Keine Ideen und keine Ambitionen
Es darf ruhig mehr davon sein: mehr Zusammenarbeit, mehr Zusammengehörigkeitsgefühl, mehr deutsch-französische Freundschaft. Und warum soll klein geredet werden, was beileibe eine Schicksalsfrage ist? Das Verhältnis ParisBerlin ist nicht nur für Europa fundamental, es ist auch in Zeiten von irrlichternden Briten, eines Donald Trumps oder Wladimir Putins elementar für die Welt. Im Verhältnis dazu ist der Vertrag von Aachen zwischen Frankreich und Deutschland erschreckend einfallslos. So sinnvoll es ist, die grenzüberschreitende Infrastruktur zu verbessern und gemeinsamen Kitas weniger Bürokratie aufzubürden – Antworten auf die Herausforderungen der kommenden 20 bis 30 Jahre sind nicht zu finden.
Das Aachener Vertragswerk schreibt die erfolgreiche Kooperation der vergangenen Jahrzehnte auf Verwaltungsebene fort, ist aber frei von Ambitionen und Euphorie. Bei Angela Merkel wundert das nicht, bei Emmanuel Macron umso mehr. Beide hätten die jeweiligen Parlamente deutlich mehr einbeziehen müssen und nicht parallel an einem Vertragswerk arbeiten dürfen. Denn der Bundestag und die französische Nationalversammlung gehen viel weiter, als die jeweiligen Regierungen es wagen. Ein Beispiel? Die gewählten Volksvertreter wollen eine deutsch-französische Versammlung, die konkrete Initiativen und Forderungen aufstellen kann, mit denen sich dann die Parlamentarier in Paris und Berlin auseinandersetzen müssen. Auf diese Weise können Abgeordnete Druck in Richtung europäische Einigung ausüben.
Eine solche Versammlung wird sich weniger um die Busverbindungen in den Grenzregionen kümmern (so wichtig diese auch sind), sondern um die Fragen, wie sich beide Länder miteinander abgestimmt international aufstellen sollen. Stichworte sind hier: Sozialstandards, Digitalisierung, Unternehmenssteuern, gemeinsamer Wirtschaftsraum, Sicherheitspolitik.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble signalisierte kürzlich mehr Ehrgeiz als jetzt Merkel und Macron. Schade.