Kretschmann sieht keine Europamüdigkeit
Kabinett verabschiedet in Brüssel Europaleitbild – Gigabitgeschwindigkeit bis 2025
BRÜSSEL (lsw) - Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht vor der Wahl zum EU-Parlament keinen Europaverdruss bei den Baden-Württembergern. Der Dialog mit zufällig ausgewählten Bürgern im vergangenen Jahr habe gezeigt, dass von Europamüdigkeit keine Rede sein könne, sagte er beim Neujahrsempfang der grün-schwarzen Landesregierung in Brüssel. Die Menschen erwarteten mehr von der Europäischen Union – aber an der richtigen Stelle.
So wünschten sich viele eine gemeinsame Außenpolitik und einen europäischen Außenminister. Die Forderungen flossen in ein Europaleitbild ein, das die Landesregierung an den scheidenden Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker übergab. Der Europaexperte der SPD im Landtag, Peter Hofelich, kritisierte, das Papier beinhalte viele Selbstverständlichkeiten – und wenig Neues.
Kretschmann glaubt, dass die Zahl der Europagegner in BadenWürttemberg gering ist – vermutlich liege der Anteil bei unter zehn Prozent. Nach seinen Worten soll das Europaleitbild der Landesregierung den proeuropäischen Wahlkämpfern als Selbstvergewisserung dienen. Die vielen Menschen, die sich für Europa engagierten, müssten ein Gefühl der Sicherheit haben, dass das, was sie vertreten, nicht nur die Meinung einer Minderheit sei. „Das Entscheidende ist, dass wir wissen: Eine große Mehrheit will das haben. Das beflügelt. Dann kann man als Wahlkämpfer auch überzeugen.“
Am Rande der Brüsseler Kabinettsklausur sprach Kretschmann auch über eine mögliche Einstufung der Maghreb-Staaten und Georgiens als sichere Herkunftsstaaten. Kretschmann machte dabei deutlich, dass Baden-Württemberg eine mögliche Zustimmung im Bundesrat zu der Einstufung an Bedingungen knüpft.
Abwarten bei Maghrebstaaten
Kretschmann sagte am Dienstag in Brüssel, ein entscheidender Punkt sei, wie künftig mit Asylanträgen etwa von Journalisten, Homosexuellen und religiösen Minderheiten aus diesen Ländern umgegangen werde. Ihre Anträge müssten so behandelt werden, als kämen diese Menschen nicht aus sicheren Herkunftsländern. Diese Zusicherung müsse Be- standteil des Gesetzgebungsverfahrens sein. Hier liege der grünschwarzen Landesregierung aber noch nichts vor.
Innenminister Thomas Strobl versprach in Brüssel, bis 2025 werde es in Baden-Württemberg flächendeckend Internetverbindungen mit einer Geschwindigkeit von mindestens 1 Gigabit pro Sekunde geben. Die Landesregierung will beim Ausbau nicht nur auf Glasfaser, sondern auf alle denkbaren Technologien setzen.
Nach wie vor gibt es im Südwesten viele ländliche Gebiete, in denen die Bürger nach wie vor auf schnelles Internet warten. Finden sich keine Telekommunikationsfirmen für den Ausbau, kann der Staat tätig werden und den Ausbau mit Bundes- und Landesmitteln fördern.