Verwüstung schließt die Regierung in Paris die Verhängung des Ausnahmezustands nicht mehr aus.
Es war, als habe eine gewalttätige Stadtguerilla vom Herzen von Paris Besitz ergriffen. Hunderte vermummte Gelbwesten plünderten am Samstag Geschäfte, griffen Polizisten an und steckten Dutzende Autos in Brand. Im Zentrum der Aggression, die nur noch wenig mit der Bewegung gegen Benzinpreiserhöhungen zu tun hatte, stand der Triumphbogen. Die Randalierer verwüsteten das Wahrzeichen, an dem Präsident Emmanuel Macron vor drei Wochen noch mit mehr als 70 Staats- und Regierungschefs des Endes des Ersten Weltkrieges gedacht hatte. Macron besuchte den Arc de Triomphe am Sonntag und wurde dort mit Pfiffen empfangen.
Die gewalttätigen Demonstranten hatten 24 Stunden zuvor eine Polizeiabsperrung durchbrochen, die zu dem Monument gehörenden Vitrinen zerstört und die Säulen mit Macron-feindlichen Parolen beschmiert.
Im Gegensatz zur vergangenen Woche, wo die Bewegung auf die Champs-Élysées beschränkt blieb, breiteten sich die gewaltsamen Aktionen vom Triumphbogen auf mehrere Straßenzüge aus. Auf dem Boulevard Haussmann, der an den Kaufhäusern Galeries Lafayette und Printemps vorbeiführt, errichteten die Demonstranten Barrikaden. Die Galeries Lafayette, wo zahlreiche Kunden ihre Weihnachtseinkäufe machten, mussten evakuiert werden. Mehrere Bankfilialen und zahlreiche Luxusautos auf der schicken Avenue Kleber gingen in Flammen auf. Auf der bei Touristen beliebten Rue de Rivoli plünderten die Randalierer mehrere Läden.
„Die Verantwortlichen dieser Gewalt wollen keine Veränderung, sie wollen das Chaos“, bemerkte Präsident Macron während des G-20-Gipfels in Argentinien. Nach seiner Rückkehr aus Buenos Aires beriet Macron am Sonntag mit Premierminister Edouard Philippe, der seine Reise zur Klimakonferenz nach Polen absagte, und einigen Ministern. Innenminister Christophe Castaner schloss nicht aus, den Ausnahmezustand zu verhängen, um künftige Demonstrationen zu verbieten.
Insgesamt waren in ganz Frankreich 136 000 Gelbwesten auf der Straße, weniger als vor einer Woche. Allerdings verliefen die Proteste deutlich gewalttätiger. So zählte das Innenministerium 187 Brände und 133 Verletzte, darunter einen Demonstranten, der in Lebensgefahr schwebte. 412 Menschen wurden festgenommen.
Der Protest der gelben Westen hatte vor zwei Wochen mit einer ersten Blockadeaktion begonnen. Damals ging es den Demonstranten um die Erhöhung der Öko-Steuer auf Benzin und Diesel. Doch bereits vergangene Woche mischte sich ein gewalttätiger Block unter die „Gilets jaunes“und zerstörte Geschäfte auf den Champs-Elysées.