Scholz traut sich den Kanzlerjob zu
Nach der Ankündigung seines Parteifreundes fordert Vize-SPD-Chef Stegner einen „innerparteilichen Wettbewerb“
BERLIN (dpa) - Bundesfinanzminister Olaf Scholz kann sich generell vorstellen, Kanzler zu werden. In einem Interview mit der „Bild am Sonntag“antwortete er auf die Frage, ob er sich dieses Amt zutraue: „Ja. Frau Kramp-Karrenbauer hat gerade gesagt, dass von einer Parteivorsitzenden erwartet wird, dass sie sich das Amt zutraut. Für einen Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland gilt das Gleiche.“Der stellvertretende SPD-Vorsitzende schob hinterher: „Weder bei der Union noch bei uns steht diese Frage heute aber an.“
Die CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte Ende Dezember in einem „Zeit“-Interview auf die Frage, ob sie Kanzlerin könne, geantwortet: „Es ist herausfordernd, es ist spannend, aber es ist zu schaffen.“Ob sie denn keine Angst habe, wo doch selbst Merkel anfange zu scheitern, wurde sie weiter gefragt. Ihre Antwort: „Scheitern kann man immer.“Sie sei sich der Verantwortung bewusst, die mit dem Parteivorsitz verbunden sei. „Aber gemeinsam mit meiner Partei traue ich mir das zu. Wenn ich es nicht versuchen würde, das würde ich mir nie verzeihen.“
Trotz der schlechten SPD-Umfragewerte von rund 15 Prozent betonte Scholz, er halte einen Wahlsieg seiner Partei über mögliche CDU-Spitzenkandidaten wie Kramp-Karrenbauer oder Friedrich Merz für möglich. „Die SPD will den nächsten Kanzler stellen.“Über sich sagte Scholz, wenn man den Umfragen trauen dürfe, dann zähle er zu den Politikern mit hoher Unterstützung bei Bürgern und SPD-Anhängern.
Im jüngsten ZDF-Politbarometer von Mitte Dezember lag Scholz bei der Beliebtheit deutscher Spitzenpolitiker auf Platz 5. Er war damit der angesehenste SPD-Politiker – dicht gefolgt von Außenminister Heiko Maas auf Platz 6.
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner sagte dem „Handelsblatt“mit Blick auf die ScholzÄußerungen: „Im Zuge der programmatischen Erneuerung der SPD würde es uns guttun, wenn sich zum richtigen Zeitpunkt verschiedene Kandidaten mit unterschiedlichem Profil einem innerparteilichen Wettbewerb und einem Mitgliedervotum über die Kanzlerkandidatur der SPD stellen.“Das wäre ein motivierender Vorwahlkampf, „der das Interesse einer breiten Öffentlichkeit für die Ideen der SPD wecken könnte“. Ein solcher Vorwahlkampf stehe aber erst später an.
Der Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer bewertete die ScholzÄußerungen kritisch. „Der Vorstoß kommt zur Unzeit“, sagte er dem „Handelsblatt“. „Die SPD sollte erst mal aus dem Umfragetief heraus.“