Ein neuer Zyklus beginnt
Mit dem Ende der Feiertage ist sie endlich vorbei, die Zeit, in der es unablässig darüber nachzudenken galt, wem was und wie zu schenken sei. Es ist aber auch die Zeit des oftmals trostlosen Beschenktwerdens vorüber. Denn was noch mühsamer ist, als sich etwas für andere auszudenken, ist so zu tun, als ob man hocherfreut sei ob der Gaben, die sich ansammeln.
Es ist guter Brauch, ungeliebte Geschenkartikel weiter zu verschenken. Durch diese weitverbreitete Sitte kann es geschehen, dass sich manchmal wunderliche Dinge hinter Einpackpapier offenbaren. Überliefert ist der Fall eines Marzipanschweinchens von gräulicher Farbe, das in durchsichtiger Plastikfolie eingepackt war. Diese Folie war über die Jahre bereits milchig geworden, bevor das arme Schwein, vermutlich durch Dutzende achtlose Hände gewandert, schließlich unübersehbar im Zustand des Zerfalls war. Die Schnauze gebrochen, ein Auge verloren, der Schwanz abgefallen. Nur unter Aufbietung großer Schauspielkunst ist es möglich, bei der Annahme einer derart ruinierten Süßigkeit zu lächeln.
Nicht ganz ungefährlich ist es, Weißweine in den Zyklus der ungeliebten Geschenke einzubringen. Was auf den ersten Blick verheißungsvoll klingen mag – etwa die staubige Flasche vom 1976er Entenberger Schädelsprenger oder der 1983er Rüpelsheimer Nierentritt – erweist sich am Gaumen dann als umgekippte Essiglösung von unbekannter Wirkung. Darum merke: Auch beim Schenken ist weniger oft mehr. Und gar nichts bisweilen am meisten. (nyf)