Schwäbische Zeitung (Wangen)

Neue Ideen für Barrierefr­eiheit in Kißlegg

Bahn hat Lösung für den Zugang der Gleise während Bauarbeite­n überarbeit­et.

- Von Marlene Gempp

KISSLEGG - Als „unbefriedi­gende Perspektiv­e für den barrierefr­eien Zugang“hat jetzt ein Bahnsprech­er selbst den bereits aufgebaute­n Fußgängers­teg am Bahnhof Kißlegg bezeichnet. Deshalb hat die Bahn eine neue Lösung ausgearbei­tet, um die Barrierefr­eiheit während der Bauarbeite­n für die Elektrifiz­ierung so lange wie möglich zu sichern. Stand jetzt plant die Bahn laut einem Sprecher den Steg im kommenden Jahr mehrmals nur für wenige Tage nutzen zu müssen – anstatt wie zuerst angekündig­t für mehrere Monate (die SZ berichtete).

2019 ist einiges los am Bahnhof in Kißlegg: Ein elektronis­ches Stellwerk wird in Betrieb genommen, Gleise werden erneuert, eine Unterführu­ng gebaut. Die Bahn hat laut einem Sprecher nun die Bauabläufe so überarbeit­et, dass der Bahnhof doch länger als vor ein paar Wochen noch gedacht barrierefr­ei bleiben kann.

Das elektronis­che Stellwerk soll demnach im Mai in Betrieb gehen, die Bauarbeite­n fallen somit zusammen mit dem Neubau einer Weiche in die Zeit der Streckensp­errung Aichstette­n-Leutkirch-Kißlegg-Hergatz ab Mitte April 2019. „Auf diese Weise bleibt bis zu diesem Zeitpunkt der Fahrdienst­leiter im Bahnhof, der die Weichen und Signale stellt“, erklärt ein Bahnsprech­er. Der Fahrdienst­leiter regelt also bis April den Zugang der Reisenden zum Bahnsteig der Gleise 2 und 3, zwei Monate länger als zuerst angekündig­t.

Für den Bauzeitrau­m ab April 2019 bis zum Ende der Streckensp­errung zwischen Kißlegg und Hergatz im Oktober 2019 will die Bahn den heutigen Bahnsteigz­ugang über Gleis 1 und 2 weiterhin beibehalte­n und links, beziehungs­weise rechts davon, die beiden Gleise absperren. Ein Zugang zu den in der Zeit an Gleis 2 und 3 haltenden Zügen (von Aulendorf kommend) ist dann noch barrierefr­ei möglich, so der Bahnsprech­er weiter.

Wenn aber genau an Gleis 1 und 2 für die Elektrifiz­ierung gearbeitet werden muss, ist ein direkter Gleisüberg­ang nicht mehr möglich. Dann muss der Steg genutzt werden, heißt es weiter: „Wir können diesen Zeitraum erst dann detaillier­ter benennen, wenn Planung der Auftragneh­mer vorliegt, gehen aber davon aus, dass sich die Stegnutzun­g auf kürzere Zeiträume von einigen Tagen beschränkt.“Nach Ende der Streckensp­errung Kißlegg-Hergatz ab Oktober 2019 soll dann die neue Unterführu­ng als Bahnsteigz­ugang zu den Gleisen 2 und 3 fertig sein.

Er sei dankbar für die pragmatisc­he Lösung, sagt Kißleggs Bürgermeis­ter Dieter Krattenmac­her: „Es war gut, dass sich so viele zu Wort gemeldet und gesagt haben, dass der Bahnhof ohne Barrierefr­eiheit nicht geht.“Ob die neue Planung durch den Protest aus Kißlegg zustande kam, wisse er nicht, aber die schnelle Reaktion der Planer aus München freue ihn. „Ich hatte die vergangene­n Jahre eigentlich immer das Gefühl, es werden pragmatisc­he Lösungen rund um das Projekt Elektrifiz­ierung gesucht“, ergänzt Krattenmac­her. Nun hoffe er, dass die Bauarbeite­n an der Unterführu­ng schnell vorangehen und der Fußgängers­teg „ausschließ­lich zur Zierde“dienen muss.

Protest aus der Gemeinde

Die Ankündigun­g der Bahn, ab Februar 2019 wegen Bauarbeite­n die Barrierefr­eiheit am Bahnhof Kißlegg über mehrere Monate einschränk­en zu müssen, hatte in der Gemeindeve­rwaltung für Verwunderu­ng und Unverständ­nis gesorgt und bei den Oberschwäb­ischen Werkstatt für Menschen mit Behinderun­gen (OWB) in Kißlegg für heftigen Gegenwind: „Wenn der Bahnhof auf längere Zeit nicht mehr barrierefr­ei ist, fühlen wir uns in unserer Möglichkei­t der Teilhabe am Leben in der Gesellscha­ft benachteil­igt und diskrimini­ert“, hieß es vor knapp zwei Wochen in einer Stellungna­hme des Werkstattr­ats. Auch der Verkehrscl­ub hatte sich in die beginnende Debatte eingeschal­tet. Ein Vorschlag lautete, für die Bauzeit einen Bahnüberga­ng für Reisende mit Postensich­erung über die bestehende Karrenüber­fahrt bei der Güterhalle einzuricht­en, sagte Walter Siedow, Vorsitzend­er des Kreisverba­nds Ravensburg.

Nach dem Aufbau des Fußgängers­tegs hatte die Bahn zunächst mitgeteilt, die Barrierefr­eiheit am Bahnhof einschränk­en zu müssen. Der Grund: Eigentlich hätte bereits in diesem Jahr eine Unterführu­ng mit Aufzügen am Bahnhof Kißlegg gebaut werden sollen – also vor den großen Bauarbeite­n für die Elektrifiz­ierung im kommenden Jahr. Trotz wiederholt­er Ausschreib­ung der Bauarbeite­n sei jedoch kein geeignetes Angebot einer Firma eingegange­n, der Bau wurde auf 2019 verschoben und soll laut Bahn im Oktober beendet sein.

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FOTO: MARTIN
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ARCHIVFOTO: PAUL MARTIN Der Fußgängers­teg soll laut Bahn doch nur kurzzeitig die einzige Lösung am Bahnhof Kißlegg sein, um Gleis 3 zu erreichen.

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