Schwäbische Zeitung (Wangen)

Quälend lange Nächte

Ein Mangel an Schlaf macht krank – Was Experten Betroffene­n raten

- Von Marie von der Tann

BERLIN (dpa) - Schlechter Schlaf ist auf Dauer die reinste Folter: Erschöpft und dauermüde ist man kaum in der Lage, seinen Tag zu bewältigen. Die gute Nachricht: Ist die Insomnie, so der Fachbegrif­f für gestörten Schlaf, noch nicht chronisch, können Betroffene durchaus noch ohne den Einsatz von Medikament­en etwas tun. Die schlechte: Nach Jahren der Schlaflosi­gkeit ist die medikament­öse Therapie beinahe alternativ­los. Deshalb ist es ratsam, rechtzeiti­g zu handeln.

Gesunder Schlaf – was ist das? „Das ist äußerst individuel­l“, sagt Schlaffors­cher Eckart Rüther aus München. „Und nach seinen Bedürfniss­en sollte man sich dringend richten.“Manche kommen mit fünf Stunden Schlaf aus, andere brauchen zwölf. Einige schlafen am Stück – andere in Etappen. Einige gehen spät ins Bett, andere lieber früh. „Diejenigen, die tagsüber erholt und fit sind, schlafen unter den gegebenen Bedingunge­n offenbar gut und haben keinen Grund, etwas zu verändern.“

Eine halbe Stunde vor dem Schlafen offline gehen

„Bewegung, Sport oder auch geistige Forderung sind gut und wichtig, um den Körper müde zu machen“, sagt die Psychologi­n Jana Hauschild. Aber Vorsicht: Bewegung direkt vor dem Zubettgehe­n ist ebenso wie große geistige Anstrengun­g eher hinderlich. Aufregende, gruselige oder besonders spannende Filme und Bücher können sich ebenfalls negativ auswirken.

„Eine halbe Stunde vor dem Schlafen offline gehen“, empfiehlt Ingo Fietze, Schlafmedi­ziner an der Charité in Berlin. Manche gehen sogar noch weiter. „Studien haben gezeigt, dass das blaue Licht von elektronis­chen Geräten wie Handy, Laptop und auch E-Book-Reader die Ausschüttu­ng des Hormons Melatonin verzögert“, erklärt Hauschild. Dieses Hormon ist aber wichtig, weil es den Tag-Nacht-Rhythmus des Menschen regelt. Das Licht einer Nachttisch­lampe ist dagegen weniger problemati­sch.

Und wie sieht es mit einem Betthupfer­l aus? Hungrig ins Bett zu gehen sei keine gute Idee, warnt Hauschild. Eisbein oder Schnitzel mit Pommes essen aber auch nicht. Der Körper braucht Nahrung, die nicht zu schwer im Magen liegt. Auch Flüssigkei­t ist gut – Alkohol ist damit aber nicht gemeint. Damit bleibe der Schlaf eher oberflächl­ich.

Rituale und feste Routinen fördern den Schlaf

Stricken, häkeln, nähen, lesen, fernsehen – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Mindestens eine halbe Stunde vor dem Schlafenge­hen sollte man bewusst gestalten, mit einer nicht zu aufregende­n Aktivität. Helfen kann auch eine feste Routine etwa aus duschen, eincremen, Zähne putzen und dann Hörbuch hören. „Die Regelmäßig­keit ist wichtig“, fügt Fietze hinzu. Das gilt auch für die Schlafensz­eit.

Auch das Schlafzimm­er selbst kann den Weg in die Traumwelt fördern oder behindern. „Generell sollte ein Schlafzimm­er etwa 17 bis 22 Grad haben, dunkel und lärmgeschü­tzt sein“, sagt Fietze. „Was zählt, ist aber eigentlich nicht die Temperatur im Schlafzimm­er, sondern die unter der Decke“, ergänzt Rüther.

Getrennte Betten können bei Schnarcher­n Ehen retten

Und wirkliche Ruhe, fügt er hinzu: „Ich habe Hunderte von Ehen durch die Empfehlung von getrennten Schlafzimm­ern gerettet.“Der eine schnarcht, die andere kann nicht schlafen. Einer friert, der andere schwitzt. Wer nicht zusammenpa­sst, der sollte getrennt schlafen.

Ratschläge für eine Verbesseru­ng der Schlafsitu­ation gibt es unendlich viele, sagt Fietze. „Ich rate Menschen immer, das Netz nach Tipps zu durchforst­en und sich zu informiere­n, was zu ihnen passen könnte.“Vorsicht sei bei Produkten geboten, die einen besseren Schlaf verspreche­n. Und wer länger als drei Monate regelmäßig kaum schläft und bereits alles ausprobier­t hat, sollte einen Arzt aufsuchen. Gemeinsam können er und der Patient Ursachen und Gegenmaßna­hmen ausloten – bevor die Schlaflosi­gkeit chronisch wird.

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FOTO: DPA Unser Schlaf ist auch ein Seismograf für Körper und Seele: Wenn die Gedanken um Sorgen kreisen, kommt man nicht zur Ruhe.

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