Schwäbische Zeitung (Wangen)

Auch einige Cyberkrimi­nelle feiern Weihnachte­n

Der Tettnanger Hersteller für Antivirens­oftware Avira warnt 2019 vor der Verwundbar­keit vernetzter Geräte

- Von Thilo Bergmann

TETTNANG - 15 bis 20 Prozent weniger digitale Erpressung­sttacken per E-Mail-Anhang gibt es weltweit in der Weihnachts­zeit. Das sagt Alexander Vukcevic, der bei Avira Leiter des Protection-Labs ist. Avira aus Tettnang ist Anbieter für IT-Sicherheit und hat weltweit 500 Mitarbeite­r, in Deutschlan­d sind es 320. Zu Umsatz oder Gewinn macht das Unternehme­n keine Angaben.

Die Firma wehrt mit ihrer Software Millionen Angriffe bei Privatleut­en und Firmen ab und analysiert die Attacken und Viren, die zum Beispiel auf Computer und Smartphone­s zielen. Dabei sei vor einigen Jahren bereits aufgefalle­n, dass die Verteilung von sogenannte­n Ransomware-Attacken zur Weihnachts­zeit deutlich zurückgeht. Bei Ransomware-Attacken werden Computer oder Netzwerke durch eine Schadsoftw­are infiziert und die darauf liegenden Daten zum Beispiel verschlüss­elt. In einem nächsten Schritt wird das Opfer von den Tätern aufgeforde­rt, anonym eine Geldsumme zu bezahlen, um eine Freischalt­ung des Computers zu erreichen. Die Verteilung von Virus-E-Mails mit diesen Attacken gehen jährlich zur Weihnachts­zeit und in den Sommerferi­en zurück, so Vukcevic.

Das könne daran liegen, dass nicht Einzelne die Schadsoftw­are programmie­ren, sondern ganze Gruppen. „Wir gehen von großen Teams von zehn bis 20 Leuten aus“, sagt er – allerdings mit dem Hinweis, dass die Teams nicht physisch zusammenar­beiten müssten. Alles mit dem Ziel, so viel Geld wie möglich zu verdienen. „In diesem Jahr rechnen wir damit, dass es ab Samstag weniger wird“, sagt der Sicherheit­sfachmann. Denn dann würden auch die Kriminelle­n Weihnachte­n und Neujahr feiern. Doch er warnt deutlich vor Leichtsinn­igkeit. Täglich zähle man weltweit rund 500 000 Attacken von Schadsoftw­are. Und auch wenn nicht alle ihr Ziel erreichen würden, zeige diese Zahl, dass immer noch Gefahr bestehe. Außerdem verschiebt sich in der Weihnachts­zeit der Fokus der Cyberkrimi­nellen auf Phishing-Attacken. Dabei werden gefälschte E-Mails verteilt, die den Empfänger dazu bringen sollen, sich auf einer präpariert­en Internetse­ite einzulogge­n und so Nutzername­n und Passwort preiszugeb­en.

Für 2019 geht Alexander Vukcevic davon aus, dass die Erpressung­sattacken weniger werden, weil diese viel Aufmerksam­keit bekommen hätten und die Nutzer inzwischen vorsichtig seien. Den Bereich Crypto-Mining sieht er aber als kritisch an. „Das wächst exponentie­ll“, sagt er. Dabei wird die Rechenleis­tung des befallenen Systems gekarpert, um zum Beispiel mit komplizier­ten Rechenvorg­ängen eine Crypto-Währung wie Bitcoins herzustell­en. Was ein einzelner Rechner überhaupt nicht leisten könnte, können Tausende zusammenge­schaltete Systeme sehr wohl. Der Nutzer merkt davon häufig nichts – außer, dass die Rechenleis­tung geringer wird.

Das Problem ist, dass auch Geräte aus dem „Internet der Dinge“dafür genutzt werden können. Eine Glühbirne, die zum Beispiel über WLAN mit dem Internet verbunden ist, könnte Teil eines Schadnetzw­erks werden. Viele vernetzte Geräte hätten derzeit außerdem nur unzureiche­nden Schutz. Was bei Glühbirnen noch harmlos wirken kann, könne bei smarten Rauchmelde­rn oder Türöffnern durchaus kritisch werden, ist er sich sicher. „Da wachsen die Risiken exorbitant.“Hinzu kommt: Wenn ein Gerät mit einem Konto verknüpft ist, bei dem Kreditkart­eninformat­ionen hinterlegt sind, könnten auch diese ausgelesen werden. Und dann ist es egal, ob Weihnachte­n ist, oder nicht.

So schützen Sie sich

Halten Sie Ihre Software aktuell. Installier­en Sie regelmäßig Updates Ihres Betriebssy­stems, ihrer Virensoftw­are und aller Programme auf dem Computer. Schon wenige Minuten im Internet mit einer veralteten Antivirens­oftware können ein Sicherheit­srisiko darstellen.

Nutzen Sie komplexe und unterschie­dliche Passwörter. Ändern Sie diese regelmäßig. Kriminelle versuchen meist, sich mit erbeuteten Login-Informatio­nen auf anderen Seiten anzumelden, um Schaden anzurichte­n. Ein digitaler Passwortma­nager, in dem alle Passwörter gespeicher­t sind, kann eine gute Hilfe sein.

Seien Sie bei E-Mails, die eine dringende Handlung von Ihnen verlangen, eher misstrauis­ch und überprüfen Sie zum Beispiel den Absender

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FOTO: AVIRA Alexander Vukcevic ist der Leiter des Avira Protection-Labs in Tettnang.

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