Dreischritt zum Eigenheim
Die klassische Hausfinanzierung besteht aus Eigenkapital, Bausparvertrag und Annuitätendarlehen
STUTTGART - Der Erwerb einer eigenen Immobilie stellt für die meisten Menschen die größte Anschaffung in ihrem Leben dar. „Bei den heutigen Preisen kann man, je nach Lage, beim Bau eines Einfamilienhauses schnell auf eine mittlere sechsstellige Summe kommen“, sagt Marc Wiedenmann, Experte für private Immobilienfinanzierung bei der Kreissparkasse Ravensburg. Für Bauherren gilt es daher umso mehr, die Finanzierung ihrer eigenen vier Wände genau zu planen, um Stolpersteine möglichst zu umgehen.
Häufig setzt sich eine Baufinanzierung für einen privaten Häuslebauer oder Wohnungskäufer aus den drei Bausteinen Eigenkapital, Bauspardarlehen und Annuitätendarlehen zusammen. Dabei nennen Experten gerne eine Faustregel, wonach sich die Finanzierung auf Eigenkapital zu 20 bis 30 Prozent, Bauspardarlehen zu 20 bis 25 Prozent sowie Annuitätendarlehen zu 50 bis 60 Prozent verteilen sollte. Eigenkapital umfasst dabei das Geld, das direkt in den Bau oder Kauf fließt, und stellt in der Regel die Grundlage jeder Immobilienfinanzierung dar. „Je mehr man aus eigenen Mitteln aufbringen kann, desto weiter reduziert sich die Kreditsumme und damit die monatliche Belastung und die Zinskosten“, macht Ralf Oberländer, Baufinanzierungsexperte von der Bausparkasse Schwäbisch Hall, klar. Es kann aber auch Fälle geben, in denen eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital gestemmt werden kann – etwa wenn ein gut ausgebildetes junges Paar, das bisher noch kein Eigenkapital aufbauen konnte, mit guten Jobs am Beginn einer hoffnungsvollen Karriere steht. „Es kommt eben immer darauf an, individuelle Lösungen zu entwickeln“, erläutert Wiedenmann.
Als zweiter Finanzierungsbaustein dient vielen Bauherren ein Bausparvertrag, der insbesondere eine langfristige, feste Zinsbindung mit sich bringt. Weil ein Bauspardarlehen im Gegensatz zu Hypothekendarlehen in der Regel nicht über den Kapitalmarkt, sondern über einen gemeinsamen Topf der Bausparer refinanziert wird, könnten besonders günstige Darlehenskonditionen über die gesamte Vertragslaufzeit gewährt werden, wie Immo Dehnert, Sprecher der Bausparkasse Wüstenrot, sagt. Dieser Aspekt der Zinssicherung spielt derzeit vor dem Hintergrund der anhaltenden Niedrigzinsphase eine wichtige Rolle. So nutzen viele Häuslebauer in spe das Zwecksparinstrument des Bausparvertrags, um sich langfristig die niedrigen Zinsen zu sichern. „Bausparen hat damit den Charakter einer Versicherung gegen steigende Zinsen“, sagt Wiedenmann von der Kreissparkasse Ravensburg. Bei einer Größenordnung von 50 Prozent Eigenkapital braucht es nach seiner Einschätzung allerdings oft keines Bausparvertrags mehr, da die Rückzahlung in den meisten Fällen viel schneller erfolgt und es somit sein kann, dass ein Bausparvertrag wenig Sinn ergibt.
Beim dritten Finanzierungsbaustein, dem Hypotheken- oder Annuitätendarlehen, bleiben die Raten, die Annuitäten genannt werden, innerhalb der Zinsbindung immer gleich. Für die Mehrzahl der an private Kreditnehmer vergebenen Darlehen werden heute Annuitätendarlehen eingesetzt, sowohl bei den klassischen Ratenkrediten als auch bei der Bau- oder Immobilienfinanzierung. Das Annuitätendarlehen unterscheidet sich damit von anderen Darlehen, wie beispielsweise dem Tilgungsdarlehen mit fester Tilgung und im Zeitverlauf abnehmenden Zins- und Ratenzahlungen oder dem endfälligen Darlehen, bei dem zunächst nur die anfallenden Zinsen zurückgezahlt werden, während am Ende der Laufzeit der gesamte Darlehensbetrag fällig wird.
Der private Kreditnehmer kann beim Annuitätendarlehen mit konstanten Ratenzahlungen und damit einer gleichbleibenden finanziellen Belastung rechnen. Der Kreditnehmer zahlt den Kredit in vorab festgelegten, meist monatlichen Raten zurück und kann sich beim Ratenkredit mit festen Zinsen sowie bei der Immobilienfinanzierung während der Zinsbindung auf die Höhe der Rückzahlungen einstellen. „Damit hat er eine klare Kalkulationsgrundlage“, sagt Wiedenmann.
Die konstante Rückzahlungsrate wird dadurch erreicht, dass der Zinsanteil an den Zahlungen im Verlauf der Zeit durch die geringer werdende Restschuld immer weiter reduziert wird, während der Tilgungsanteil zunehmend steigt. Es wird also mit fortschreitender Vertragslaufzeit ein immer größerer Anteil des Darlehens zurückgezahlt, wodurch gleichzeitig die Zinsbelastung weiter sinkt. Der Kreditnehmer zahlt den Kredit dabei jedoch in konstanten Raten zurück, lediglich die letzte Zahlung kann von der festgelegten Annuität abweichen.
Wichtig ist beim Annuitätendarlehen der Beleihungswert, also ein Wiederverkaufswert, den die Kreditgebende Bank vorsichtig ansetzt. Dieser übersteigt niemals den aktuellen Verkehrswert, also den tatsächlichen Kaufpreis. Die Beleihungsgrenze, bis zu der die Bank den Erwerb finanziert, beträgt höchstens 80 Prozent des Beleihungswertes. Damit wäre die Bank im Falle einer geplatzten Immobilienfinanzierung auf der sicheren Seite und könnte die Immobilie veräußern, um ausstehende Schulden zu erhalten.
Nach Ablauf der Zinsbindungszeit des Annuitätendarlehens, die in der Regel zwischen zehn und 15 Jahren währt, ist der Baukredit in der Regel noch nicht vollständig abbezahlt. Für die Restschuld muss der Kreditnehmer daher mit seiner Bank oder einem anderen Kreditinstitut einen neuen Zinssatz vereinbaren. Es kann sinnvoll sein, sich lange vor Ablauf der Zinsbindung günstige Konditionen für die Anschlussfinanzierung zu sichern, beispielsweise mit einem Bausparvertrag oder einem sogenannten Forwarddarlehen. Kreditnehmer können auf diese Weise die aktuellen Zinskonditionen in der Regel um bis zu drei Jahren im Voraus festschreiben. „Damit kann man sein Zinsänderungsrisiko gegen einen geringen Kostenaufschlag deutlich eingrenzen“, was laut Wiedenmann bei steigenden Zinsen sinnvoll sein kann.
Grundsätzlich rät der Experte dazu, bei der Baufinanzierung von Seiten der Belastbarkeit eines Haushaltseinkommens her zu denken. „Welche Kreditrate kann man sich als Häuslebauer langfristig leisten?“lautet daher für ihn die alles entscheidende Frage. Üblich sind zwei Prozent Tilgung. Wer sich mehr leisten kann, sollte drei, vier oder sogar fünf Prozent Tilgung vereinbaren. Denn: Je höher die Tilgung, umso geringer sind die Gesamtkosten für das Darlehen. Eine bewährte Faustregel lautet hier: nicht mehr als 40 Prozent des regelmäßig verfügbaren monatlichen Nettoeinkommens für Zins und Tilgung aufwenden. Bei 50 Prozent sieht Wiedemann schließlich die Schmerzgrenze als erreicht an. Dennoch gilt es bei jeder Finanzierung, eine maßgeschneiderte Lösung für den Einzelfall zu finden, lautet Wiedenmanns Credo. Sein Fazit: Es steht immer die langfristige Tragfähigkeit des monatlichen Kapitaldienstes im Vordergrund.
Eine Telefonaktion zum Thema Baufinanzierung organisiert die Wirtschaftsredaktion der „Schwäbischen Zeitung“am Dienstag, 22. Januar, von 18 bis 20 Uhr. Unter der Nummer (0751) 2955 1555 beantworten Immobilienexperten von Sparkassen und Genossenschaftsbanken Leserfragen.