Tod in der Menschenmasse
Sechs Tote: Reizgas soll Auslöser für Panik in Disco bei Ancona gewesen sein
CORINALDO (dpa) - Bei einer Massenpanik in einer Diskothek in Italien sind fünf Jugendliche und eine Mutter ums Leben gekommen. Das Unglück ereignete sich in der Nacht von Freitag auf Samstag im Club „Lanterna Azzurra“in der Gemeinde Corinaldo bei Ancona. Dort sollte der Mailänder Rapper Sfera Ebbasta auftreten. Doch dazu kam es gar nicht erst. Noch vor dem Beginn soll Reizgas versprüht worden sein. Die Besucher gerieten in Panik. Die Ermittler prüfen, ob auch mögliches Fehlverhalten der Disco-Betreiber zur Katastrophe führte.
„Es war eine Szene zum Erschaudern. Ich hatte Leute über und unter mir“, sagte eine 19-jährige Besucherin, die sich am Bein verletzte. „Ein Mädchen, das noch unter mir lag, schrie ,Ich sterbe, mir geht es schlecht.’“Dutzende Menschen zogen sich in dem Gedränge teils schwere Quetschungen oder Knochenbrüche zu. Sieben Verletzte seien noch immer in kritischem Zustand, sagte ein leitender Arzt in Ancona. Drei Mädchen und zwei Jungen verloren ihr Leben. Sie waren 14, 15 und 16 Jahre alt.
Medienberichten zufolge soll ein Jugendlicher identifiziert worden sein, der das Reizgas versprüht haben könnte. Unterdessen machten unterschiedliche Zahlen der verkauften Tickets die Runde. Nach Gesprächen mit den Ermittlern hatte Regierungschef Giuseppe Conte am Samstag gesagt, es seien rund 1400 Tickets für das Konzert verkauft und nur einer von drei Räumen in der „Lanterna Azzurra“genutzt worden. Dieser habe allerdings nur Platz für weniger als 500 Menschen gehabt. Ein führender Carabiniere stellte am Sonntag laut Nachrichtenagentur Ansa klar, es seien 680 Tickets verkauft und rund 500 am Eingang entwertet worden.
Die Tragödie löste Fassungslosigkeit aus. „Mit 15 Jahren darf man so nicht sterben“, erklärte Innenminister Matteo Salvini. Es sei seine Pflicht, „die Verantwortlichen für die sechs entrissenen Leben zu finden, diejenigen, die aus Boshaftigkeit, Dummheit oder Habgier einen Party-Abend in eine Tragödie verwandelt haben“. Auch der Papst zeigte sich bestürzt.
Auf einem von italienischen Medien veröffentlichten Video soll der Moment zu sehen sein, in dem die Menschenmasse in Richtung eines Ausgangs drängt. Der Weg ist wie ein Flaschenhals, in dem es kein Vor und Zurück zu geben scheint. Dann gibt die Balustrade auf der einen Seite plötzlich nach. Dutzende Menschen stürzen. Augenzeugen sagten Reportern, ein Notausgang sei versperrt gewesen.
Es sei schwierig, Worte für den Schmerz zu finden, schrieb der Rapstar auf Instagram und sagte kommende Veranstaltungen ab. In Italien erinnerten die Ereignisse an die Massenpanik im Juni 2017, die beim Public Viewing des Champions-League Finale ausbrach. Damals wurde Reizgas gesprüht, 1500 Menschen wurden verletzt. Verantwortlich dafür soll eine Diebesbande gewesen sein, die Fans ausrauben wollte.