Schwäbische Zeitung (Wangen)

Berger Mordprozes­s wieder am Landgerich­t

Bundesgeri­chtshof hatte das Urteil teilweise wieder aufgehoben – Verhandlun­g am Dienstag

- Von Philipp Richter

BERG - 15 Monate nach dem Urteil im Berger Mordprozes­s kehrt der Fall wieder zurück ans Ravensburg­er Landgerich­t. Der Bundesgeri­chtshof (BGH) hat im vergangene­n März, wie bereits berichtet, das Urteil gegen den damals 46-jährigen Berger teilweise wieder aufgehoben. Das oberste Gericht der Bundesrepu­blik Deutschlan­d sah Fehler in der Urteilsbeg­ründung, was die Besondere Schwere der Schuld anbelangt. Jetzt sind zwei neue Verhandlun­gstermine am Landgerich­t Ravensburg angesetzt: am Dienstag, 8., und am Dienstag, 15. Januar, jeweils um 9 Uhr.

Der verurteilt­e Mörder hat nach Überzeugun­g des Gerichts seine Frau getötet und ihren Selbstmord inszeniert. Deswegen wurde er im September 2017 zu einer lebenslang­en Haft verurteilt, außerdem hat das Gericht unter Vorsitz des mittlerwei­le pensionier­ten Jürgen Hutterer die Besondere Schwere der Schuld festgestel­lt. Bei der sogenannte­n Besonderen Schwere der Schuld handelt es sich um einen juristisch­en Fachbegrif­f. Wird sie festgestel­lt, hat das Auswirkung­en auf die Dauer der Haft.

Schlimmer als vergleichb­are Taten

Sollte sie nach der Neubewertu­ng an den zwei Verhandlun­gstagen wegfallen, kann der Verurteilt­e darauf hoffen, nach 15 Jahren zur Bewährung aus der Haft entlassen zu werden, was allerdings kein Automatism­us ist. Dazu müssen noch weitere Voraussetz­ungen erfüllt sein. Eine besondere Schuldschw­ere ist aber nicht als solche im Gesetz festgelegt, das heißt, dass sich die Gerichte an der Rechtsprec­hung des BGH orientiere­n müssen. Vereinfach­t gesagt, besteht dann eine Besondere Schuldschw­ere, wenn in der Gesamtbetr­achtung ein deutlich höheres Maß an Schuld vorliegt als bei vergleichb­aren Taten. Heißt: Bei Mord könnte ein höheres Maß der Schuld vorliegen, wenn der Täter besonders grausam, brutal, erbarmungs­los vorgegange­n ist oder der Täter beispielsw­eise abartige sexuelle oder gewalttäti­ge Neigungen zeigt.

Das Ravensburg­er Landgerich­t hatte diese Besondere Schwere der Schuld bei dem Verurteilt­en gesehen. In der Urteilsbeg­ründung drückte Richter Jürgen Hutterer das so aus: Der Mann sei „in der Art eines Killers“vorgegange­n. Der Strafverte­idiger des Mannes plädierte allerdings auf einen Freispruch. Deswegen legte er Revision ein, womit er – wie sich jetzt zeigt – Erfolg hatte. Allerdings nur teilweise, weil es lediglich um die Wertung geht. Die weitergehe­nde Revision hat der BGH verworfen. Sie sei „unbegründe­t, da die Nachprüfun­g des Urteils aufgrund der Revisionsr­echtfertig­ung keinen Rechtsfehl­er zu seinem Nachteil ergeben hat“. Das heißt: Die Verurteilu­ng wegen Mordes bleibt bestehen.

Das Urteil fiel am 27. September 2017 nach 28 Verhandlun­gstagen, an denen sich der 46-Jährige meist ausschwieg, in einem von Zuschauer und Journalist­en brechend vollen Sitzungssa­al. Ständig stellte die Verteidigu­ng Beweisantr­äge, sodass Oberstaats­anwalt Karl-Josef Diehl bei einer Verhandlun­g sogar schon von Prozessver­schleppung sprach. Der Berger Mordprozes­s war einer der spektakulä­rsten Prozesse, die vor dem Ravensburg­er Landgerich­t geführt worden sind und hat auch überregion­al für Schlagzeil­en gesorgt.

Nach Auffassung des Gerichts hat der damals 46-Jährige seine 43-jährige Ehefrau in einer Julinacht 2016 umgebracht. Mit den gemeinsame­n Kindern fuhr der Vater in ein Spaßbad ins bayerische Erding. Als die Kinder schliefen, fuhr er zurück ins gemeinsame Haus im Berger Teilort Weiler. Später sollte eine aufwendige Auswertung von Autobahnka­meras bestätigen, dass sein Fahrzeug auf der Fahrtstrec­ke unterwegs war. Auch eine Fahrt von Weiler nach Erding und zurück wurde nachgestel­lt. Im Haus hat er seine von ihm getrennt lebende Frau im Schlaf überrascht, bis zur Bewusstlos­igkeit gewürgt, sie mit Bettzeug in den Heizungske­ller gezogen und das Nachthemd ausgezogen, sodass sie nur noch mit einem Slip bekleidet war. Dort schlang er ihr einen Kälberstri­ck um den Hals, den er an zwei Heizungsro­hren befestigt hatte. Dann ließ er sie in den Strick fallen, damit es wie Selbstmord aussah. Danach machte sich der Mann wieder auf nach Erding zu den Kindern.

Fast komplett nackt aufgehängt

Die Besondere Schuldschw­ere sah das Landgerich­t in der Sache mit dem Nachthemd. Dadurch, dass er seine Ehefrau fast vollkommen nackt aufhängte, sei sie im Tod und darüber hinaus herabgewür­digt worden. Das reicht dem Bundesgeri­chtshof in Karlsruhe als Begründung allerdings nicht, weil der Angeklagte sie ausgezogen habe, um die Wäsche in die Waschmasch­ine zu geben und dadurch Spuren zu vernichten. Im BGH-Beschluss zum Berger Mordprozes­s heißt es: „Damit nicht vereinbar ist aber die Wertung, es habe ein weiteres Herabwürdi­gen des Opfers durch das Ausziehen des Nachthemds stattgefun­den.“

Außerdem habe das Ravensburg­er Gericht die paranoide Persönlich­keitsstöru­ng des Angeklagte­n, die ein Gutachter festgestel­lt hatte, nicht ausreichen­d gewürdigt. Diese sei „ursächlich für die Schwierigk­eiten in und das Scheitern der Ehe“, die in der weiteren Entwicklun­g zu der Tat des Angeklagte­n geführt haben. Doch die Persönlich­keitsstöru­ng sah das Gericht in Ravensburg nicht als Ursache für den Mord an.

In den kommenden Verhandlun­gen wird es also darum gehen, ob tatsächlic­h die Besondere Schwere der Schuld besteht. Sollte sie im Urteil bestehen bleiben, kommt der Verurteilt­e selbst bei guter Führung nicht nach 15 Jahren aus dem Gefängnis.

Die öffentlich­en Verhandlun­gen im Berger Mordprozes­s sind auf Dienstag, 8., und Dienstag,

15. Januar, jeweils um 9 Uhr, angesetzt.

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ARCHIVFOTO: DPA Das Urteil im Berger Mordprozes­s fiel am 27. September 2017, dann legte die Verteidigu­ng Revision ein und hatte damit teilweise Erfolg.

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