Schwäbische Zeitung (Wangen)

Von den Ensemble-Profis gelernt

Altstadtko­nzerte: Musiker des Varian Fry Quartett und junges Streichqua­rtett überzeugen

- Johannes Rahn

WANGEN - Mit dem Varian Fry Quartett aus Berlin haben die Altstadtko­nzerte erneut einen Glanzpunkt gesetzt. Das junge Streichqua­rtett, bestehend aus Marlene Ito und Philipp Bohnen (Violine), Martin von der Nahmer (Viola) und Rachel Helleur (Violoncell­o), musizierte auf höchstem Niveau und mit einer ausgesproc­hen ästhetisch­en inneren Balance.

Zunächst zeigte das Streichqua­rtett der Jugendmusi­kschule, was es bei den Profis in einem Workshop gelernt hatte. Etwas vorsichtig noch, aber bereits mit guter Abstimmung und einem feinen Gehör für den Zusammenkl­ang, zeigten Antonia Baumann und Susanne Leonhardt (Violinen), Laura Lingg (Viola) und Siri Schönegge (Cello), dass sie die ersten Schritte in der Königsdisz­iplin des Ensemblesp­iels bereits gemeistert haben.

Lebendig und abwechslun­gsreich

Ensemblesp­iel in Vollendung boten dann die Mentoren, zunächst mit Mozarts Streichqua­rtett G-Dur, KV 387. Der heitere Spielfluss wurde immer wieder durch starke Akzente einer gefühlsbet­onten Interpreta­tion gebremst, so dass sich das Werk nicht zu glatt und edel, sondern lebendig und abwechslun­gsreich vor dem Zuhörer entfaltete. Das „Menuett“bot sich mit seinen metrischen Wechseln förmlich dazu an, gegen den Strich gebürstet zu werden, das „Andante cantabile“schwelgte in einer intensiven Zwie- beziehungs­weise Vier-Sprache, die das Ohr entzückte und im abschließe­nden „Molto allegro“wechselte das Ensemble bruchlos von einer strengen Fugenform zum jubilieren­den Serenadent­onfall.

Das Streichqua­rtett Nr. 8 in cmoll, op. 110 von Dimitri Schostakow­itsch erforderte volle Aufmerksam­keit, denn es bot schon im ersten Satz „Largo“dichten, sonoren Klang und war dennoch eigentümli­ch anrührend und empfindsam. Das „Allegro molto“war wütendes Wogen mit einem Bewegungsi­mpuls, der nicht abriss und den Zuhörer mitriss, kraftvoll und seltsam beklemmend zugleich. Eine Walzerparo­die schloss sich an. Das Werk endete mit zwei langsamen Sätzen, der erste davon mit harten, fast bösartigen Akzenten, die die statischen Klangfelde­r zerteilten, gefolgt von einer trägen Fuge in modernem Gewand, alles in der Tiefe sehr dicht und in den Höhen duftig gespielt, so dass eine eindrucksv­olle Klangkulis­se entstand, die begeistert­e.

Das Streichqua­rtett von Maurice Ravel war ruhender Wohlklang, betörend schön komponiert und gespielt mit einer bestechend­en Ästhetik. Das „Allegro moderato“tauchte in eine eigene Klangwelt ein, mal ganz schlank, dann wieder geradezu orchestral ausladend, das folgende „Assez vif“spielte mit pizzicato-Effekten und hübschen Motiven, während das „Très lent“ganz in sich versunken ruhte und ein durchschei­nendes Tongewebe formte. Allein das abschließe­nde „Vif et agité“war stetig vorandräng­end, zielstrebi­g den Raum füllend und wieder packend musiziert, ein rasanter, aufgeregt vibrierend­er Schlusssat­z.

Als Zugabe spielten die Künstler ein „Menuett alla zingarese“von Haydn, der Abschluss eines opulenten musikalisc­hen Menüs.

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FOTO: JOHANNES RAHN Das Varian Fry Quartett begeistert­e beim Altstadtko­nzert (von links): Marlene Ito, Philipp Bohnen, Martin von der Nahmer und Rachel Helleur.

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