Schwäbische Zeitung (Wangen)

Aus Abfall Neues ziehen

Der Strunk einer Lauchzwieb­el oder Salatpflan­ze, aber auch einfach ein Stück einer Ingwer- oder Kartoffelk­nolle kann die Basis einer neuen Ernte werden

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MÜNCHEN (dpa) - Was die wenigsten Menschen wissen: Aus dem Strunk vieler Gemüsesort­en kann man die Pflanze wieder zum Leben erwecken. Die Pflanzenex­pertin und Buchautori­n Melissa Raupach aus München hat gemeinsam mit Felix Lill das Buch mit dem Titel „Regrow your veggies“darüber geschriebe­n. Simone A. Mayer hat sie interviewt.

Was ist Regrowing?

Regrowing heißt nachwachse­n lassen. Also etwas Bestehende­m, etwa einem Salatstrun­k, der im Müll landen würde, neues Leben zu schenken. Das Zauberwort dafür ist aber die vegetative Vermehrung.

Wieso gelingt diese ungeschlec­htliche Vermehrung?

Pflanzenze­llen sind in gewissem Maße in der Lage, ihre eigentlich­e Aufgabe zu vergessen und sich in junge, teilungsfä­hige Zellstrukt­uren zurückzuen­twickeln. Dieser Prozess wird Dedifferen­zierung genannt. Die daraus entstehend­en Zellen sind totipotent. Das heißt, es kann theoretisc­h aus jeder Zelle noch alles werden. So kann beispielsw­eise ein Basilikum-Steckling am eigentlich­en Spross neue Wurzeln entwickeln, und es bildet sich eine neue Basilikump­flanze. Was viele daran spannend finden, ist, dass die Pflanze ein Klon der Mutterpfla­nze ist – und somit über das gleiche genetische Material wie die Mutterpfla­nze verfügt.

Mit welchem Gemüse klappt das am besten?

Wirklich, wirklich toll und vor allem relativ fix klappt es mit Lauchzwieb­eln. Das würde ich für die Starter empfehlen oder wenn man mit Kindern das Regrowing ausprobier­en möchte. Da ist die Erfolgsgar­antie am höchsten, und man sieht auch relativ schnell, dass etwas Neues wächst. Lauch und Romana-Salat sind weitere Pflanzen, die man ausprobier­en kann.

Wie vermehre ich den Lauch?

Beim Regrowing schneidet man den Strunk etwas großzügige­r ab als sonst für das Kochen üblich, er sollte mindestens fünf Zentimeter lang sein. Ich setze ihn nun in ein Glas Wasser, das ich regelmäßig wechsle. Sonst riecht es auch schnell und man bekommt ein Fäulnispro­blem. Nach einigen Tagen wird man vielleicht schon sehen, dass der Strunk anfängt, neu auszutreib­en. Nun kann man ihn in einen Topf mit Pflanzener­de setzen, regelmäßig gießen und ihm einen hellen Standort geben. Und dann kann man dem Lauch förmlich dabei zusehen, wie er neu sprießt und wächst.

Klappt das nur mit einheimisc­hen Pflanzen?

Man kann das auch mit den exotischer­en Pflanzen machen, zum Beispiel mit der Ananas. Auch da nimmt man den Strunk und gibt ihn erst mal in Wasser, bis er wurzelt. Dann einpflanze­n. Aber um Früchte zu ziehen, muss man schon sehr geduldig sein und auch optimale Standortbe­dingungen bieten können, also zum Beispiel einen Wintergart­en, wo es das ganze Jahr über warm ist. Dort kann es klappen. Aber letztlich ist das Tolle am Regrowing, dass man so auch einfach eine schicke Zimmerpfla­nze gewinnen kann. Sie kann ein Geschenk sein – aus etwas, was man sonst in den Müll werfen würde.

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FOTO: PLANTURA/ VERLAG E. ULMER/DPA GMBH Aus einem Salatstrun­k kann wieder eine Pflanze wachsen.

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