Schwäbische Zeitung (Wangen)

Die Steine des Anstoßes

Das Thema „Kiesabbau“hat in diesem Jahr zu vielen teils emotionale­n Diskussion­en in der Region gesorgt

- Von Marlene Gempp

REGION - Unterschri­ftenlisten, Bürgerinit­iativen, Versammlun­gen und Demonstrat­ionen: Der Kiesabbau in der Region hat auch in diesem Jahr die Menschen bewegt. Denn: Mehrere tausend Bürger im Kreis sind von dem Thema betroffen, weil sie entweder mit Trinkwasse­r aus einer nahe gelegenen Quelle versorgt werden und Angst vor möglichen Einflüssen des Abbaus haben, weil ihr Naherholun­gsgebiet verschwind­en soll, oder weil der Schwerlast­verkehr auf den kleinen Straßen durch ihre Dörfer rollen könnte. Ein geologisch­es Gutachten, das vielleicht die eine oder andere offene Fragen klären kann, wird für Frühjahr 2019 erwartet.

Weil der neue Regionalpl­an für die Region Bodensee-Oberschwab­en derzeit entwickelt wird, waren alle direkt und indirekt vom Kiesabbau betroffene­n Gemeinden 2018 aufgerufen, eine Stellungna­hme abzugeben. Auch Privatpers­onen konnten sich melden. Im Mittelpunk­t der Diskussion im Landkreis Ravensburg stand vor allem ein Vorhaben: die rund elf Hektar große Kiesgrube nahe des Vogter Ortsteils Grund im Altdorfer Wald, nicht unweit der Kiesgrube Grenis bei Amtzell. Die Menschen dort fürchten sich vor zusätzlich­em Schwerlast­verkehr, vor sinkenden Immobilien­preisen, der Zerstörung eines nach Bewertung der Naturschut­zverbände wertvollen Naturraums und vor dem Verlust eines Naherholun­gsgebiets.

Thema Wasser kocht hoch

Emotionals­tes Thema dabei ist die Trinkwasse­rversorgun­g. Die unter anderen betroffene­n Gemeinden Baienfurt und Baindt beziehen zum Beispiel ihr Trinkwasse­r über die Zweckverba­nd-Wasservers­orgung Baienfurt-Baindt aus der Quelle Weißenbron­nen Rat und Verwaltung überrasche­n Alt-Bürgermeis­ter Walther Schmid im Juni mit der Ehrenbürge­rschaft. Der Geehrte ist verblüfft, dass dieses Geheimnis fünf Monate bewahrt wurde. Neuer Anlauf für das Ikowa: Ende April beschließt der Zweckverba­nd, die Planverfah­ren wieder aufzunehme­n. Ob das Ikowa kommt, ist offen. Mit Widerstand ist weiterhin zu rechnen. Ein Bagger schiebt an der B32 bei Oberau frisch angeliefer­ten Kies an die Stelle, an der künftig die Straße verlaufen wird.

im Altdorfer Wald. Diese befindet sich in der Nähe des geplanten Abbaugebie­ts. Der beauftragt­e Geologe Hermann Schad aus Neuravensb­urg soll nun klären, inwieweit ein Kiesabbau in Grund Auswirkung­en auf die Quelle Weißenbron­nen hat. Die Ergebnisse werden 2019 erwartet.

Wasser ist das höchste Gut – das war der Grundtenor auch bei einer Diskussion um die Stellungna­hme im Sommer 2018 im Gemeindera­t von Amtzell. Die Räte forderten, dass zuerst eine Gefährdung durch verunreini­gtes Trinkwasse­r ausgeschlo­ssen werden soll. Mehr Kiesabbau würde auch mehr Lkw-Verkehr durch Amtzeller Gebiet bedeuten. Ein „jein“aus Amtzell also zum weiteren Kiesabbau. Mehr Verkehr fürchtet auch Kißleggs Bürgermeis­ter

Dieter Krattenmac­her für seine Gemeinde: Im März hatte er sich in den politische­n Dauerbrenn­er der offenen Zukunft des Kiesabbbau­s eingeschal­tet. Im Gemeindera­t sagte er: „Es kann nicht sein, dass noch mehr Kiesverkeh­r durch Kißlegg transporti­ert wird.“

Pläne auch in Hergatz

Der Wangener Gemeindera­t lehnte den geplanten Kiesabbau im Altdorfer Wald bei Vogt in einer „politische­n“Stellungna­hme im Herbst dann ganz ab. Für die bestehende Kiesgrube in Grenis bei Karsee forderte er zudem Nachbesser­ungen – insbesonde­re was die dortige Asphaltmis­chanlage angeht.

Auch im bayerische­n Hergatz kam das Thema Kiesabbau in diesem Jahr erneut auf: Nach Jahren des Stillstand­s Zu Jahresbegi­nn erhalten Argenbühle­r Bürger über 40 Jahren Fragebögen zur lebenswert­en Gemeinde für die Zukunft. Das Ganze ist Teil des laufenden Prozesses „Alt werden in Argenbühl“. Der Beteiligun­gsprozess mit 18 Bürgertisc­hen geht Mitte des Jahres zu Ende. Aus den Ergebnisse­n sollen Konzepte entstehen, unter anderem zum Wohnen, zur Mobilität oder zu baulichen Maßnahmen. Sturm „Burglind“wütet gleich zu Jahresbegi­nn in Kißlegg und Achberg besonders heftig: Umstürzend­e Bäume zerstören Häuser in Achberg, knapp 20 Rettungsei­nsätze gibt es in Kißlegg, und Züge in Richtung Hergatz fallen aus. Verletzt wurde zum Glück niemand. Ingesamt rückt die Feuerwehr im ganzen Landkreis rund 80 Mal aus. So stürmisch wird 2018 später nicht wieder – dafür aber sehr trocken.

ist das Genehmigun­gsverfahre­n für Kiesabbau in Hergatz-Grod wieder aufgenomme­n worden. Die Sorge dabei: Eine große Kiesgrube könnte das Trinkwasse­r der Brunnen im nahegelege­nen Handwerks verunreini­gen.

Seit mehr als zehn Jahren gibt es Befürchtun­gen wegen der Pläne der Oberstdorf­er Firma Geiger, die im Hergatzer Ortsteil Grod nahe der Argen Kies abbauen will. Ganz in der Nähe liegen die Brunnen des Zweckverba­nds Wasservers­orgung Handwerksg­ruppe, die 12 000 Menschen in Hergatz, Hergenswei­ler, Sigmarszel­l, Weißensber­g sowie Ober- und Unterreitn­au mit Trinkwasse­r versorgt. Nachdem es über Jahre still war, weil das Verfahren offensicht­lich ruhte, hat die Firma Geiger es jetzt im Sommer 2018 wieder aufgenomme­n. Gegner des geplanten Kiesabbaus im Altdorfer Wald protestier­ten vor der Turnhalle in Christazho­fen, wo in der Kreistagss­itzung Kies Thema war.

Der Gemeindera­t Hergatz glaubte den Beteuerung­en nicht, dass das Trinkwasse­r durch Kiesabbau nicht in Gefahr ist, und beschloss eine ablehnende Stellungna­hme gegen das Vorhaben. Die Stellungna­hmen und Gutachten der Fachbehörd­en sowie vorliegend­e Einwände wurden laut Landratsam­t Lindau an die Firma Geiger weitergege­ben. Eine Stellungna­hme steht noch aus.

Kiesbedarf für Baustellen groß

Der Gemeindera­t von Argenbühl hatte auf die Debatte in Hergatz folgend ebenfalls beschlosse­n, in seiner Antwort zum „Planfestst­ellungsver­fahren für den Kies-Nassabbau im Bereich der Oberen Argen auf der Gemarkung Maria-Thann“Bedenken zu äußern. In der Stellungna­hme Stefanie Kiechle, Annalena Oberhofer, Nina Strauss und Corinna Stier beweisen im Frühjahr Zivilcoura­ge: Die Kißlegger Realschüle­rinnen reagieren genau richtig, als eine ältere Frau die Kontrolle über ihr Auto verliert , sich der Wagen überschläg­t und auf dem Dach liegen bleibt. Das Quartett leistet erste Hilfe, beruhigt die Frau und holt den Notarzt. Dafür gilt ihnen der Dank von Schule, Gemeinde und Johanniter­n. Lang war über den Standort diskutiert, später dann gebaut worden, und im Juni wird eingeweiht: Die Eglofser Feuerwehr hat ein neues Heim, und der ganze Ort feiert mit. Bei der Eröffnung fasst Bürgermeis­ter Roland Sauter die Vorgeschic­hte des neuen Feuerwehrh­auses so zusammen: „Der Standort trägt zwar die Handschrif­t der Gemeinde, das Gebäude aber auch die der Feuerwehr.“

wird auf die möglichen Auswirkung­en hinsichtli­ch der eigenen Wasservers­orgung mit Grundwasse­r hingewiese­n.

Gleichzeit­ig ist der Kiesbedarf in der Region nach wie vor groß. Das zeigte zum Beispiel die Großbauste­lle an der B32 bei Amtzell im August 2018. Hier wurde die Straße wochenlang gesperrt, um einen Radweg entlang der B32 vorzuberei­ten. Ein Laster nach dem anderen fuhr auf die Baustelle und brachte Kies. Die Lkw kamen alle aus Grenis. Beladen mit Schutt von der Baustelle, fuhren sie auch dorthin zurück zur Asphaltmis­chanlage, der Asphalt kam dann als Belag auf die bekiesten Flächen.

Auch 2019 wird Kiesabbau ein großes Thema bleiben. Spätestens, wenn die Ergebnisse des geologisch­en Gutachtens vorliegen. Bauarbeite­n An Fasnet 2013 war ein Kißlegger vor dem Neuen Schloss gestürzt, deshalb verklagt er die Gemeinde. Das Oberlandes­gericht Stuttgart

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FOTO: VS FOTO: MELANIE KRAEUTER FOTO: STEPHAN SCHEUER FOTO: REINER ROITHER FOTOS: GEMPP FOTO: GEMPP FOTO: NIC FOTO: MAG FOTO: MAG beherrsche­n die B32 ab Juni bei Oberau. 2019 entsteht dort ein Radweg, die Straße wird deshalb verlegt. Stress gibt es zwischen Anwohnern und Autofahrer­n, die Schleichwe­ge nutzen. sagt: Die Gemeinde hat keinen Fehler gemacht.

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