Wo Männer Schutz vor Gewalt finden
Stuttgart bietet Wohnungen, in denen männliche Gewaltopfer Zuflucht finden
STUTTGART (lsw) - Wohin, wenn einen die Partnerin schlägt und demütigt? In Stuttgart finden Betroffene seit etwas mehr als einem Jahr vorübergehend eine sichere Bleibe: in einer der wenigen Schutzwohnungen für Männer.
Beim Stichwort häusliche Gewalt denken viele nur an Frauen als Opfer. In den meisten Fällen stimmt das auch, zeigt die Statistik. Doch es gibt auch Männer, die unter den Schlägen des Partners leiden. In Stuttgart können sie in einer Schutzwohnung unterkommen.
Fünf Betroffene haben seit Ende 2017 dort Zuflucht gesucht, wie die Sozialberatung Stuttgart mitteilt. Bei ihr ist das Projekt angesiedelt. Demnach handelt es sich um das einzige Angebot dieser Art für Männer in Baden-Württemberg. Auch bundesweit gebe es nur einige wenige weitere Zufluchtsstätten, etwa in Leipzig und Dresden.
17 Prozent der Opfer männlich
„Nach Anlaufschwierigkeiten wird die Schutzwohnung inzwischen gut angenommen“, sagt Tobias Kurrle, der bei der Sozialberatung zuständig für das Projekt ist. „Es hat gedauert, bis sich das Angebot herumgesprochen hat.“So zog der erste Mann erst Mitte Juni 2018 ein – mehr als ein halbes Jahr nach Projektstart.
Bis zu zwei Männer können gleichzeitig in der Wohnung leben. Die Bleibe soll einen Ausweg aus einer akuten Notsituation bieten, eine langfristige Bleibe ist sie nicht. Im Schnitt sollen Männer dort zwischen drei bis maximal sechs Monate leben können. Bisher bekam die Sozialberatung 14 Anfragen.
Überwiegend sind es Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt werden. Doch auch Männer finden sich in der Statistik wieder. Nach Informationen des Innenministeriums gab es 2017 rund 12 000 registrierte Taten. Davon waren in 2100 Fällen Männer betroffen – mehr als 17 Prozent. Dabei muss nicht immer eine Frau die Täterin sein. Auch aus homosexuellen Partnerschaften fliehen Männer vor ihren Lebensgefährten, wie einer der Fälle in der Stuttgarter Schutzwohnung zeigt.
Mit Kindern geflohen
Nicht allein gegen die Männer richten sich die gewalttätigen Übergriffe: So sind in Stuttgart zwei Männer mit ihren Kindern in die Schutzwohnung eingezogen. „In beiden Fällen waren auch die Kinder Gewalt ausgesetzt, und die Männer wollten nicht ohne sie zu Hause ausziehen“, sagt Tobias Kurrle. Prinzipiell ist das Projekt bewusst auch für solche Fälle ausgelegt. Doch die Wohnsituation sei für Familien nicht ideal, räumt der Sozialarbeiter ein. „Wir würden gerne eine Wohnung mit Kinderzimmer anbieten, entsprechende Räume waren aber einfach nicht aufzutreiben.“
Die Männerschutzwohnung ist ein Angebot der Stadt Stuttgart und richtet sich daher in erster Linie an ihre Bürger.
In Ausnahmen werden aber durchaus auch Männer aus anderen Teilen des Landes Baden-Württembergs in den geschützten Räumen aufgenommen.