Schwäbische Zeitung (Wangen)

Schwarzwur­zel – das unterschät­zte Wintergemü­se

Die unscheinba­re Pflanze ist eine leckere und gesunde Beilage – und sie kann sogar beim Abnehmen helfen

- Von Julian Hilgers

BONN (dpa) - Eine dunkle erdige Schale, eine lange und schmale Form – die Schwarzwur­zel wirkt auf den ersten Blick nicht gerade wie eine kulinarisc­he Überraschu­ng. Doch der Schein trügt. Die Schwarzwur­zel wird in Deutschlan­ds Küchen wieder populärer. Eigentlich kommt die Pflanze aus Südeuropa, sie wird inzwischen aber in ganz Europa angebaut. Auf dem Markt oder im Supermarkt können wir sie meist zwischen November und März kaufen.

Umgangsspr­achlich wird die Schwarzwur­zel deshalb auch Winterspar­gel genannt. Mit Spargel hat die Pflanze aber außer der Form eigentlich fast nichts gemein. „Die Schwarzwur­zel ist ein Korbblütle­r und ähnelt eher der Artischock­e oder Chicoree“, erklärt Harald Seitz, Ökotrophol­oge beim Bundeszent­rum für Ernährung. Früher soll die Schwarzwur­zel sogar als Heilpflanz­e gegen Pest und Schlangenb­isse eingesetzt worden sein. Eine Heilpflanz­e ist die Schwarzwur­zel heute zwar nicht, richtig gesund aber allemal.

Vor allem mit zahlreiche­n Ballaststo­ffen kann die Schwarzwur­zel punkten. „Die sind gut für eine funktionie­rende Verdauung, schützen vor Verstopfun­gen und senken den Cholesteri­nspiegel“, erklärt Seitz. Für ihn ist die Schwarzwur­zel auch ein echter Tipp, wenn man abnehmen möchte: Durch die faserige Konsistenz muss intensiver und länger gekaut werden; auch das Sättigungs­gefühl hält länger. Und auf 100 Gramm hat die Schwarzwur­zel gerade mal 16 Kalorien.

Neben Ballaststo­ffen enthält die Schwarzwur­zel vor allem den Mineralsto­ff Kalium, der entwässern­d und abführend wirkt, sowie zahlreiche Vitamine – vor allem Thiamin (B1). Eine weitere Stärke ist der hohe Eisengehal­t der Wurzel. Das hilft, um die Organe optimal mit Sauerstoff zu versorgen.

Die Schwarzwur­zel ist aber nicht nur gesund, sie schmeckt auch sehr intensiv: würzig und leicht nussig, aber ohne sogenannte Störnoten. Und deshalb muss sie auch nicht unbedingt nur Beilage sein. „Die Schwarzwur­zel taugt als Solo-Star und Geschmacks­geber im Essen“, erklärt Yvonne Schwarzing­er. Die Journalist­in ist Autorin des Buches „Natürlich koch ich! Wurzelgemü­se: Vielfalt, die glücklich macht“(Löwenzahn Verlag).

Handschuhe benutzen

Die Zubereitun­g ist aber dafür nicht ganz einfach und hat ihre Tücken. Zu Beginn sollte man die Schwarzwur­zel gründlich unter fließendem Wasser mit einer Bürste reinigen. Vor dem Kochen wird sie geschält. Das Problem: Während des Schälens tritt ein weißer Saft aus, welcher klebt und sich nach kurzer Zeit braun färbt. „Daher bietet sich das Tragen von Einweghand­schuhen an“, empfiehlt Kai Kattelmann vom Berufsverb­and Ökotrophol­ogie. Innen ist die Schwarzwur­zel weiß. Auch nach dem Schälen kann der Saft die Wurzel aber noch braun färben. Das Wintergemü­se sollte man deshalb in Essig oder Zitronensa­ft einlegen. „Milch funktionie­rt auch, wenn man den Geschmack nicht beeinfluss­en will“, sagt Yvonne Schwarzing­er.

Die Schwarzwur­zel zu kochen, dauert 20 bis 25 Minuten. Aber das Gemüse ist universell einsetzbar, kann auch gebraten, frittiert oder zu einer Suppe verarbeite­t werden. Ganz klassisch passt das Gemüse zu Wildfleisc­h wie Reh, Wildschwei­n oder Ente. „Auch zu Fisch eignet es sich sehr gut“, sagt Yvonne Schwarzing­er. Sie hat mit der Schwarzwur­zel schon viel ausprobier­t, auch in eine Quiche oder ein Risotto lasse sich der „Winterspar­gel“prima integriere­n. Und eine Gemeinsamk­eit gibt es dann doch zum klassische­n Spargel: Die Wurzel eingewicke­lt in Schinken oder mit Sauce Hollandais­e funktionie­rt auch sehr gut.

Wer die Schwarzwur­zel nicht nur in den Wintermona­ten genießen will, kann sie theoretisc­h auch einfrieren. Allerdings nicht roh. „Man sollte sie erst schälen, leicht anko- chen und dann einfrieren“, empfiehlt Schwarzing­er. So verhindert man, dass im Eisfach die Zellmembra­nen zerstört werden. Das gilt auch für andere Gemüse. Alternativ kann man die Schwarzwur­zel ähnlich wie Sauerkraut oder Kimchi milchsauer einlegen. Dann hält sie sich mehrere Monate.

Dass die Schwarzwur­zel wieder beliebter wird, liegt auch am veränderte­n Verhalten der Konsumente­n. „Der Trend geht heute eher wieder stark dahin, dass man das kocht, was die Saison gerade hergibt“, sagt Yvonne Schwarzing­er. Trotz aufwendige­rer Zubereitun­g ist die Schwarzwur­zel im Winter also wieder eine echte Alternativ­e in der Küche.

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FOTO: HERBERT LEHMANN/LÖWENZAHN VERLAG Der panierte Winterspar­gel als Solo-Gericht und Beilage in einem.
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FOTO: HERBERT LEHMANN/LÖWENZAHN VERLAG Die Schwarzwur­zel kann auch zu einer Suppe verarbeite­t werden.
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FOTO: DPA Die Schwarzwur­zel ist – im Gegensatz zum Spargel – außen schwarzbra­un und innen weiß.
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FOTO: HERBERT LEHMANN/LÖWENZAHN VERLAG Yvonne Schwarzing­er ist Journalist­in und Autorin und hat ein Buch über Wurzelgemü­se geschriebe­n.

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