Erst die Arbeit, dann das Vergnügen
Der Tourismus im Württembergischen Allgäu boomt – Vier Projekte „erzählen“von Debatten und Problemen im Vorfeld
WANGEN/REGION - Nicht nur das Allgäu an sich boomt in Sachen Tourismus. Selbiges gilt auch für dessen württembergischen Teil. Dies ist 2018 mehrfach deutlich geworden – und zwar an geplanten, (fast) fertiggestellten, aber auch an (zumindest vorerst) gescheiterten Projekten. Allesamt haben sie zudem eines gemein: Vor dem Vergnügen steht jede Menge Arbeit. Ein Überblick.
Durchaus stolz ist man bislang in Wangen auf seine Übernachtungsmöglichkeiten für Wohnmobil-Touristen gewesen: Der Stellplatz im Vorderen Ebnet liegt aus Urlaubersicht ruhig, aber dennoch zentral in Altstadtnähe, und auch an Kapazitäten und Ausstattung gab es lange nichts zu mäkeln.
Aber es gibt auch die andere Seite, jene der Anwohner dort: Viele von ihnen haben schon länger Probleme mit dem Stellplatz. Sie beklagen im Kern Lärm durch die An- und Abfahrten und manchmal auch das Benehmen des einen oder anderen Touristen.
Generelle Kritik hier und da
Diesen Aspekt und jenen der in die Jahre kommenden Ausstattung hat die Stadtverwaltung zum Anlass genommen, sich über einen neuen Standort Gedanken zu machen – und dabei auch die Gestaltung des Gesamtgeländes Richtung Gehrenberg im Blick gehabt. Herausgekommen ist bei den Ende 2018 im Gemeinderat angestandenen Beratungen der grundsätzliche Beschluss zu einer Verlagerung des Wohnmobil-Areals auf den „Rote Erde“genannten heutigen Park- und früheren Hartplatz. Dabei wissen die politischen Entscheider sehr wohl, dass die „Rote Erde“nicht der alles selig machende Standort für das Projekt ist, zumal es in der Ratsdiskussion auch generelle Kritik an dem Vorhaben gab. Ulrich Mauch geht Ende September nach 16 Jahren als Wangens Bürgermeister in den Ruhestand. Einen Nachfolger gibt es aber nicht. Die Verwaltung erhält 2019 eine neue Struktur. Die Sanierung der Rathausfassade wollte kein Ende nehmen. Mancher hatte sich schon an die Planen gewöhnt. Im Herbst ist es aber soweit: Der letzte, fehlende Engel „schwebt“ein.
„Generelle Kritik“ist auch das Stichwort für ein zweites Vorhaben in Sachen Wohnmobile – und zwar ein privates. Denn der Widerstand dagegen war so stark, dass es fürs Erste zurückgezogen wurde und damit (vorerst) gescheitert ist. Die Rede ist von einer Ferienanlage im Niederwangener Weiler Humbrechts. Die dort ansässige Gastronomenfamilie Leonhardt hatte im Herbst mit ihren Plänen überrascht, dort nicht nur großflächig Raum für übernachtende Wohnmobilisten zu schaffen, sondern Bewirtschaftungsgebäude, acht Bungalows und einen Wellnessbereich gleich mit dazu.
Schon das „Nein“des Ortschaftsrats im Oktober war derart eindeutig, dass bereits zu diesem Zeitpunkt eigentlich Die Freibadsaison ist zu Ende, ab jetzt haben Handwerker an der Stefanshöhe Konjunktur. Denn: Die Sanierung der Anlage ist seit langem dringend nötig, und mit ihr beginnt ein weiteres städtisches Großprojekt in den kommenden Jahren. 2020 soll alles fertig sein. Aber auch im kommenden Sommer kommen Badefreunde auf ihre Kosten. Denn die Arbeiten laufen vor allem in der dunklen Jahreszeit. „Das süße Herz von Wangen.“So nennt sich das Schokoladenhaus Wild in der Altstadt – da mag keiner widersprechen. Im November wird aber bekannt: Anfang 2019 hört dieses Herz nach mehr als 130 Jahren auf zu schlagen. „Geschäftliche Gründe“führt Inhaberin Simone Wild an. Die Schließung ist allerdings auch 2018 nur eine von vielen Veränderungen in der Altstadt – positiver wie negativer Art. klar war, dass die Pläne zumindest in dieser Form nicht Realität werden. Später zogen die Leonhardts die vorliegenden und mit Einschätzungen zahlreicher Fachbehörden versehenen Antragspapiere zurück – auch weil mittlerweile jede Menge Emotionen mit im Spiel waren.
Ungeachtet wie man zu dem einen („Rote Erde“) oder dem anderen (Humbrechts) Tourismusvorhaben steht, zeigen beide Beispiele grundlegend doch: Der Bedarf an wachsender Infrastruktur im Württembergischen Allgäu ist ganz offensichtlich gegeben. Die Manager von Center Parcs wissen das schon lange. Schon vor rund einer Dekade waren ihre Pläne für den Bau eines riesigen Parks im Urlauer Tann bekannt geworden. Fußballfans hatten im Sommer in der Alten Sporthalle wenig Grund zur Freude. Dort gab es nur das frühe Ausscheiden der Deutschen Fußballnationalmannschaft zu bedauern. Dafür sind Pläne für die Zukunft hochtrabend, was das Gebäude selbst angeht. Denn die Stadt will das ehrwürdige Gemäuer durch eine neue Halle ersetzen. Entschieden ist noch nichts: Kreis und Bund müssen dabei finanziell mitspielen. Ein Tötungsdelikt erschüttert im August Wangen: Eine 51-jährige Frau ersticht ihren 58-jährigen Lebensgefährten mit 73 Messerstichen im Schlaf, wie das Landgericht Ravensburg bei der Verhandlung gegen die Frau im Dezember feststellt. Die Schwurgerichtskammer stellt da auch fest: Die Frau ist „wahnbedingt nicht schuldfähig“und ordnet eine Unterbringung in einer Psychiatrie an. Vor zwei Jahren begannen dann die Arbeiten in dem früheren Munitionslager nahe Leutkirch, und im Oktober war dann Eröffnung.
Doch auch dort zeigte sich, dass viel Arbeit vor dem Vergnügen steht: Denn der Center Parcs wurde nicht rechtzeitig fertig. Der Park schloss kurzfristig für einige Wochen, ehe der zweite Eröffnungsanlauf Bestand hatte – wenngleich die letzten Häuser erst im kommenden Jahr bezugsfertig sein werden. Wie sehr sich die Ankunft dort pro Jahr erwarteter abertausender Urlauber in der Region auswirken wird, ist noch offen. Offen ist auch, was mit einem Vorhaben passiert, das bei Wangen geplant wird und ebenfalls im weiteren Sinn mit Tourismus zu tun hat: die Errichtung einer Mountainbike-Strecke zwischen Epplings und Gießen.
Teil eines großen Projekts
Von den Spezialradsportlern sehnlichst gewünscht, erhielt der Trail im Herbst grundsätzlich den Segen des Gemeinderats – zumindest was das Angehen der (naturschutz-)rechtlichen Prüfungen des Standorts angeht. Ergo laufen jetzt Planungen, ehe es wieder in die Gremien gehen dürfte. Aus Sicht der Befürworter handelt es sich bei dem teils steilen Hang nahe des dortigen Buchwalds um eines der wenigen Areale, den (ohnehin in Wald und Flur aktiven) Mountainbikern in der näheren Umgebung eine legale Möglichkeit zur Ausübung ihrer Sportart zu geben. Kommt es dazu, steht die Aussicht nicht schlecht, dass die herausfordernde Strecke gut genutzt wird.
Das dürfte sich nicht nur bei hiesigen MTB-Sportlern schnell herumsprechen, sondern auch bei Auswärtigen – schließlich könnte die Anlage Teil eines größeren und länderübergreifenden Wegenetzes für Anhänger dieser Boom-Sportart werden. Allerdings gilt auch hier: Erst die (planerische) Arbeit, dann das Vergnügen. Hitze und Trockenheit ohne Ende: 2018 regnet es kaum, und viele sind wegen der Folgen des Klimawandels besorgt. Erst im Dezember gibt es endlich wieder lange Niederschläge. Eigentlich sollte die Deponie Obermooweiler Ende 2018 Geschichte sein, jetzt will der Kreis sie wieder eröffnen. Der Grund: Der Kreis braucht Kapazitäten für die eigene Entsorgung.