Ausnahmsweise auf Obama-Linie
Donald Trump scheint das Weltgeschehen ausschließlich durch die Brille von Kosten-Nutzen-Rechnungen zu betrachten. Was zahlt der Kunde? Welches Geschäft lässt sich anbahnen? Was bringt es mir? Im Falle Syriens ist die Antwort für ihn ziemlich eindeutig: nichts als Verluste.
Im Nordosten des Bürgerkriegslandes, wo sich US-Militär mit kurdischen Milizen verbündete, um das Kalifat des sogenannten Islamischen Staates auszuhebeln, gibt es keinen Kunden, mit dem sich ein lukrativer Deal schließen ließe. Der Pakt mit den Kurden verprellt vielmehr die Türkei, die sich verärgert von amerikanischen Rüstungslieferungen abund russischen zuzuwenden droht.
Die syrischen Kurden fühlen sich schnöde im Stich gelassen, nachdem sie im Kampf gegen den IS die Kohlen aus dem Feuer holen durften. In Ankara wiederum dürfte man grünes Licht aufblinken sehen, das grüne Licht Washingtons für eine türkische Intervention im Nachbarland. Das alles wird Trump kaum um den Schlaf bringen. Der Ex-Geschäftsmann denkt nur von Transaktion zu Transaktion.
Klar, wer militärisch nicht mehr präsent ist, hat auch politisch kaum noch etwas zu sagen. Wird über eine Friedenslösung für Syrien verhandelt, sitzen die Amerikaner nur am Katzentisch. Das Feld werden sie anderen überlassen haben: Russland, Iran, der Türkei, vielleicht noch Israel und Saudi-Arabien.
Damit hat sich Trump längst abgefunden. In seiner Rechnung gehört Syrien nun mal nicht zur amerikanischen Einflusssphäre. Übrigens ist dies einer der wenigen Punkte, in dem Trump auf einer Linie mit seinem Amtsvorgänger Barack Obama liegt. Nach den ernüchternden Erfahrungen des Irakkrieges wollte Obama alles vermeiden, was die Supermacht ein zweites Mal in einen nahöstlichen Konfliktstrudel ziehen würde. Sein spätes Engagement war mit 2000 Soldaten in Syrien ohnehin eher symbolisch. Nur stand dieses Symbol eben auch für den Willen, den IS in die Knie zu zwingen. Dass Trump darauf nun verzichtet, ist völlig unnötig – und riskant ist es auch.
politik@schwaebische.de