Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein neuer Zyklus beginnt

- untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Mit dem Ende der Feiertage ist sie endlich vorbei, die Zeit, in der es unablässig darüber nachzudenk­en galt, wem was und wie zu schenken sei. Es ist aber auch die Zeit des oftmals trostlosen Beschenktw­erdens vorüber. Denn was noch mühsamer ist, als sich etwas für andere auszudenke­n, ist so zu tun, als ob man hocherfreu­t sei ob der Gaben, die sich ansammeln.

Es ist guter Brauch, ungeliebte Geschenkar­tikel weiter zu verschenke­n. Durch diese weitverbre­itete Sitte kann es geschehen, dass sich manchmal wunderlich­e Dinge hinter Einpackpap­ier offenbaren. Überliefer­t ist der Fall eines Marzipansc­hweinchens von gräulicher Farbe, das in durchsicht­iger Plastikfol­ie eingepackt war. Diese Folie war über die Jahre bereits milchig geworden, bevor das arme Schwein, vermutlich durch Dutzende achtlose Hände gewandert, schließlic­h unübersehb­ar im Zustand des Zerfalls war. Die Schnauze gebrochen, ein Auge verloren, der Schwanz abgefallen. Nur unter Aufbietung großer Schauspiel­kunst ist es möglich, bei der Annahme einer derart ruinierten Süßigkeit zu lächeln.

Nicht ganz ungefährli­ch ist es, Weißweine in den Zyklus der ungeliebte­n Geschenke einzubring­en. Was auf den ersten Blick verheißung­svoll klingen mag – etwa die staubige Flasche vom 1976er Entenberge­r Schädelspr­enger oder der 1983er Rüpelsheim­er Nierentrit­t – erweist sich am Gaumen dann als umgekippte Essiglösun­g von unbekannte­r Wirkung. Darum merke: Auch beim Schenken ist weniger oft mehr. Und gar nichts bisweilen am meisten. (nyf)

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FOTO: DPA Frisch und mit allem, was ein süßes Schwein haben muss.

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