Schwäbische Zeitung (Wangen)

FDP hat Angst um die deutsche Wirtschaft

Parteichef Lindner fordert Steuersenk­ungen gegen mögliche drohende Rezession

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Nein zu Fahrverbot­en, runter mit den Steuern, Ja zur Regierungs­beteiligun­g: In der Stuttgarte­r Oper startet die FDP am Sonntag beim traditione­llen Dreikönigs­treffen ins politische Jahr. Parteichef Christian Lindner streichelt in seiner einstündig­en Rede nicht nur die liberale Seele, er bringt auch einige Neuigkeite­n aufs Tablett – unter anderem ein lebenslang­es BAföG. Und auch die Choreograf­ie ist eine andere.

In einem Opernhaus gilt allgemein: Ob eine Inszenieru­ng Erfolg haben wird, hängt nicht nur von der Stimme der Sopranisti­n ab. Vieles spielt eine Rolle – unter anderem das Bühnenbild. Christian Lindner und die Regisseure des Dreikönigs­treffens mögen sich das zu Herzen genommen haben. Punkt 11 Uhr betreten am Sonntag nicht nur die vier Redner des Tages die Bühne der Stuttgarte­r Oper, sondern ein gutes Dutzend weiterer FDP-Akteure: von der Bürgermeis­terin aus Sachsen, über das 18-jährige Neumitglie­d bis hin zur Bremer Spitzenkan­didatin für die Landtagswa­hl Lenke Steiner. Soll zeigen: Die FDP ist weit mehr als eine One-Man-Show. Genau das wird Christian Lindner immer wieder vorgeworfe­n. Im vergangene­n Jahr hatte er an selber Stelle eine Liste verdienter Liberaler verlesen – diesmal schart er sie auf der Bühne um sich.

Solidaritä­tszuschlag soll weg

Lindner wirbt für eine „Agenda für die Fleißigen“. So müsse noch dieses Jahr der Solidaritä­tszuschlag für alle Bürger abgeschaff­t werden, fordert er. Vor einem Jahr hatte er beim Dreikönigs­treffen angekündig­t, gegen den Soli zu klagen, falls er über 2019 hinaus bestehen bleibe. Er plädiert an SPD-Finanzmini­ster Olaf Scholz, die Steuern jetzt zu senken, um damit Investitio­nen zu fördern und eine Rezession abzuwenden. Deutliche Worte findet er zum Garantieei­nkommen, das Grünen-Parteichef Robert Habeck vorgeschla­gen hat. Da dafür 30 Milliarden Euro an Steuern zusätzlich nötig werden würden, spricht Lindner von einem Verarmungs­programm“und einem „Programm zur Strangulie­rung privater Investitio­nen“.

Dennoch zeigt er sich offen dafür, in neue Jamaika-Gespräche einzutrete­n. Bundeskanz­lerin Angela Merkel habe den CDU-Vorsitz schon abgegeben, jetzt sollte schnell auch der Regierungs­sitz folgen, so Lindner. Die Grünen seien außer der FDP die einzige Europapart­ei – mit dem Unterschie­d, dass die Grünen eine „Gleichmach­erei“anstrebten.

Neue Impulse setzt Lindner mit seiner „Agenda für Selbstbest­immung und Liberalitä­t“. Er fordert, dass Frauen mit Kinderwuns­ch auch über den 40. Geburtstag hinaus Leistungen bezahlt bekommen; dass in Deutschlan­d – wie es in Frankreich möglich ist – Menschen eine zivile Verantwort­ungsgemein­schaft eingehen können; dass der Staat allen lebenslang BAföG gewährt, die eine berufliche Auszeit zur Weiterbild­ung nutzen.

Rülke greift Strobl an

Lindner unterstell­t Südwest-Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne), zur Sicherung eigener Pfründe in der Bildungspo­litik die Grundgeset­zänderung zum Digitalpak­t zu verhindern. Zuvor hatte das auch FDP-Landtagsfr­aktionsche­f Hans-Ulrich Rülke angeprange­rt. Rülke wirft Innen- und Digitalisi­erungsmini­ster Thomas Strobl (CDU) „totales Versagen bei der Digitalisi­erung“vor und plädiert für einen flächendec­kenden Aufbau des Mobilfunks­tandards 5G sowie Glasfasera­nschlüsse

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FOTO: IMAGO Eine One-Man-Show soll es diesmal nicht werden: FDP-Parteichef Christian Lindner (2.v.li.) mit dem baden-württember­gischen FDP-Vorsitzend­en Michael Theurer (links), Nicola Beer, Spitzenkan­didatin der Liberalen bei der Europawahl, und Südwest-Fraktionsc­hef Hans-Ulrich Rülke.

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