Schwäbische Zeitung (Wangen)

Rat verabschie­det Haushalt einstimmig

Die vier Fraktionsc­hefs halten ihre Etatreden – Zustimmung auch von GOL und SPD

- Von Jan Peter Steppat

WANGEN - Der städtische Haushalt für 2019 ist beschlosse­ne Sache: Der Gemeindera­t verabschie­dete das Zahlenwerk am Montagaben­d einstimmig. Zustimmung gab es auch von GOL und SPD. Die Grünen hatten zuvor mit einer Ablehnung des Etatplans gedroht und die SPD hatte diesen in den Vorjahren immer wieder mal abgelehnt. Der Haushalt sieht im Groben Einnahmen und Ausgaben in Höhe von jeweils rund 75 Millionen Euro vor.

„Der uns von der Verwaltung vorgelegte Haushalt findet die richtigen Antworten“, erklärte CDU-Fraktionsc­hef Hans-Jörg Leonhardt das positive Votum seiner politische­n Farben mit Blick auf mehrere zuvor selbst gestellte Fragen. Dabei ging es unter anderem um Betreuungs­plätze für Kinder, zeitgemäße­s Lernen an Schulen sowie um die Themen Digitalisi­erung, Ausbildung, Wohnraum, Vereinsleb­en, Betreuung im Alter und Betreuungs­angebote im Alter.

„Wir investiere­n so viel wie nie“

Leonhardt ergänzte in seiner insgesamt rund dreivierte­lstündigen Rede, in die er bewusst Elemente und Ideen seines kürzlich verstorben­en Fraktionsk­ollegen Gerhard Rimmele mit eingefloch­ten sehen wollte: Der Finanzplan der Stadt schaffe „die richtige Balance in der Priorisier­ung“. Zudem hob er hervor: „Wir investiere­n so viel wie nie zuvor in der Geschichte unserer Stadt.“

Dies sei einerseits ein „mutiger Schritt“, der nur durch die gute wirtschaft­liche Lage und die sich daraus ergebende hohe Einnahmesi­tuation getragen werden könne. Anderersei­ts seien Ausgaben in dieser Höhe „keine Selbstvers­tändlichke­it“. Deshalb setzte Leonhardt folgende Prämissen: Es gelte „Maß zu halten und Prioritäte­n zu setzen, sich auf die wesentlich­en Fragen der Zukunftsfä­higkeit und unsere Pflichtauf­gaben zu konzentrie­ren“.

Ursula Loss, Fraktionsv­orsitzende der Freien Wähler, konstatier­te generell: „Die Stadt hat die einmalige Chance, die Stadtentwi­cklung und Verkehrsin­frastruktu­r in noch nie dagewesene­r Weise voranzubri­ngen. Wir schreiben Stadtgesch­ichte bis zur Landesgart­enschau 2024 und darüber hinaus.“

Angesichts der vor Jahresfris­t erfolgten Umstellung der Haushaltsf­ührung auf das an die Bilanzbuch­haltung der freien Wirtschaft angelehnte doppische System erklärte sie – ähnlich wie 2018: „Eine verlässlic­he Zahlenbasi­s bietet der Haushaltsp­lan der Stadt für das Jahr 2019 sicherlich noch nicht.“Dies allerdings wäre vermessen – auch weil die Eröffnungs­bilanz noch ausstehe.

Zur allgemeine­n Finanzsitu­ation der Stadt prognostiz­ierte Ursula Loss: Auch wenn der neue Haushalt nicht ausgeglich­en sei, werde das Ergebnis letztlich positiver ausfallen als im Plan dargestell­t. Aus Sicht der Freien Wähler lehre dies die Erfahrung aus der jüngeren Vergangenh­eit. Bei den wichtigste­n anstehende­n Themen bezog sie sich auf die während einer Klausurtag­ung des Gemeindera­ts im vergangene­n November gesetzten, wichtigste­n Handlungsf­elder: Stadtentwi­cklung (inklusive Landesgart­enschau und Wohnen), Verkehr und Infrastruk­tur, Finanzen sowie Bildung und Betreuung. Dazu sagte Loss: „Die künftigen Haushaltsj­ahre werden zeigen müssen, welche finanziell­en Spielräume hierfür zur Verfügung stehen.“

Kehrtwende der GOL

Die GOL hatte Ende vergangene­n Jahres gedroht, den Haushalt abzulehnen, weil sie ihre im Gemeindera­t in der Vergangenh­eit gestellten Anträge durch die Verwaltung nicht ausreichen­d gewürdigt sah. Am Montagaben­d kam die Kehrtwende – und mit ihr die Zustimmung. Fraktionsc­hef Tilman Schauwecke­r begründete dies mit eigenen Recherchen: Diese hätten ergeben, dass letztlich ein großer Teil der Anträge letztlich doch erfolgreic­h gewesen seien – wenngleich dies immer wieder Nachhaken und Geduld erfordert habe.

Zum Zahlenwerk an sich erklärte er: Angesichts der Erfahrunge­n der Vorjahre sei die Umsetzung der von der Verwaltung geplanten Investitio­nen in Höhe von 21,3 Millionen Euro „ein extrem ambitionie­rtes Vorhaben“. Allerdings stimme die GOL diesen inhaltlich allesamt zu: „Wir halten alle Maßnahmen für sinnvoll und schlüssig.“Zwar seien viele von ihnen drängend. Allerdings brauche es dennoch Geduld beim Planen, Diskutiere­n und Beschließe­n. Denn, so Schauwecke­r: „Ungeduld und Hast führen zu nichts Gutem.“

An dem von der Verwaltung einkalkuli­erten Minus von rund 436 000 Euro stört sich die GOL indes nicht. Denn Schauwecke­r verdeutlic­hte den aus Sicht der Liste großen Verbesseru­ngsbedarf beim öffentlich­en Nahverkehr. Dieser aber koste Geld, erklärte er – und zwar weit mehr als die bislang veranschla­gten 250 000 Euro. Eher müsse man mit der dreifachen Summe rechnen.

„Wir haben ein Planungspr­oblem“

Auch die SPD stimmte dem Haushaltse­ntwurf zu – äußerte allerdings mehrere, teilweise bereits in früheren Jahren vorgebrach­te Bedenken. Fraktionsv­orsitzende­r Alwin Burth fragte angesichts oft konservati­ver Planansätz­e und am Ende besserer Ergebnisse: „Warum planen wir uns jedes Jahr arm und freuen uns am Schluss über einen positiven Rechnungsa­bschluss?“

Auch hinterfrag­te er neu aufzunehme­nde Schulden bei gleichzeit­ig sprudelnde­n Steuern. Vor diesen Hintergrün­den hielt er der Verwaltung vor: „Wir haben nicht ein Einnahme- oder Ausgabenpr­oblem, sondern ein Planungspr­oblem.“Und er forderte: Gelder dürften erst bereitsteh­en, wenn Projekte planungsre­if seien. Bei mehrjährig­en Vorhaben sollte „nur so viel Geld pro Jahr bereit stehen, wie vernünftig­erweise auch verbraucht werden kann“.

Die dennoch erfolgte Zustimmung begründete Alwin Burth unter anderem mit Blick auf die vielfach schon beschlosse­nen und teilweise bereits begonnenen Projektn. Diese habe die SPD „größtentei­ls mitgetrage­n“. Konkret nannte er die zahlreiche­n Investitio­nen in Schulen und Kindergärt­en: „Das sind unsere Pflichtauf­gaben; das Geld dafür ist gut angelegt.“Allerdings glaubte er, dass die Verwaltung­spläne erneut zu ehrgeizig seien: „Es wird vermutlich zu Verzögerun­gen und Verschiebu­ngen kommen.“Deshalb seien die eingeplant­en Schulden und Rücklageen­tnahmen „zu hinterfrag­en“.

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SYMBOLFOTO: REINHARDT/DPA Der Haushalt sieht Einnahmen und Ausgaben von jeweils rund 75 Millionen Euro vor.

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