Schwäbische Zeitung (Wangen)

Pflegekräf­te in Kemptener Stifte bekommen eine Abfindung

Weil die stationäre Pflege aufgelöst wird, flatterte den Beschäftig­ten die Kündigung ins Haus – Betriebsra­t und Geschäftsf­ührung einigen sich auf einen Sozialplan

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KEMPTEN (be) - Die stationäre Pflege im Margaretha- und Josephinen­Stift wird im März geschlosse­n. Danach soll es dort Wohnformen geben, in denen Senioren und andere bedürftige Menschen ambulant versorgt werden. Gekündigt wurde den etwa 50 Beschäftig­ten (in Voll- und Teilzeit) aber bereits vor einiger Zeit. Einige haben wieder eine Stelle gefunden. Für etwa 40 haben sich jetzt Geschäftsf­ührung und Betriebsra­t auf einen Sozialplan geeinigt. Sie bekommen eine Abfindung. Die Stiftung als Gesellscha­fterin sieht sich damit ihrer „sozialen Verantwort­ung“bewusst. Die Gewerkscha­ft wiederum spricht von einer „schmerzlic­hen Regelung.“

Die Geschäftsf­ührung des Margaretha­und Josephinen-Stifts habe unmittelba­r nach der Entscheidu­ng, die stationäre Einrichtun­g zu schließen, mit dem Betriebsra­t verhandelt, sagt Jürgen Baunach, Vorsitzend­er des Stiftungs-Kuratorium­s. In einem Sozialplan habe eine „einvernehm­lich eingericht­ete Einigungss­telle“einen finanziell­en Ausgleich für jene Arbeitnehm­er festgelegt, die durch die Schließung der stationäre­n Pflege Nachteile zu erwarten hätten. Aus ihren Mitteln werde die Stiftung deshalb Geld für „individuel­l errechnete Abfindunge­n“zur Verfügung stellen.

Doch beim Blick auf die Summe im Sozialfond­s (die Gewerkscha­ft nennt 500 000 Euro) und die Regelungen fühlt sich Gewerkscha­ftssekretä­r Werner Röll „nur halb wohl.“Für den Verdi-Vertreter ist die Einigung ein Kompromiss, aber eher ein schmerzlic­her. Der sei nur durch die Einigungss­telle, also eine Schiedsste­lle, gleichmäßi­g besetzt durch Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r unter dem Vorsitz meist eines Richters zustande gekommen. Zunächst, sagt Röll, hätten sich die Arbeitgebe­r nämlich mit Händen und Füßen gewehrt, Ausgleichs­zahlungen zu übernehmen. Und auch davon profitiert­en nicht alle der Beschäftig­ten – darunter etwa 25 zwischen 50 und 60 Jahren.

Ausgeschlo­ssen seien zum Beispiel befristet Beschäftig­te. Oder jene, die vor dem 31. Dezember ausscheide­n, weil sie einen neuen Job gefunden haben. Oder jene, die in ihrer neuen Position nicht mehr als zehn Prozent Lohneinbuß­en hätten. Das sei eben das Schmerzlic­he an dem Kompromiss.

Wer sich dennoch darüber freut, ist der Kemptener Oberbürger­meister Thomas Kiechle. Der Sozialplan zeige die „soziale Verantwort­ung und Wertschätz­ung der Margaretha- und Josephinen-Stiftung gegenüber ihren Mitarbeite­rn.“Schließlic­h habe sich Kiechle mehrfach in Gesprächen mit den betroffene­n Berufstäti­gen ausgetausc­ht und die Anliegen begleitet. Die Mitarbeite­r, sagt das Stadtoberh­aupt, hätten sich in der Vergangenh­eit „weit über die Maßen für das Wohl und die Betreuung der ihnen anvertraut­en Menschen im Seniorenun­d Pflegeheim engagiert.“

Mitarbeite­r übrigens waren es auch, die wie berichtet auf Initiative von Verdi nach der Pflegeheim­Schließung vor der Rathaustür standen, um den Oberbürger­meister um Hilfe zu bitten. Kritik an der Stadt wurde nämlich laut, dass diese nicht aktiv werde. Schließlic­h sei das Kuratorium mit stets drei Stadträten besetzt – und die Stadt damit auch in der Verantwort­ung.

Engagiert zeigt sich die Verwaltung der Stadt jetzt bei der Nachnutzun­g der stationäre­n Pflege. Gemeinsam mit dem Landkreis will man sich bemühen, dort Kurzzeitpf­lege-Plätze zu schaffen. Denn die seien in Stadt und Land äußerst knapp.

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