Berger Mordprozess wieder am Landgericht
Bundesgerichtshof hatte das Urteil teilweise wieder aufgehoben – Verhandlung am Dienstag
BERG - 15 Monate nach dem Urteil im Berger Mordprozess kehrt der Fall wieder zurück ans Ravensburger Landgericht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im vergangenen März, wie bereits berichtet, das Urteil gegen den damals 46-jährigen Berger teilweise wieder aufgehoben. Das oberste Gericht der Bundesrepublik Deutschland sah Fehler in der Urteilsbegründung, was die Besondere Schwere der Schuld anbelangt. Jetzt sind zwei neue Verhandlungstermine am Landgericht Ravensburg angesetzt: am Dienstag, 8., und am Dienstag, 15. Januar, jeweils um 9 Uhr.
Der verurteilte Mörder hat nach Überzeugung des Gerichts seine Frau getötet und ihren Selbstmord inszeniert. Deswegen wurde er im September 2017 zu einer lebenslangen Haft verurteilt, außerdem hat das Gericht unter Vorsitz des mittlerweile pensionierten Jürgen Hutterer die Besondere Schwere der Schuld festgestellt. Bei der sogenannten Besonderen Schwere der Schuld handelt es sich um einen juristischen Fachbegriff. Wird sie festgestellt, hat das Auswirkungen auf die Dauer der Haft.
Schlimmer als vergleichbare Taten
Sollte sie nach der Neubewertung an den zwei Verhandlungstagen wegfallen, kann der Verurteilte darauf hoffen, nach 15 Jahren zur Bewährung aus der Haft entlassen zu werden, was allerdings kein Automatismus ist. Dazu müssen noch weitere Voraussetzungen erfüllt sein. Eine besondere Schuldschwere ist aber nicht als solche im Gesetz festgelegt, das heißt, dass sich die Gerichte an der Rechtsprechung des BGH orientieren müssen. Vereinfacht gesagt, besteht dann eine Besondere Schuldschwere, wenn in der Gesamtbetrachtung ein deutlich höheres Maß an Schuld vorliegt als bei vergleichbaren Taten. Heißt: Bei Mord könnte ein höheres Maß der Schuld vorliegen, wenn der Täter besonders grausam, brutal, erbarmungslos vorgegangen ist oder der Täter beispielsweise abartige sexuelle oder gewalttätige Neigungen zeigt.
Das Ravensburger Landgericht hatte diese Besondere Schwere der Schuld bei dem Verurteilten gesehen. In der Urteilsbegründung drückte Richter Jürgen Hutterer das so aus: Der Mann sei „in der Art eines Killers“vorgegangen. Der Strafverteidiger des Mannes plädierte allerdings auf einen Freispruch. Deswegen legte er Revision ein, womit er – wie sich jetzt zeigt – Erfolg hatte. Allerdings nur teilweise, weil es lediglich um die Wertung geht. Die weitergehende Revision hat der BGH verworfen. Sie sei „unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat“. Das heißt: Die Verurteilung wegen Mordes bleibt bestehen.
Das Urteil fiel am 27. September 2017 nach 28 Verhandlungstagen, an denen sich der 46-Jährige meist ausschwieg, in einem von Zuschauer und Journalisten brechend vollen Sitzungssaal. Ständig stellte die Verteidigung Beweisanträge, sodass Oberstaatsanwalt Karl-Josef Diehl bei einer Verhandlung sogar schon von Prozessverschleppung sprach. Der Berger Mordprozess war einer der spektakulärsten Prozesse, die vor dem Ravensburger Landgericht geführt worden sind und hat auch überregional für Schlagzeilen gesorgt.
Nach Auffassung des Gerichts hat der damals 46-Jährige seine 43-jährige Ehefrau in einer Julinacht 2016 umgebracht. Mit den gemeinsamen Kindern fuhr der Vater in ein Spaßbad ins bayerische Erding. Als die Kinder schliefen, fuhr er zurück ins gemeinsame Haus im Berger Teilort Weiler. Später sollte eine aufwendige Auswertung von Autobahnkameras bestätigen, dass sein Fahrzeug auf der Fahrtstrecke unterwegs war. Auch eine Fahrt von Weiler nach Erding und zurück wurde nachgestellt. Im Haus hat er seine von ihm getrennt lebende Frau im Schlaf überrascht, bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt, sie mit Bettzeug in den Heizungskeller gezogen und das Nachthemd ausgezogen, sodass sie nur noch mit einem Slip bekleidet war. Dort schlang er ihr einen Kälberstrick um den Hals, den er an zwei Heizungsrohren befestigt hatte. Dann ließ er sie in den Strick fallen, damit es wie Selbstmord aussah. Danach machte sich der Mann wieder auf nach Erding zu den Kindern.
Fast komplett nackt aufgehängt
Die Besondere Schuldschwere sah das Landgericht in der Sache mit dem Nachthemd. Dadurch, dass er seine Ehefrau fast vollkommen nackt aufhängte, sei sie im Tod und darüber hinaus herabgewürdigt worden. Das reicht dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe als Begründung allerdings nicht, weil der Angeklagte sie ausgezogen habe, um die Wäsche in die Waschmaschine zu geben und dadurch Spuren zu vernichten. Im BGH-Beschluss zum Berger Mordprozess heißt es: „Damit nicht vereinbar ist aber die Wertung, es habe ein weiteres Herabwürdigen des Opfers durch das Ausziehen des Nachthemds stattgefunden.“
Außerdem habe das Ravensburger Gericht die paranoide Persönlichkeitsstörung des Angeklagten, die ein Gutachter festgestellt hatte, nicht ausreichend gewürdigt. Diese sei „ursächlich für die Schwierigkeiten in und das Scheitern der Ehe“, die in der weiteren Entwicklung zu der Tat des Angeklagten geführt haben. Doch die Persönlichkeitsstörung sah das Gericht in Ravensburg nicht als Ursache für den Mord an.
In den kommenden Verhandlungen wird es also darum gehen, ob tatsächlich die Besondere Schwere der Schuld besteht. Sollte sie im Urteil bestehen bleiben, kommt der Verurteilte selbst bei guter Führung nicht nach 15 Jahren aus dem Gefängnis.
Die öffentlichen Verhandlungen im Berger Mordprozess sind auf Dienstag, 8., und Dienstag,
15. Januar, jeweils um 9 Uhr, angesetzt.