Ein Supertalent gegen das Lazarett
Mit einem 19-Jährigen will Borussia Dortmund auf die Akanji-Verletzung reagieren
MARBELLA (dpa/zak) - Für einen kurzen Moment legte sich die Stirn von Lucien Favre in Falten. Als der gebürtige Ravensburger Ömer Toprak im Testspiel gegen Fortuna Düsseldorf (3:2) mit einem lauten Schrei und schmerzverzerrtem Gesicht zu Boden ging und minutenlang behandelt werden musste, wirkte der Trainer von Borussia Dortmund tief besorgt. Zwar gab der Abwehrspieler wenige Minuten später Entwarnung, klagte aber nach der Partie am Montag in Marbella über Schmerzen. Ein weiterer Ausfall in der Defensive wäre für den Herbstmeister nur schwer zu verkraften. „Es ist suboptimal, dass momentan gleich drei Innenverteidiger ausfallen“, klagte Marcel Schmelzer.
Für das schwere erste Rückrundenspiel am 19. Januar in Leipzig wird es für viele Verletzte beim Herbstmeister eng. Größte Problemzone ist die Abwehrmitte. Manuel Akanji (Hüfte) droht eine Operation, auch Dan-Axel Zagadou (Fußprellung) fällt weiter aus. „Es wird zwar von Tag zu Tag besser, aber ich weiß nicht, ob es bis zum ersten Spiel reicht“, sagte der Franzose. Immerhin scheint Abdou Diallo nach seinem Muskelfaserriss auf dem Weg der Besserung zu sein.
Zum Leidwesen von Favre ist aber auch die Offensive betroffen. „Es sind noch andere, die nicht da sind – im Mittelfeld und im Angriff. Natürlich macht mir das Sorgen“, bekannte der Coach. So fehlten gegen Düsseldorf acht der ins Trainingslager mitgereisten Profis, etwa Asse wie Marco Reus (Magen), Thomas Delaney (Wade), Roman Bürki (Oberschenkel) und Paco Alcácer (Zerrung). „Sechs, sieben Spieler trainieren immer neben uns. Das ist schade“, klagte Schmelzer mit Verweis auf den individuellen Aufbau der Rekonvaleszenten abseits des Teams. „Nun müssen wir daran arbeiten, dass wir eine Mannschaft auf den Platz bekommen, die es schafft, Leipzig zu schlagen.“
Größter Problemfall bleibt Abwehrchef Akanji. Seit Tagen wird der Schweizer Nationalspieler in seiner Heimat von Spezialisten untersucht. Raten die Mediziner zu einer Operation an der Hüfte, dürfte der 23-Jährige über Monate ausfallen. Julian Weigl wird deshalb wohl wie schon im letzten Hinrundenspiel gegen Gladbach (2:1) weiter in der Innenverteidigung aushelfen müssen. Eine Dauerlösung sieht Favre in dieser Variante aber nicht: „Er kann das, aber er spielt natürlich lieber im Mittelfeld.“Neben Weigl lief gegen Düsseldorf Amos Pieper auf, ein 20-Jähriger aus dem Drittligateam, nach der Pause verteidigten Toprak und Jeremy Toljan, Außenverteidiger und eigentlich auf dem Absprung.
Also wird der BVB wohl reagieren – und könnte das nächste Supertalent an Land ziehen. Laut diverser Medien ist er stark am 19-jährigen Leonardo Balerdi von den Boca Juniors aus Argentinien interessiert. „Die Verantwortlichen von Dortmund reisen an“, sagte Boca-Präsident Daniel Angelici am Dienstagmorgen im Radiosender La Red. „Es ist eigentlich nicht die Absicht von Boca, Spieler abzugeben, vor allem keine jungen. Ich werde mir das Angebot anhören und dann sehen wir, was bei dem Treffen herauskommt. Balerdi ist in einer Situation, in der es logisch ist, dass er unruhig wird und wechseln will“, sagte Angelici über seinen Innenverteidiger. Der 1,88-Meter-Hüne gilt als große Abwehrhoffnung mit guter Übersicht und ist auch im defensiven Mittelfeld einsetzbar.
Kampf um Timo Werner
Dem Vernehmen nach soll die Ablöse für Balerdi, der zwei Länderspiele für die U20 absolvierte, rund zwölf Millionen Euro plus Bonuszahlungen betragen. Ob Balerdi kurzfristig helfen kann, bleibt die Frage. Bisher hat er lediglich fünf Spiele für Boca bestritten und gilt deshalb eher als Transfer für die Zukunft – kommt er, würden die Aktien von Toprak, Innenverteidiger Nr. 4 beim BVB, mittelfristig weiter sinken. „Wir schließen nichts aus“, hatte BVB-Sportdirektor Michael Zorc am Freitag kommentiert. Geld genug hat der BVB in jedem Fall: 64 Millionen Euro bringt der Verkauf von Christian Pulisic im Sommer, ein Betrag, der angeblich auch in den Gladbacher Linksaußen Thorgan Hazard investiert werden soll.
Zudem soll der BVB im Kampf um Leizpigs Stürmer Timo Werner mitbieten – im Fernduell mit dem FC Bayern und Liverpool. Laut Lothar Matthäus hat der Bundesliga-Primus gute Karten: „Es könnte, abgesehen von europäischen Topclubs, zu einem Kampf zwischen Bayern und Dortmund um den besten deutschen Stürmer kommen. Sollte dies so sein, wäre die Borussia bestimmt nicht chancenlos“, sagte der Rekord-Nationalspieler.