Stillstand beim Projekt Waldbad
Flora-Fauna-Habitat überlagert Bebauungsplan – Gemeinde Baienfurt hat Einwendungen erhoben
BAIENFURT - Es tut sich nichts beim Projekt Waldbad Baienfurt. Und es wird sich vorerst auch nichts tun. Auf konkrete Fragen zum Fortschritt des Projekts antwortete Projektleiter Klaus Ewel vom Investor „Betz und Weber Baupartner“(mit Büro in Markdorf) in einer E-Mail lediglich: „Aktuell gibt es keine weiteren Informationen oder Neuigkeiten.“Man wolle dann wieder informieren, wenn sich etwas tut. Seit 2016, als der Investor das Grundstück erworben hatte, herrscht nun Stillstand.
Im Herbst 2016 löste die Nachricht Begeisterungsstürme aus. Endlich hatte sich ein Investor gefunden, der das legendäre Waldbad im Dornröschenschlaf wach küssen will. Der Prinz kam, schlug sich im wahrsten Sinne durch das Dickicht des völlig eingewachsenen Waldbades an der Landesstraße 314 zwischen Baienfurt und Bergatreute, aber einen Kuss gab es noch nicht. Der wurde bisher nur angekündigt. Dornröschen wartet noch immer.
Gemeinde knüpft Kontakte
Eigentlich hätte im Optimalfall bereits Ende 2018 oder spätestens in diesem Jahr mit dem Bau begonnen werden sollen. So hatte es der Investor anfangs angekündigt. Aber dazu bräuchte es erst einmal einen Betreiber. Und der hätte eigentlich schon Ende 2017 samt Konzept dem Gemeinderat präsentiert werden sollen. Dieser Termin wurde dann auf Ostern aufgeschoben, doch auch dann tat sich nichts – bis heute. Auf die anfängliche Euphorie in der Region folgt die Ernüchterung. Ein Grund dafür ist sicherlich auch eine Richtlinie der Europäischen Union, nach der die Mitgliedsstaaten verpflichtet sind, sogenannte Flora-Fauna-Habitate (FFH-Gebite) auszuweisen. Das Land Baden-Württemberg hat dazu 2001 und 2005 auch eine Meldung erstellt, die auch das Gebiet des Waldbades umfasst, obwohl dort ein rechtsgültiger Bebauungsplan existiert. Sprich: Jetzt überlagert ein FFH-Gebiet den Bebauungsplan. Zurzeit befindet sich das Land in der Umsetzung der Richtlinie.
Dieses Problem kam ans Tageslicht, weil der Investor eine Änderung des bestehenden Bebauungsplans gewünscht wurde. Neben einem Hotelbetrieb mit Gastronomie sollten unter anderem Ferienwohnungen auf der 50 000 Quadratmeter großen Waldbadfläche möglich sein. Wie bereits berichtet, kann sich der Investor im Waldbad ein Vier-Sterne-Hotel mit bis zu 150 Betten plus Restaurantbetrieb vorstellen.
Baienfurts Bürgermeister Günter A. Binder spricht aber eher von einer Herausforderung als von einem Problem. Deshalb habe die Gemeinde Baienfurt mit Beschluss des Gemeinderats den Konflikt von FFH-Gebiet und Bebauungsplan prüfen lassen – losgelöst von einem Bauantrag. „Wir sind kooperativ und haben uns deswegen des Themas Naturschutz angenommen. Wir haben auch Interesse an der Infrastruktur“, sagt Binder. Und die Antwort, die vom zuständi- gen Regierungspräsidium Tübingen Anfang Dezember eintraf und auch dem Gemeinderat vorliegt, stifte laut Bürgermeister Binder Hoffnung. Die Botschaft laute: Die Tür steht offen. „Man kann Lösungen finden. Man muss sich nur mit den Behörden zusammensetzen und dann über die Punkte sprechen“, meint Binder. Schließlich müssen naturschutzrechtliche Fragen immer berücksichtigt werden – auch wenn ein Projekt nicht im FFH-Gebiet liegt. „Wir haben Einwendungen erhoben, aber weiter gehen wir nicht. Es ist ja nicht unser Betrieb.“Darüber hinaus hat die Gemeinde Baienfurt bereits begonnen, Kontakte in die Hotelbranche zu knüpfen.
Waldbad ist weithin bekannt
Das Baienfurter Waldbad ist weit über die Gemarkungsgrenzen der Gemeinde als „Klein Paris“bekannt. Vor allem wegen seiner extravagant ausgestatteten Räume, Salonmusik, rauschenden Feste und Tanz im Glaspalast ist das Waldbad noch heute in vielen Anekdoten lebendig, die seit 2016 in Baienfurt und im restlichen Schussental wieder erzählt werden. Erinnerungen von damals, verknüpft mit einem neuen Investor, ließen das Schussental träumen. Der Bergatreuter Heimatkundler Paul Sägmüller hat ein kleines Buch mit alten Fotografien, Postkarten und Geschichten rund um das Waldbad zusammengestellt, herausgebracht und im September 2017 im Waldbad im Rahmen einer Feier vorgestellt. Er selbst war als kleiner Junge oft im Waldbad. Auch eine Fotoausstellung zum Thema hat im Baienfurter Rathaus schon stattgefunden.
Erstmals erwähnt wurde das Bad laut Sägmüller bereits im 15. Jahrhundert. Allerdings musste es in den 1970er-Jahren schließen und versank im Dornröschenschlaf. 1992 wurde schon einmal ein Wiederbelebungsversuch gestartet, der letztlich aber gescheitert ist. Das war kurz nachdem der Glaspalast abgebrannt war. Damals wurde auch der noch heute gültige Bebauungsplan aufgestellt. Der Gemeinderat hat seinerzeit über ein Sportleistungszentrum samt Tennis- und Schwimmhalle sowie ein 100-Betten-Hotel mit weiterer öffentlicher Nutzung des Waldbad-Sees diskutiert. Als Investoren waren die Landesversicherungsanstalt und die Metzgereigenossenschaft Ravensburg im Gespräch. Bis zuletzt wohnte Eckhart Rittler im Hauptgebäude des Waldbads.
Dass wieder Leben im Waldbad einkehrt, wünscht sich auch die Baienfurter Narrenzunft „Waldbadhexen“, die gerade jetzt, zur Fasnetszeit, den Namen des Bades wieder in ganz Oberschwaben ins Gedächtnis zurückrufen.
Wie das einst so beliebte Baienfurter Waldbad heute aussieht, zeigt ein 360-Grad-Rundgang von Marlene Gempp aus dem Jahr 2017: www.schwäbische.de/ waldbad- baienfurt