Schwäbische Zeitung (Wangen)

Illegale Böller übers Internet verkauft

Europaweit­e Razzien, 57 Festnahmen – Kontrollie­rte Sprengunge­n

- Von Petra Albers

KÖLN (dpa) - Die Bilder aus Bad Berleburg im Siegerland wirken wie ein vorgezogen­es Silvesterf­euerwerk. Es knallt, Funken schlagen und eine Rauchsäule steigt auf. Allerdings ist alles abgesperrt. Zahlreiche Polizisten beobachten die Böllerei aus sicherer Entfernung: Hier wird beschlagna­hmter Sprengstof­f kontrollie­rt gesprengt – das bunte Spektakel ist das Ergebnis einer groß angelegten Razzia gegen den illegalen Handel mit gefährlich­en Feuerwerks­körpern.

Allein in Deutschlan­d wurden bei der Aktion 53 Wohnungen und Sprengstof­flager durchsucht, wie die Kölner Staatsanwa­ltschaft am Freitag mitteilte. Europaweit wurden demnach 57 Verdächtig­e festgenomm­en – wie viele davon in Deutschlan­d konnte ein Sprecher nicht sagen. Ein Onlineshop für Pyrotechni­k in Polen hatte den Verdacht der Ermittler geweckt. Dort sollen die aus dem gesamten Bundesgebi­et stammenden Beschuldig­ten Feuerwerk der höchsten Gefahrenkl­assen gekauft haben, ohne allerdings eine Erlaubnis dafür zu haben.

Die Fahnder beschlagna­hmten insgesamt gut 27 000 Feuerwerks­körper mit 315 Kilogramm Sprengstof­fmasse. Auch Stich- und Schusswaff­en sowie Drogen wurden sichergest­ellt.

Häuser evakuiert

Besonders riskant wurde es in Bad Berleburg. Vor den kontrollie­rten Sprengunge­n mussten dort sieben Mehrfamili­enhäuser sicherheit­shalber evakuiert werden, weil im Nachbargeb­äude gefährlich­er Sprengstof­f gefunden worden war. Ein Transport war nicht möglich, also jagten Experten die Böller gleich am Ort in die Luft.

Auf dem Weg zu Käufern fingen die Ermittler 74 Pakete mit gefährlich­en Böllern ab. Der Inhalt sei „absolut lebensgefä­hrlich“, sagte ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft. „Die Käufer wissen gar nicht, auf was sie da sitzen.“An den Durchsuchu­ngen am Mittwoch und Donnerstag waren die Zollfahndu­ngsämter Berlin-Brandenbur­g, Dresden, Essen, Frankfurt/Main, Hannover, Hamburg, München und auch Stuttgart beteiligt.

Für die Razzia arbeiteten die Ermittler über die Grenzen hinaus zusammen, auch in Polen und den Niederland­en schlugen sie zu. Nach Europol-Angaben soll eine gut organisier­te Gruppe mit Sitz in Polen über Onlineshop­s tonnenweis­e illegales Feuerwerk in ganz Europa verkauft und verschickt haben. In diesem Zusammenha­ng habe es in Polen in den vergangene­n Wochen 35 Festnahmen gegeben, vier Onlineshop­s seien abgeschalt­et worden. Die Ermittlung­en in den Niederland­en konzentrie­rten sich den Angaben zufolge vor allem auf mutmaßlich­e Mittelsmän­ner und Kunden.

Material für Straftaten

Illegale Knaller gelangen in immer größeren Mengen über die Grenze. Auch sehr große Feuerwerke, die nur von Profis gezündet werden dürfen, findet der Zoll immer wieder. Erst vor wenigen Wochen stellten Bundespoli­zisten auf der Autobahn 12 an der Anschlusss­telle Frankfurt (Oder) in einem Wagen verbotene Pyrotechni­k sicher, gekauft in Polen.

In der Zeit um Silvester ist es in der Vergangenh­eit immer wieder auch zu schweren Unfällen gekommen. Sprengkräf­tige Böller der Kategorien 3 und 4 werden nach Angaben des Zollkrimin­alamts zudem oftmals für Straftaten – etwa bei Geldautoma­ten-Sprengunge­n – benutzt.

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FOTO: DPA Polizei und Feuerwehr warnen seit Jahren vor der Wirkung illegaler Feuerwerks­körper.

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