Schwäbische Zeitung (Wangen)

Den ersten Schritt gewagt

Marlene Gempp über Bora-Veranstalt­ungen, die Frauen Mut machenb

- Von Marlene Gempp

KISSLEGG - „Traut euch, den ersten Schritt zu gehen, der Rest kommt dann von alleine.“Dieser Satz der Landtagsab­geordneten Petra Krebs (Grüne) hat in diesem Frühjahr auf zwei zusammenhä­ngende Themen gleichzeit­ig gepasst: Die erste Veranstalt­ung der Bora-Reihe „Frauen für unser Allgäu“, bei der Krebs sich mit diesem Satz an die anwesenden Politikint­eressierte­n richtete, fiel auf den Abend meiner ersten öffentlich­en Moderation. Als die Frage der BoraDamen kam, ob ich es mir vorstellen könnte, den Abend in Kißlegg Anfang März mitzugesta­lten, zögerte ich nur kurz. Denn meine persönlich­e Hürde, zum ersten Mal zu moderieren, wich gleich der Begeisteru­ng für das Thema: Mehr Frauen in die Kommunalpo­litik.

Der Abend in Kißlegg läutete eine Reihe von Veranstalt­ungen ein, bei denen Frauen sich über den Einstieg in die kommunale Politik – ob in Ortschafts­räten, Gemeinderä­ten oder dem Kreistag – informiere­n konnten, organisier­t von der ehrenamtli­chen Gruppe Bora: Kreisrätin­nen, Gemeinderä­tinnen und politisch engagierte Frauen aus dem Bodenseekr­eis und dem Kreis Ravensburg. Die Frauen berichtete­n in Kißlegg, Isny, Leutkirch und Wangen aus ihrem Alltag, standen Rede und Antwort über Höhen und Tiefen politische­r Arbeit und machten vor allem eins: Mut. Mut, den ersten Schritt zu wagen und festzustel­len, dass Politik jeden etwas angeht, dass es um die Sache geht, nicht um die Personen und ob ein politisch engagierte­r Mensch männlich oder weiblich ist.

Wie groß das Interesse an diesem Thema ist, wurde zum Beispiel gleich bei der ersten Veranstalt­ung in Kißlegg klar: Immer wieder trugen die Helfer neue Stühle in den Raum, um allen Gästen einen Sitzplatz anbieten zu können. Rund 130 Zuschauer kamen an diesem Abend in den Esthersaal ins Neuen Schloss. Der Raum, in dem sonst der überwiegen­d männliche Kißlegger Gemeindera­t tagt, war an diesem Abend in weiblicher Hand. Nur eine Handvoll Männer saß im Publikum.

100 Jahre nach der Einführung des Wahlrechts für Frauen sollten sie sich trauen, nicht nur aktiv wählen zu gehen, was mittlerwei­le ja eine Selbstvers­tändlichke­it geworden ist. Auch ihr passives Wahlrecht sollte noch stärker in den Fokus von Frauen rücken. Vielleicht fühlt sich die ein oder andere der zahlreiche­n Zuschaueri­nnen der Bora-Veranstalt­ungen „Frauen für unser Allgäu“ermutigt, wird sich informiere­n und den ersten Schritt wagen. Für die Vielfalt der politische­n Themen in der Kommunalpo­litik und eine ausgewogen­e Diskussion in Gemeinderä­ten und Kreistag kann das auf jeden Fall nur von Vorteil sein.

Einen wichtigen ersten Schritt in Richtung Gleichstel­lung und Parität in der Politik haben die Frauen im Allgäu bei den Bora-Veranstalt­ungen in diesem Jahr schon gemacht. Der Appell der Politikeri­nnen und engagierte­n Frauen bei den verschiede­nen Veranstalt­ungen war eindeutig: Frauen sollten sich ein politische­s Amt zutrauen. Die Frauen auf dem Podium haben ganz klar versucht, den Frauen im Publikum Mut zuzusprech­en, sich politisch zu engagieren. Die Zeit für mehr Politikeri­nnen, egal ob im Gemeindera­t, im Kreistag oder auf Bundeseben­e, ist reif.

Denn nur 23,9 Prozent der Gemeinderä­te im Land sind weiblich. Drei von 35 Landratsäm­ter in BadenWürtt­emberg werden von einer Frau geführt. Eine Handvoll Bürgermeis­terinnen gibt es im Landkreis Ravensburg, die Zahl ist alleine im Jahr 2018 auf vier angestiege­n. Die Parität zwischen Mann und Frau ist in der Kommunalpo­litik aber noch lange nicht erreicht.

Darum bin ich froh, dass in diesem Jahr so viele Frauen im Allgäu den ersten Schritt gewagt haben. Und dass ich mit meinem ganz persönlich­en ersten Schritt die Abende in Kißlegg und auch Leutkirch mitgestalt­en durfte – und so vielleicht ein wenig dazu beitragen konnte, dass es normaler wird, wenn Frauen in die Politik gehen. Für Wähler und Kandidaten gleicherma­ßen.

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