Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Probleme sind selbstgema­cht“

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Zur Berichters­tattung über den Wintereinb­ruch in Wangen:

„Als Schweizeri­n wundere ich mich seit Jahren, wie die Deutschen ihr Zusammenle­ben in Gemeinden komplizier­t gestalten. Dieser Winter hat es mir wieder bestätigt. Ich wohnte in der Schweiz in einer Gemeinde, die ungefähr so groß ist wie Wangen. Das Klima und die Infrastruk­tur sind in etwa vergleichb­ar, aber nicht der Service.

Zuerst überrascht mich die steuerlich­e Belastung. Die Gemeindest­euern sind in der Schweiz nur circa halb so groß, was umso mehr wundert, dass die Anzahl der Gemeindear­beiter doppelt so hoch ist. Wie machen die das nur? Dies wirkt sich natürlich auf den Service aus, den eine Gemeinde bietet. Die Schneeräum­pflicht übernehmen nicht die Anlieger, sondern die Gemeinde. Spätestens nach zwei bis drei Tagen wird der gesamte Schnee von den Gehsteigen und den Straßen auf freie Flächen abtranspor­tiert. Dies ist nicht nur angenehm für die Bürger, sondern verringert auch die Unfallgefa­hr. Das ist aber nur möglich, weil keine parkenden Fahrzeuge die Straßen blockieren. Es ist schon im Sommer ärgerlich, dass hier eine Straßenhäl­fte zugeparkt wird, im Winter wird dies zum absoluten Chaos. Wo soll ich aber sonst parken, wenn wir als Vierperson­enhaushalt für drei Fahrzeuge nur 1,5 Parkfläche­n ausweisen müssen. Dass die Bauhofmita­rbeiter bei der Räumung nur verzweifel­n, kann ich nachvollzi­ehen, und ich habe großes Mitleid mit ihnen. Sie gehen an ihre Grenzen. Die Stadt stellt dafür einfach den Busverkehr ein nach dem Motto „wir können halt nicht mehr“.

Für mich sind das selbstgema­chte Probleme. Nicht durchdacht­e Gesetze und ein schlechtes Management sind für mich eben typisch deutsch.“Rosmarie Kessler, Wangen

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