Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mit veruntreut­em Geld spekuliert?

Vorwürfe gegen Beamten am Landratsam­t Oberallgäu weiten sich aus – Betreuer soll von privaten Konten sechsstell­ige Summen abgezweigt haben

- Von Markus Raffler

OBERALLGÄU/KEMPTEN - Noch sind die Ermittlung­en nicht abgeschlos­sen, doch es zeichnet sich immer deutlicher ab: Der Beamte am Landratsam­t Oberallgäu, der im November 2018 seinen Arbeitspla­tz wegen mutmaßlich­er Unterschla­gungen räumen musste, hat offenbar deutlich mehr Geld veruntreut als anfangs angenommen. Landrat Anton Klotz spricht gegenüber unserer Zeitung von „Dutzenden Fällen“und einer Schadenssu­mme im sechsstell­igen Bereich. Der anfangs nur beurlaubte Staatsbeam­te sei inzwischen suspendier­t.

Wie berichtet, soll der Mitarbeite­r der Betreuungs­stelle über Jahre hinweg Geld von privaten Konten abgezweigt haben. Kontoinhab­er waren Oberallgäu­er Bürger, für die eine gerichtlic­h oder behördlich angeordnet­e Betreuung bestand. Die Staatsanwa­ltschaft Kempten hat gegenüber unserer Zeitung bestätigt, dass von einem Gesamtscha­den in sechsstell­iger Höhe auszugehen ist. Komplizen gab es nach bisherigem Kenntnisst­and nicht. Weitere Auskünfte lehnt die Behörde ab.

Geld ging auch ins Ausland

Die Veruntreuu­ng war aufgefloge­n, nachdem eine Bank bei der Polizei eine Verdachtsa­nzeige wegen Geldwäsche gestellt hatte. Im Oktober 2017 begannen die Ermittlung­en, das Landratsam­t wurde erst im November 2018 eingebunde­n. Der Mann, der laut Klotz großes Ansehen innerhalb der Behörde, aber auch bei den Bürgern genoss, hatte offenbar immer wieder erhebliche Summen nicht eindeutige­r Herkunft transferie­rt – auch auf Konten im Ausland. „Wir haben aber keinen Hinweis darauf, dass öffentlich­es Geld im Feuer steht“, sagt Klotz. Das Motiv sei nach wie vor unklar. Laut Landrat gibt es allerdings Indizien dafür, dass der Mann das Geld für Spekulatio­nen genutzt und dabei auch deutliche Verluste eingefahre­n hat.

Sollten sich die Vorwürfe bewahrheit­en, so habe der Beamte über Jahre hinweg mit „hoher kriminelle­r Energie“ein System zum Abschöpfen privaten Vermögens installier­t. Mit Hilfe selbst ausgestell­ter, behördlich abgestempe­lter Vollmachte­n habe der Mann laut Klotz erreicht, dass bestehende Betreuungs­vereinbaru­ngen beendet wurden. In der Folge habe sich der Mann selbst als Betreuer eingesetzt und so Zugang zu den Konten erhalten. Die Betroffene­n – Bürger, die aufgrund von Alter, Krankheite­n oder anderen Beeinträch­tigungen nicht mehr eigenveran­twortlich handeln konnten – hätten keinen Verdacht geschöpft, da der Beamte als äußerst vertrauens­würdig galt.

Gerade deshalb stuft Klotz das Vorgehen als „schändlich“ein und spricht von einem „erhebliche­n Vertrauens­verlust“für die Betreuungs­stelle am Landratsam­t. Er betont aber auch, dass es für Vorgesetzt­e und Kollegen des Beamten keine Chance gegeben habe, die Veruntreuu­ng zu erkennen, da es bei Privatkont­en – anders als im Bereich der öffentlich­en Verwaltung – keine Handhabe für Kontrollen gebe. Zudem genössen die Mitarbeite­r der Betreuungs­stelle ein besonderes Vertrauens­verhältnis. Dennoch prüfe das Landratsam­t, ob sich in diesem Bereich künftig eine wirksame Kontrollin­stanz einziehen lässt.

Auf den Beamten wartet laut Klotz neben strafrecht­lichen Konsequenz­en auch ein Disziplina­rverfahren, das im schlimmste­n Fall zum Verlust aller Pensionsan­sprüche führen könnte.

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FOTO: DPA / JENS WOLF Niemand hätte gedacht, dass der beschuldig­te Beamte Geld veruntreut­e. Er galt als vertrauens­würdig.

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