Hymer-Skandal drückt die Stimmung
Geteilte Reaktionen bei den Mitarbeitern in Bad Waldsee
BAD WALDSEE - Die Hymer-Mitarbeiter sind am Montag schriftlich über die Finanzaffäre der Tochtergesellschaft der Erwin-Hymer-Gruppe in Nordamerika informiert worden. Die Geschäftsführung skizzierte den Angestellten die „Unregelmäßigkeiten im Betriebswesen“, wie es in der Mitarbeiterinformation heißt, und teilte die Entlassung gleich mehrerer Manager im kanadischen Kitchener mit. Die neuerlichen Diskussionen um die Zukunft des Bad Waldseer Wohnmobilherstellers lösen bei einigen Mitarbeitern Sorge aus.
Es ist eine turbulente Zeit für die Hymer-Belegschaft. Zuerst dominierten die Diskussionen über den möglichen Börsengang die Gesprä- che am Produktionsband, dann war von einem Mitgesellschafter die Rede, ehe plötzlich das Gerücht einer Mehrheitsbeteiligung durch die Flure und Gänge des Unternehmens kursierte. Etliche Mitarbeiter spielten die möglichen Szenarien im Kopf durch und bekamen beim Gedanken an eine Übernahme durch einen rücksichtslosen Finanzinvestor, eine sogenannte Heuschrecke, ein flaues Gefühl im Magen. Ein hörbares Aufatmen war nach der Verkündung der Übernahmepläne durch den USWohnmobilbauer Thor im Werk in Bad Waldsee zu vernehmen. Aufgrund des aktuellen Finanzskandals bei der Nordamerika-Tochter machen sich nun wieder Arbeitsplatzängste breit, wie mehrere Mitarbeiter hinter vorgehaltener Hand be- richten. Die Stimmung in der Belegschaft ist geteilt. Während die einen die Entwicklung weiter abwarten und bewusst keine voreiligen Schlüsse ziehen wollen, äußern die anderen Bedenken. Da wird von „Angst“und einer möglichen „Situation wie bei der Weltwirtschaftskrise im Jahr 2008“gesprochen. „Die Stimmung ist angespannt“, sagt ein Mitarbeiter, der wie alle anderen anonym bleiben möchte. Allen gemein ist, dass sie die Finanzaffäre bei der Hymer-Tochter nicht nachvollziehen können. „Das so etwas in der heutigen Zeit überhaupt passieren kann. Es gibt doch überall Prüf- und Kontrollinstanzen“, ist aus Mitarbeiterkreisen zu vernehmen. Einige Angestellte wünschen sich nach all den Diskussionen um ihren Arbeitgeber wieder ruhige- re Zeiten. Positiv hervorgehoben wird von mehreren Mitarbeitern die schnelle Informationspolitik der Geschäftsführung. Zwar seien lang nicht alle Fragen, die mit dem Schreiben aufgeworfen worden, beantwortet, „aber das war vielleicht zum aktuellen Zeitpunkt auch nicht möglich“, sagt einer. Die Arbeit gehe weiter wie bisher und von Angst sei nichts zu spüren, berichtet ein anderer.
Im Brief an die Mitarbeiter macht die Geschäftsführung indes deutlich, dass es ihr ein wichtiges Anliegen ist, die Situation in Nordamerika „vollständig aufzuklären“und schreibt außerdem: „Die EHG wird ihren Fokus auf ihre Produkte, Geschäftspartner und Kunden unverändert beibehalten.“