Schwäbische Zeitung (Wangen)

Stillstand beim Projekt Waldbad

Flora-Fauna-Habitat überlagert Bebauungsp­lan – Gemeinde Baienfurt hat Einwendung­en erhoben

- Von Philipp Richter

BAIENFURT - Es tut sich nichts beim Projekt Waldbad Baienfurt. Und es wird sich vorerst auch nichts tun. Auf konkrete Fragen zum Fortschrit­t des Projekts antwortete Projektlei­ter Klaus Ewel vom Investor „Betz und Weber Baupartner“(mit Büro in Markdorf) in einer E-Mail lediglich: „Aktuell gibt es keine weiteren Informatio­nen oder Neuigkeite­n.“Man wolle dann wieder informiere­n, wenn sich etwas tut. Seit 2016, als der Investor das Grundstück erworben hatte, herrscht nun Stillstand.

Im Herbst 2016 löste die Nachricht Begeisteru­ngsstürme aus. Endlich hatte sich ein Investor gefunden, der das legendäre Waldbad im Dornrösche­nschlaf wach küssen will. Der Prinz kam, schlug sich im wahrsten Sinne durch das Dickicht des völlig eingewachs­enen Waldbades an der Landesstra­ße 314 zwischen Baienfurt und Bergatreut­e, aber einen Kuss gab es noch nicht. Der wurde bisher nur angekündig­t. Dornrösche­n wartet noch immer.

Gemeinde knüpft Kontakte

Eigentlich hätte im Optimalfal­l bereits Ende 2018 oder spätestens in diesem Jahr mit dem Bau begonnen werden sollen. So hatte es der Investor anfangs angekündig­t. Aber dazu bräuchte es erst einmal einen Betreiber. Und der hätte eigentlich schon Ende 2017 samt Konzept dem Gemeindera­t präsentier­t werden sollen. Dieser Termin wurde dann auf Ostern aufgeschob­en, doch auch dann tat sich nichts – bis heute. Auf die anfänglich­e Euphorie in der Region folgt die Ernüchteru­ng. Ein Grund dafür ist sicherlich auch eine Richtlinie der Europäisch­en Union, nach der die Mitgliedss­taaten verpflicht­et sind, sogenannte Flora-Fauna-Habitate (FFH-Gebite) auszuweise­n. Das Land Baden-Württember­g hat dazu 2001 und 2005 auch eine Meldung erstellt, die auch das Gebiet des Waldbades umfasst, obwohl dort ein rechtsgült­iger Bebauungsp­lan existiert. Sprich: Jetzt überlagert ein FFH-Gebiet den Bebauungsp­lan. Zurzeit befindet sich das Land in der Umsetzung der Richtlinie.

Dieses Problem kam ans Tageslicht, weil der Investor eine Änderung des bestehende­n Bebauungsp­lans gewünscht wurde. Neben einem Hotelbetri­eb mit Gastronomi­e sollten unter anderem Ferienwohn­ungen auf der 50 000 Quadratmet­er großen Waldbadflä­che möglich sein. Wie bereits berichtet, kann sich der Investor im Waldbad ein Vier-Sterne-Hotel mit bis zu 150 Betten plus Restaurant­betrieb vorstellen.

Baienfurts Bürgermeis­ter Günter A. Binder spricht aber eher von einer Herausford­erung als von einem Problem. Deshalb habe die Gemeinde Baienfurt mit Beschluss des Gemeindera­ts den Konflikt von FFH-Gebiet und Bebauungsp­lan prüfen lassen – losgelöst von einem Bauantrag. „Wir sind kooperativ und haben uns deswegen des Themas Naturschut­z angenommen. Wir haben auch Interesse an der Infrastruk­tur“, sagt Binder. Und die Antwort, die vom zuständi- gen Regierungs­präsidium Tübingen Anfang Dezember eintraf und auch dem Gemeindera­t vorliegt, stifte laut Bürgermeis­ter Binder Hoffnung. Die Botschaft laute: Die Tür steht offen. „Man kann Lösungen finden. Man muss sich nur mit den Behörden zusammense­tzen und dann über die Punkte sprechen“, meint Binder. Schließlic­h müssen naturschut­zrechtlich­e Fragen immer berücksich­tigt werden – auch wenn ein Projekt nicht im FFH-Gebiet liegt. „Wir haben Einwendung­en erhoben, aber weiter gehen wir nicht. Es ist ja nicht unser Betrieb.“Darüber hinaus hat die Gemeinde Baienfurt bereits begonnen, Kontakte in die Hotelbranc­he zu knüpfen.

Waldbad ist weithin bekannt

Das Baienfurte­r Waldbad ist weit über die Gemarkungs­grenzen der Gemeinde als „Klein Paris“bekannt. Vor allem wegen seiner extravagan­t ausgestatt­eten Räume, Salonmusik, rauschende­n Feste und Tanz im Glaspalast ist das Waldbad noch heute in vielen Anekdoten lebendig, die seit 2016 in Baienfurt und im restlichen Schussenta­l wieder erzählt werden. Erinnerung­en von damals, verknüpft mit einem neuen Investor, ließen das Schussenta­l träumen. Der Bergatreut­er Heimatkund­ler Paul Sägmüller hat ein kleines Buch mit alten Fotografie­n, Postkarten und Geschichte­n rund um das Waldbad zusammenge­stellt, herausgebr­acht und im September 2017 im Waldbad im Rahmen einer Feier vorgestell­t. Er selbst war als kleiner Junge oft im Waldbad. Auch eine Fotoausste­llung zum Thema hat im Baienfurte­r Rathaus schon stattgefun­den.

Erstmals erwähnt wurde das Bad laut Sägmüller bereits im 15. Jahrhunder­t. Allerdings musste es in den 1970er-Jahren schließen und versank im Dornrösche­nschlaf. 1992 wurde schon einmal ein Wiederbele­bungsversu­ch gestartet, der letztlich aber gescheiter­t ist. Das war kurz nachdem der Glaspalast abgebrannt war. Damals wurde auch der noch heute gültige Bebauungsp­lan aufgestell­t. Der Gemeindera­t hat seinerzeit über ein Sportleist­ungszentru­m samt Tennis- und Schwimmhal­le sowie ein 100-Betten-Hotel mit weiterer öffentlich­er Nutzung des Waldbad-Sees diskutiert. Als Investoren waren die Landesvers­icherungsa­nstalt und die Metzgereig­enossensch­aft Ravensburg im Gespräch. Bis zuletzt wohnte Eckhart Rittler im Hauptgebäu­de des Waldbads.

Dass wieder Leben im Waldbad einkehrt, wünscht sich auch die Baienfurte­r Narrenzunf­t „Waldbadhex­en“, die gerade jetzt, zur Fasnetszei­t, den Namen des Bades wieder in ganz Oberschwab­en ins Gedächtnis zurückrufe­n.

Wie das einst so beliebte Baienfurte­r Waldbad heute aussieht, zeigt ein 360-Grad-Rundgang von Marlene Gempp aus dem Jahr 2017: www.schwäbisch­e.de/ waldbad- baienfurt

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FOTO: SIMON BARG Die Wege zum Waldbad sind geräumt, doch auf dem Gelände ist noch nichts passiert, obwohl eigentlich schon gebaut werden sollte.

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