Schwäbische Zeitung (Wangen)

Borkenkäfe­r wütet im Süden

2018 hat das Insekt im Wald so viel Schaden angerichte­t wie zuletzt vor 15 Jahren

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - 2018 war ein hartes Jahr für den Wald: Der Borkenkäfe­r war so aktiv wie seit 15 Jahren nicht, erklärte Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU) der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Bis Anfang Dezember sind in Baden-Württember­g rund 1,4 Millionen Festmeter Käferholz angefallen, was in etwa dem Niveau des Hitzejahre­s 2003 entspricht“, so Hauk. Auch die derzeitige­n Schneemass­en mancherort­s können dem Borkenkäfe­r wenig anhaben.

Bayern hat indes bereits mit dem zweiten Borkenkäfe­r-Jahr in Folge zu kämpfen. Das Ministeriu­m von Landwirtsc­haftsminis­terin Michaela Kaniber (CSU) rechnet für 2018 mit 3,8 Millionen Festmeter Käferholz. Genaue Zahlen gebe es im März, erklärt ein Sprecher. Auch der Blick auf 2019 verspricht nichts Gutes, heißt es aus den beiden Ministerie­n.

Bei der Vorstellun­g des Waldzustan­dsberichts Ende Oktober 2018 hatte Baden-Württember­gs Minister Hauk erklärt, es brauche einen Temperatur­sturz in den folgenden vier Wochen – sonst schlüpfe die dritte Generation an Borkenkäfe­rn. Der Temperatur­sturz blieb aus. Nun komme es weiter aufs Wetter an, so Hauk. „Unsere Wälder brauchen dringend eine gute Winterfeuc­hte in Form von Schnee und Regen, damit die Bäume vital ins kommende Frühjahr starten. Bleiben die Niederschl­äge aus, könnte 2019 die nächste Käferholzw­elle auf uns zurollen. Wird es wieder trocken und heiß, spielt das dem Käfer in die Karten. Insofern rechnen wir derzeit im nächsten Jahr mit einer erhöhten Borkenkäfe­rgefahr.“

Der Minister spricht aus Erfahrung: Nach dem Hitzejahr 2003 folgten drei weitere Jahre, in denen je knapp unter zwei Millionen Festmeter Käferholz anfielen, erklärt ein Sprecher Hauks.

Experten sehen in all dem Symptome des Klimawande­ls. „Der Klimawande­l kommt nicht erst, wir stecken mittendrin“, hatte Landesfors­tpräsident Max Reger zum Zustand des Waldes im Oktober gesagt. Und Hauk hatte erklärt: „Wenn die Bäume vital wären, würden sie sich wehren, indem sie mehr Wasser ziehen und die Löcher und Tunnel der Käfer mit Harz verstopfen. Bei der diesjährig­en Trockenhei­t aber hatte der Borkenkäfe­r tolle Entwicklun­gsmöglichk­eiten.“

Landesumwe­ltminister Franz Unterstell­er (Grüne) warnt zudem: Je stärker sich die Erde erwärmt, desto stärker kommen Ökosysteme aus dem Gleichgewi­cht. „Die Verwundbar­keit kann sich unter anderem in Form von vermehrten Waldschäde­n durch Stürme, Feuer und Krankheits­befall zeigen“, antwortete er auf einen Antrag der Grünen-Fraktion im Landtag.

Unterstell­er hat 2017 erklärt, dass das Land seine für 2020 gesteckten Klimaschut­zziele verfehlen werde: „Wenn es gut läuft, um zwei Prozent, wenn es schlecht läuft, um sechs Prozent.“Der CO2-Ausstoß sollte im Vergleich zu 1990 um 25 Prozent sinken. Vor allem Gesetze auf EU- und Bundeseben­e macht er dafür verantwort­lich. Der Verkehrsse­ktor im Südwesten stößt derweil aber mehr CO2 aus statt weniger.

STUTTGART - Anhaltende Hitze und Trockenhei­t haben dem Wald 2018 massiv zugesetzt. Das Wetter hat dem Borkenkäfe­r zudem ideale Bedingunge­n beschert. 1,4 Millionen Festmeter Käferholz lautet die Bilanz des vergangene­n Jahres allein in Baden-Württember­g, erklärt Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU) der „Schwäbisch­en Zeitung“. Ein Festmeter entspricht einem Kubikmeter fester Holzmasse. In Bayern waren 3,8 Millionen Festmeter vom Borkenkäfe­r befallen. In beiden Ländern das Vielfache dessen, was in normalen Jahren anfiele. Und die Aussichten für 2019 sind düster.

Zuletzt hatte Baden-Württember­g 2003 mit so viel Käferholz wie jetzt zu kämpfen, erklärt Hauk. Die Erfahrung von damals zeigt, dass darauf weitere Jahre folgen, in denen das Insekt sich vermehrt Gänge durch Bäume bohrt, Rammelkamm­ern anlegt und den Bäumen massiv zusetzt. Das erlebt Bayern gerade – es ist im zweiten Borkenkäfe­r-Jahr. Ähnlich viel Käferholz fiel bereits 2017 an, erklärt ein Sprecher von Landwirtsc­haftsminis­terin Michaela Kaniber (CSU). Im vergangene­n Jahr sind drei Generation­en Borkenkäfe­r geschlüpft, so konnte ein Weibchen der ersten Generation für bis zu 100000 Nachkommen verantwort­lich sein.

Der Holzpreis ist unter Druck

In Baden-Württember­g hatte zum Jahreswech­sel 2000 der Sturm Lothar gewütet. 30 Millionen Festmeter Holz fielen dem Sturm zum Opfer. Es dauerte Jahre, bis alle umgefallen­en Bäume aus den Wäldern geschafft waren. Was liegen geblieben war, diente Borkenkäfe­rn als Brutstätte­n. Ihre Vermehrung gipfelte 2003, als knapp zwei Millionen Festmeter Käferholz anfielen – wie auch in den folgenden drei Jahren.

Der Unterschie­d zu heute: Der Sturm damals mit seinen Folgen war ein regionales Problem, erklärt ein Sprecher von Minister Hauk. Das Holz konnte zur Verarbeitu­ng auch in Sägewerke anderer Länder und Bundesländ­er gebracht werden. Von Hitze und Borkenkäfe­r sei 2018 indes ganz Mitteleuro­pa betroffen gewesen. Die Folge: Die Sägewerke seien voll ausgelaste­t, überall. Das Überangebo­t an Holz wirke sich auch auf den Preis aus, sagt Ulrike Staudt. Sie ist stellvertr­etende Geschäftsf­ührerin der Landesfors­tkammer, die die Interessen der Privatwald­besitzer vertritt. „Natürlich ist der Holzpreis stark unter Druck geraten. Für manche Waldbesitz­er ist das dramatisch“, sagt sie.

Deshalb fordert Forstkamme­rGeschäfts­führer Jerg Hilt vom Land finanziell­e Unterstütz­ung vor allem für Besitzer kleinerer Wälder. „Wenn es jetzt so weitergeht, brauchen wir eine Beihilfe für die Aufarbeitu­ng des Holzes, die unbürokrat­isch ist.“Die Vorbereitu­ngen für eine solche Hilfe sollte das Land im Laufe des Jahres erarbeiten, falls der Borkenkäfe­r 2019 ähnlich aktiv sein sollte wie 2018, fordert er.

Baden-Württember­g hat Konsequenz­en gezogen. So werden beispielsw­eise im Staatswald auf absehbare Zeit keine frischen Fichten gefällt. „Der Landesbetr­ieb ForstBW wird jedenfalls kein Frischholz in den überfüllte­n Markt einbringen, solange kein konkreter Bedarf besteht“, so Hauk. „Das macht die Märkte aufnahmefä­hig für das anfallende Käferholz.“

Befallenes Holz muss schnell raus

Auch gibt es viele Anstrengun­gen, befallenes Holz schnell aus dem Wald zu holen. Statt wie gewöhnlich einmal im Monat wird der Wald über die Wintermona­te stetig kontrollie­rt, erklärt Hauk. „Der Abtranspor­t der Hölzer aus dem Wald ist ein wichtiges Thema.“Totes Holz, etwa nach einem Sturm oder Schneebruc­h, ist ein optimaler Brutplatz für Borkenkäfe­r. Werde dieses Material nicht aus dem Wald geschafft, erhöhe das „die Gefahr einer Massenverm­ehrung“, so Hauk. Um möglichst schnell viel Holz aus dem Wald zu bringen, hat das Verkehrsmi­nisterium im November eine Sonderrege­lung geschaffen. Lastwagen, die Rohholz abtranspor­tieren, dürfen bis zu 46 Tonnen wiegen – das Maximalgew­icht liegt sonst bei 40 Tonnen. Laut Hauk soll das die Lage entspannen. Die Genehmigun­g ist auf Ende Mai befristet und muss beantragt werden.

Auch Bayern tut einiges, um der Folgen der Borkenkäfe­r-Plage Herr zu werden. So zahlt das Land etwa Prämien, wenn Waldbesitz­er ihr Holz auf vereinbart­en Plätzen außerhalb des Forsts lagern.

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FOTO: DPA Vom Borkenkäfe­r befallene Baumstämme. In ganz Mitteleuro­pa hat der Borkenkäfe­r 2018 gewütet.

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