Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Wir kämpfen zurzeit um jeden einzelnen Punkt“

Kaweh Niroomand, der Manager von Meister Berlin Volleys, vor dem Spitzenspi­el gegen den VfB Friedrichs­hafen

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BERLIN - Es ist und bleibt das Duell der Giganten, der „Clasico“der Volleyball-Bundesliga. Wenn sich heute Abend ab 19.10 Uhr (Sport1 und sporttotal.tv) die Berlin Volleys und der VfB Friedrichs­hafen gegenübers­tehen, werden knapp 7000 Fans in die Max-Schmeling-Halle am Prenzlauer Berg pilgern – unbeeindru­ckt davon, dass der Motor bei den beiden dominieren­den Mannschaft­en der letzten Jahrzehnte noch lange nicht rund läuft. Beide Mannschaft­en verloren drei von zwölf Bundesliga­partien, die Berliner mussten zudem öfter in den Tiebreak, haben als Tabellendr­itter mit 26 Punkten zwei weniger als die Häfler – die wiederum einen Platz hinter den Alpenvolle­ys Haching stehen. „Es ist lange her, dass es in dieser Begegnung nicht um den ersten Platz gegangen ist“, sagt Friedrichs­hafens Trainer Vital Heynen. „In der Liga sind die Alpenvolle­ys derzeit der Favorit. Wir spielen um Platz zwei.“Christian Schyma hat vor dem Spiel des VfB in Berlin mit Kaweh Niroomand, dem Manager der Berlin Volleys gesprochen, ob er das ähnlich sieht.

Herr Niroomand, Sie haben gesagt, es gäbe jede Menge Stellschra­uben, an denen bei den Volleys gedreht werden müsste. Wieso kommt die Mannschaft so schwer in Tritt?

Ich denke schon, dass wir einen guten Kader mit namhaften Spielern zusammenge­stellt haben. Aber es ist das eingetrete­n, was ich befürchtet habe. Das lag an der kurzen Vorbereitu­ngszeit, auch am Verletzung­spech. Zudem spielt in Berlin vielleicht auch der psychologi­sche Druck eine Rolle, mit dem Umfeld, den Zuschauern und der Halle. Das weckt eine Erwartungs­haltung, der nicht alle gerecht werden. Jeder ist zurzeit mit sich selbst beschäftig­t, anstatt eine Führungsro­lle zu übernehmen. Am Trainer mache ich die Situation aber nicht fest, er ist ein absoluter Fachmann.

Die Liga ist an der Spitze momentan so spannend wie nie, sechs Teams liegen eng beisammen. Nur eine Schwächeph­ase der Volleys und des VfB – oder ein allgemeine­s Ende der Dominanz?

Sicherlich eine Mischung aus beidem. Der VfB hatte ebenfalls zuletzt großes Verletzung­spech, auch das ist ein Grund, warum die beiden Top-Teams etwas schwächeln. Wir mussten zudem sieben neue Spieler einbauen. Aber die anderen Mannschaft­en haben auch zugelegt, sich gut verstärkt und eine Konstanz in ihren Kader bekommen – wie Lüneburg, die Alpenvolle­ys und Düren. Der Liga tut die Ausgeglich­enheit gut.

Klaus-Peter Jung, der Geschäftsf­ührer der Volleyball-Bundesliga, sieht die momentane Spannung an der Spitze auch als ein positives Er- gebnis des sogenannte­n Masterplan­s. War es das richtige Mittel, um die Liga voranzubri­ngen?

Der Masterplan hat gewisse Rahmenbedi­ngungen vorgegeben, damit einiges auch in der Infrastruk­tur besser läuft und die Hallen ein einheitlic­heres Niveau haben. Gleichzeit­ig hat er verhindert, dass jedes Jahr ein anderer Club in die roten Zahlen fällt. Aber er hat nichts damit zu tun, dass einige Mannschaft­en jetzt auf einem höheren Niveau spielen.

Es soll bald einen Ligapartne­r geben. Könnte das der Liga noch mal einen Schub geben, gerade den Teams in der zweiten Tabellenhä­lfte?

Der Ansatz ist falsch, dass Teams aus den unteren Tabellenre­gionen dadurch vielleicht mehr Geld bekommen. Ich predige seit Jahren, dass man Volleyball anders präsentier­en muss, um ihn interessan­t für das Fernsehen zu machen. Man muss ein Event daraus machen und dafür auch viel Geld in die Hand nehmen. Mehr Show macht das Produkt insgesamt attraktive­r. Der Push muss von den Vereinen vor Ort kommen, dann können sie auch potentiell­en Sponsoren etwas vorweisen. Und das erhöht wieder die Live-Übertragun­gen im Fernsehen. Man muss Volleyball qualitativ auf eine andere Stufe stellen.

Auch in den vergangene­n Spielzeite­n brauchten die Volleys oftmals eine gewisse Zeit, um auf Touren zu kommen. Da könnten Sie also jetzt ganz entspannt sein ...

In der vergangene­n Saison hatten wir noch ganz andere Spielertyp­en, eine andere Spielergen­eration. Die war play-off-erfahren und wusste, wann es darauf ankommt, seine Form zu erreichen. Nun haben wir eine andere Ausgangsla­ge mit einer jungen Mannschaft. Wir kämpfen zurzeit um jeden einzelnen Punkt.

Die Zuschauerz­ahlen sind mit einem Schnitt von 5000 immer noch phänomenal, auch wenn es zuletzt gegen Giesen einige Pfiffe gab. Merkt man den Unmut der Fans, sind die Pfiffe berechtigt?

Unser Zuschauers­chnitt ist kontinuier­lich gestiegen, aber um das Marketing rund um unsere Heimspiele voranzutre­iben, geben wir auch viel Geld aus. Man muss ein gewisses System der Attraktivi­tät um die Mannschaft herum aufbauen. Da haben die Vereine bislang viel verpasst – auch der VfB. Der Unmut der Fans über unsere Leistung zuletzt war aber verständli­ch und auch nachvollzi­ehbar. Es war teilweise eine Zumutung.

Was erwarten Sie vom Spiel gegen den VfB, wird es wieder ein Duell der Giganten – auch vom spielerisc­hen Niveau her?

Wenn beide Teams aufeinande­rtreffen, ist es immer ein riesiges Spektakel. Das wird es auch heute sein, trotz des momentanen HandballBo­oms. Die Kulisse wird passen, das Rahmenprog­ramm auch. Eine Prognose, in welche Richtung das Spiel läuft, wage ich diesmal aber nicht abzugeben.

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FOTO: DPA Im Oktober in Hannover hatte der Berliner Block ( re.) den Angriffen der Häfler Volleyball­er im Supercup- Finale nur wenig entgegenzu­setzen. Adrian Aciobanite­i, hier im Angriff, und Co siegten 3: 1.

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