Viele Hausaufgaben für den VfB über die Feiertage
Den Häfler Volleyballern fehlt im Angriff die Durchschlagskraft – Drittes Spiel ist ein Endspiel
FRIEDRICHSHAFEN - Die französische Presse und die Kommentare auf den sozialen Netzwerken sind überschwänglich. Alle lobten die Leistung von Chaumont am zweiten Spieltag der Champions League. Mit 3:0 (25:15, 25:23, 25:18) fegte die Mannschaft von Trainer Silvano Prandi am Dienstagabend den VfB Friedrichshafen aus der Halle in Reims. Alles klappte: Annahme, Block, Feldabwehr und vor allem der Angriff. Die Spieler des deutschen Vizemeisters schienen teils überfordert.
Die Franzosen lieben, wie die Italiener, die blumige oder martialische Sprache. In der Sportzeitung „L’ équipe“war zu lesen, dass Friedrichshafen in seine Einzelteile zerlegt wurde, weil die Mannschaft Schritt für Schritt vom französischen Vizemeister entmutigt wurde. In der Tat sahen die Volleyballer vom Bodensee in Reims ziemlich alt aus. Es klappte sehr wenig – und wenn die Mannschaft einen Vorteil hatte, wie in Satz zwei (11:7), dann war er bald wieder Geschichte.
Was haben die Franzosen so gut gemacht? „Alles war gut. Block, Abwehr, Aufschlag und Angriff. Wir haben über alle drei Sätze das hohe Niveau halten können, kaum Fehler gemacht. Wir haben bewiesen, dass wir ein starkes Team sind“, so Zuspieler Michael Saeta. Dem Amerikaner gelangen acht Punkte, zwei im Aufschlag und sechs aus dem Spiel heraus – eine unglaubliche Quote für einen Ballverteiler. VfB-Diagonalangreifer Bartlomiej Boladz, der nicht durchspielte, bekam 14 Bälle und machte gerade einmal drei Punkte.
Wenn also selbst der Zuspieler zu einem starken Angreifer mutierte, dann hatte der VfB alle Hände voll zu tun, um die Sätze nicht noch deutlicher zu verlieren. Sicherlich waren Block, Abwehr und Aufschlag bei den Franzosen deutlich besser. Aber der größte Unterschied lag im Angriff. Der ehemalige Häfler Martin Atanasov schaffte zehn Punkte, Matej Patak 14, Taylor Averill immerhin noch elf. Und der zweite Diagonalangreifer der Franzosen, Julien Winkelmuller, punktete nur in Satz drei neun Mal. Chaumont brauchte nicht die Hilfe ihres etatmäßigen Punktesammlers Wissum Ben Tara. Der Tunesier war sehr schwach und wurde im dritten Satz ausgewechselt. Kein Problem. Es punkteten die anderen, selbst der Zuspieler. „Sicherlich waren drei Spiele in sechs Tagen samt Reisestrapazen nicht gut für uns. Aber das soll nicht alles entschuldigen. Wir konnten in keiner Phase des Spiels den Angriffswirbel stoppen. Chaumont hat uns eine Lektion erteilt“, so VfB-Trainer Vital Heynen.
Problem ist der Angriff
Der VfB Friedrichshafen hat ein großes Problem im Angriff. Viele Bälle werden nicht verwertet, womit der Gegner selbst Chancen erhält zu punkten. Am Netz sind die Spieler nicht variabel genug und treffen oft die falschen Entscheidungen. Die Franzosen spielten dagegen mit dem Häfler Block und schlugen auch hart auf die Fingerkuppen. Die VfB-Angreifer bevorzugten Lobs, die von den Franzosen meistens durchschaut wurden. Und wenn einer mal das Risiko nahm, dann war der Block der Gäste Endstation. David Sossenheimer war mit zehn Punkten wieder bester Scorer. Er und Athanasios Protopsaltis erhielten zusammen 40 Bälle. Es kamen 17 Punkte heraus – zu wenig, um den Tabellenvierten der französischen Liga zu ärgern. Dass die Außenangreifer die Hauptlast der Angriffe tragen, spricht auch für sich. Normalerweise bekommt der Diagonalangreifer die meisten Bälle.
Trotz des 0:3 ist nicht viel passiert, außer einer deftigen Niederlage. Da der Gruppenfavorit im Pool C seine Spiele im Tiebreak gewinnt, hat Zenit St. Petersburg genauso wie Chaumont vier Punkte. Es folgen der VfB (3) und Ljubiana (1). Das heißt, dass der VfB am dritten Spieltag der Gruppenphase gegen St. Petersburg am 16. Januar (20 Uhr, ZF-Arena) vor einem Endspiel steht. Gewinnen die Häfler mit 3:0 oder 3:1, dürfen sie weiter von der Play-off-Teilnahme träumen. Allerdings muss die Mannschaft über die Feiertage ihre Hausaufgaben machen. Der VfB muss sich vor allem in der Effektivität der Angriffe verbessern. Noch vor einem Jahr lief alles wie am Schnürchen. Sossenheimer, Protopsaltis, Philipp Collin oder Daniel Malescha haben das Volleyballspielen nicht verlernt. Es fehlen derzeit allerdings die Konstanz und die Durchschlagskraft.
Die nächsten Spiele des VfB Friedrichshafen: Samstag, 29. Dezember, 19 Uhr: Netzhoppers VfB Friedrichshafen; Samstag, 12. Januar, 19.30 Uhr: VfB - Lüneburg (beide Bundesliga); Champions League: Mittwoch, 20 Uhr: VfB Zenit St. Petersburg