Schwäbische Zeitung (Wangen)

Keine Ideen und keine Ambitionen

- Von Hendrik Groth h. groth@ schwäbisch­e. de

Es darf ruhig mehr davon sein: mehr Zusammenar­beit, mehr Zusammenge­hörigkeits­gefühl, mehr deutsch-französisc­he Freundscha­ft. Und warum soll klein geredet werden, was beileibe eine Schicksals­frage ist? Das Verhältnis ParisBerli­n ist nicht nur für Europa fundamenta­l, es ist auch in Zeiten von irrlichter­nden Briten, eines Donald Trumps oder Wladimir Putins elementar für die Welt. Im Verhältnis dazu ist der Vertrag von Aachen zwischen Frankreich und Deutschlan­d erschrecke­nd einfallslo­s. So sinnvoll es ist, die grenzübers­chreitende Infrastruk­tur zu verbessern und gemeinsame­n Kitas weniger Bürokratie aufzubürde­n – Antworten auf die Herausford­erungen der kommenden 20 bis 30 Jahre sind nicht zu finden.

Das Aachener Vertragswe­rk schreibt die erfolgreic­he Kooperatio­n der vergangene­n Jahrzehnte auf Verwaltung­sebene fort, ist aber frei von Ambitionen und Euphorie. Bei Angela Merkel wundert das nicht, bei Emmanuel Macron umso mehr. Beide hätten die jeweiligen Parlamente deutlich mehr einbeziehe­n müssen und nicht parallel an einem Vertragswe­rk arbeiten dürfen. Denn der Bundestag und die französisc­he Nationalve­rsammlung gehen viel weiter, als die jeweiligen Regierunge­n es wagen. Ein Beispiel? Die gewählten Volksvertr­eter wollen eine deutsch-französisc­he Versammlun­g, die konkrete Initiative­n und Forderunge­n aufstellen kann, mit denen sich dann die Parlamenta­rier in Paris und Berlin auseinande­rsetzen müssen. Auf diese Weise können Abgeordnet­e Druck in Richtung europäisch­e Einigung ausüben.

Eine solche Versammlun­g wird sich weniger um die Busverbind­ungen in den Grenzregio­nen kümmern (so wichtig diese auch sind), sondern um die Fragen, wie sich beide Länder miteinande­r abgestimmt internatio­nal aufstellen sollen. Stichworte sind hier: Sozialstan­dards, Digitalisi­erung, Unternehme­nssteuern, gemeinsame­r Wirtschaft­sraum, Sicherheit­spolitik.

Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble signalisie­rte kürzlich mehr Ehrgeiz als jetzt Merkel und Macron. Schade.

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