Auf Oscarkurs
Florian Henckel von Donnersmarck für Filmpreis nominiert – „Roma“und „The Favourite“sind die Favoriten
(dpa/KNA) - Der Gegensatz könnte nicht krasser sein: In dem in Schwarz-Weiß gedrehten Drama „Roma“erzählt Oscarpreisträger Alfonso Cuarón die sehr persönliche Geschichte einer Familie im Mexiko der 1970er-Jahre. In der Historien-Groteske „The Favourite“über Intrigen am Hof der britischen Queen Anne Stuart setzt der griechische Regisseur Yorgos Lanthimos dagegen auf schrille Farben und schräge Charaktere. Beide Filme sind mit zehn Nominierungen die diesjährigen Oscarfavoriten. Sie haben unter anderem Chancen auf Auszeichnungen in den Kategorien Bester Film, Kamera und Regie.
Insgesamt wurden am Dienstag acht Werke in der Top-Sparte „Bester Film“nominiert. Dazu gehören auch „BlacKkKlansman“, „Bohemian Rhapsody“, „A Star Is Born“, „Green Book“, „Vice: Der zweite Mann“und der Blockbuster „Black Panther“über schwarze Superhelden. Damit brachte es überhaupt zum ersten Mal in 91 Jahren Oscargeschichte eine Comicbuch-Verfilmung zu einer Nomi- nierung in der Spitzenkategorie des besten Werks.
Auch Deutschland hat bei der Oscargala am 24. Februar vielleicht Grund zum Jubeln. Mit dem Künstlerporträt „Werk ohne Autor“könnte der deutsche Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck den zweiten Auslandsoscar nach Deutschland holen – zwölf Jahre nach seinem Triumph mit dem Stasi-Drama „Das Leben der Anderen“. Der Film mit Tom Schilling, Sebastian Koch und Paula Beer ist mit „Capernaum“und „Cold War“unter den fünf Kandidaten in der Sparte nicht-englischsprachiger Film. Überraschend wurde außerdem der US-Kameramann Caleb Deschanel für seine Arbeit an „Werk ohne Autor“nominiert. Es herrsche „großer Jubel und Freude“, sagte der Schauspieler Sebastian Koch.
Auch Schwarze im Rampenlicht
Noch vor drei Jahren stand mit dem Twitter-Hashtag #OscarsSoWhite die mangelnde Vielfalt der Nominierten am Pranger. Eine Welle der Empörung über „weiße“Oscars wird es diesmal wohl nicht geben. Das schwarze Multitalent Spike Lee (61), als Regisseur, Produzent, Drehbuchautor für Filme wie „Malcom X“und „Inside Man“bekannt, holte mit dem Rassismusdrama „BlacKkKlansman“nun seine erste Oscarnominierung für die beste Regie. Diese Sparte ist wie so oft eine reine Männersache. Mit Lee sind unter anderem der Mexikaner Cuarón, der Grieche Lanthimos und der Pole Pawel Pawlikowski („Cold War“) im Rennen.
Hollywoodlegende Glenn Close (71) könnte mit ihrer Hauptrolle in „Die Frau des Nobelpreisträgers“ihren verdienten ersten Oscar holen. Darin spielt sie die geduldige Ehefrau eines Schriftstellers, die sich nach Jahren gegen den egoistischen Mann auflehnt. Es ist ihre siebte Nominierung, aber bisher ist sie immer leer ausgegangen. Lady Gaga („A Star Is Born“) oder die mexikanische DebütSchauspielerin Yalitza Aparicio („Roma“) könnten ihr den Sieg allerdings streitig machen.
Bei den Männern konkurrieren unter anderem Christian Bale, der für seine Rolle als der frühere US-Vizepräsident Dick Cheney in „Vice: Der zweite Mann“20 Kilo zunahm, mit den singenden Kollegen Bradley Cooper („A Star Is Born“) und Rami Malek als Freddie Mercury in „Bohemian Rhapsody“.
Berücksichtigt hat die Jury zudem eine sehenswerte Co-Produktion des SWR: „Of Fathers and Sons“, ein Film über einen Syrer, der seine Söhne zu radikalen Islamisten erzieht, ist als bester Dokumentarfilm nominiert. „Die Nominierung in dieser Königsdisziplin zeigt, was unser freier Rundfunk tagtäglich leistet: herausragenden Journalismus, wahrhaftige Information, hautnah erzählt“, so SWR-Intendant Peter Boudgoust.
Die Anwärter für die 91. Oscar-Gala stehen nun fest, offen ist dagegen der Ablauf der Show. Geht das Trophäen-Spektakel diesmal ohne Gastgeber über die Bühne? Nach dem Absprung des Komikers Kevin Hart als Moderator im Dezember hat die Oscarakademie noch keinen Nachfolger benannt. Mit oder ohne Moderator – die Show dürfte spannend werden.