Windräder vor Lichtenstein stören den Denkmalwert nicht
Verwaltungsgericht Sigmaringen sieht durch geplante Energieanlagen keine Beeinträchtigung des Schlosses
LICHTENSTEIN - Der mögliche Bau von fünf Windkraftanlagen beim Schloss Lichtenstein beeinträchtigt nicht dessen Wert als Denkmal. Diesen Beschluss hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen am Freitag verkündet. Ob es aber wirklich zum Bau der Windräder kommen kann, bleibt noch ungeklärt.
Der Streit um den Windpark schwelt seit fünf Jahren. Die Anlagen sollen etwa drei Kilometer entfernt von dem berühmten, am Albtrauf gelegenen Schloss entstehen. Das Landratsamt Reutlingen sowie das Regierungspräsidium Tübingen sehen darin aber einen gewichtigen Schaden für Lichtenstein. Bei ihm handele es sich um ein Gesamtkunstwerk aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von zentraler Bedeutung für die württembergische Geschichte. Gemeint ist damit, dass Schloss und Landschaft harmonisch zusammengefügt worden seien. Die Windräder würden dieses Gefüge zerstören, weil man sie von diversen Sichtachsen in Richtung Lichtenstein sehen könne. Deshalb hatte das Landratsamt bereits 2016 den Bau der Anlagen untersagt.
Das Regierungspräsidium teilt die Haltung der Behörde. Der unter anderem für den Denkmalschutz zuständige Abteilungspräsident Tobias Schneider betont die „weit überdurchschnittliche, herausgehobene und identitätsstiftende Stellung als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung“.
Auf der anderen Seite steht Sowitec, der Projektentwickler des Windparks. Die lokale Firma hatte gegen das Nein geklagt. Sie war bereits von seinen ursprünglichen Plänen von zwölf Windrädern abgewichen. Fünf sollten es aber nun doch werden.
Richterlicher Ortstermin
Um sich selber ein Bild machen zu können, war schließlich die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Sigmaringen am Donnerstag extra für eine Sitzung in die Gemeinde Lichtenstein gekommen. Zusätzlich begab sich das Gericht zu einigen relevanten Aussichtspunkten. Wie sich aus dem Urteil ergibt, hat es die Rechtshaltung der klagenden Firma Sowitec übernommen – wobei die Urteilsbegründung noch aussteht. Klar formuliert heißt es aber: Der Aspekt des Denkmalschutzes stehe einer Genehmigung nicht entgegen.
„Wir freuen uns natürlich“, sagt Harald Rudolph, Geschäftsführer von Sowitec. Er betont jedoch: „Das ist ein Etappensieg, mehr nicht.“Mit anderen Worten: Der Streit ist noch lange nicht entschieden. Auf einen Punkt macht das Verwaltungsgericht ausdrücklich aufmerksam. So seien nun vom zuständigen Landratsamt Fragen des Naturschutzes zu klären. Dies war bisher unterlassen worden, weil die Behörde bereits eine Verletzung des Denkmalschutzes gesehen hatte. Rudolph erwähnt in diesem Zusammenhang, dass dabei wohl Rotmilane ein Thema sein dürften. In jüngster Vergangenheit hatte es im Bereich der geplanten Anlagen einen Horst gegeben.
Neben dem Naturschutz hängt das Windkraftprojekt aber auch von der weiteren Haltung des Landratsamtes und des Regierungspräsidiums ab. Schon bei der Sitzung am Donnerstag war deutlich geworden, dass deren Vertreter bei einer Niederlage vor die nächsthöhere Instanz ziehen wollen. Dies wäre der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim. In einer Pressemitteilung vom Freitag betonen beide Behörden, dass die richterliche Entscheidung für sie „unerwartet ausgefallen“sei. Dort will man nun auf das Zusenden der Urteilsbegründung in einigen Wochen warten. Nach deren Prüfung soll über ein weiteres Vorgehen entschieden werden.