ZF bricht eine Lanze für den Hybrid
Der Automobilzulieferer fährt in China die Produktion eines Getriebes für konventionelle und hybride Antriebe hoch
SCHANGHAI - Die zeitliche Nähe ist Zufall, inhaltlich passt der Schritt aber zur aktuellen Diskussion über den Automobilantrieb der Zukunft wie die Faust aufs Auge: Der Zulieferer ZF Friedrichshafen hat bekannt gegeben, seinen Verkaufsschlager 8HP, ein Acht-Gang-Automatikgetriebe, künftig auch in China zu fertigen. Dem Land, das wie kein zweites auf die Elektrifizierung setzt – und damit eigentlich auf Autos ohne Getriebe.
Hinter der Entscheidung steckt die Einschätzung des Konzerns, dass die Hybridtechnologie (also das Zusammenspiel von elektrischem Antrieb und klassischem Verbrennungsmotor) weit mehr ist als eine Brückentechnologie auf dem Weg zum reinen Fahren mit Batterie. Unter dem Schlagwort „Volkshybrid“wirbt ZF-Chef Wolf-Henning Scheider seit Monaten für die technischen Lösungen seines Unternehmens und dafür, über die Zukunft des automobilen Antriebs technologieoffen zu diskutieren. Er hat in der Frage die meisten Kollegen seiner Branche in Deutschland neben sich, steht aber im Gegensatz zu VW-Chef Herbert Diess, der sein Unternehmen auf eine rein elektrische Zukunft einschwört.
Offenbar setzen auch chinesische Hersteller nicht ausschließlich auf EAntriebe. Denn ZF vermeldet für die im Frühsommer in einer Fabrik bei Schanghai anlaufende 8HP-Produktion bereits vier feste Kunden, 2020 sollen sechs weitere dazukommen. Das Getriebe gibt es in einer klassischen Variante für reine Verbrennungsmotoren, mit einem Mild-Hybrid (einem unterstützenden E-Motor etwa zum Anfahren) und einem Plug-in-Hybrid, der elektrisches Fahren auch auf längeren Strecken ermöglicht. Laut Stefan von Schuckmann, Leiter der ZF-Division PkwAntriebstechnik, wird die neueste Generation des 8HP elektrische Reichweiten bis zu 100 Kilometer ermöglichen und damit 75 Prozent der Fahrten abdecken. Die Folge: 75 Prozent Prozent seiner Geschäfte im Reich der Mitte mit chinesischen Herstellern. Tendenz: steigend. 48 Prozent des Umsatzes erzielt ZF in Europa, 27 Prozent in Nordamerika. In China arbeiten 15 000 Menschen für ZF, an 40 Standorten in 24 Städten. Jeder Zehnte ist ein Ingenieur, der Konzern würde ihre Zahl im größten und dynamischsten Automarkt der Welt gern kurzfristig auf 2500 erhöhen. (mh) weniger Schadstoffausstoß am Auto, 75 Prozent weniger Spritkosten. „Wie erleben eine extreme Nachfrage nach diesem Produkt“, sagte von Schuckmann bei einer Pressekonferenz in Shanghai. Dies sicher auch deshalb, weil alle Varianten des Produkts die gleiche Baugröße haben, Autohersteller also an der Konfiguration ihrer Fahrzeuge nichts ändern müssen, egal ob sie ein Getriebe mit oder ohne Hybrid verbauen. Ein Premiumfahrzeug mit 8HP-Plug-in-Hybrid verursacht aktuell nach Angaben des Konzerns einen CO2-Ausstoß von 37 Gramm pro Kilometer, mit der reinen Verbrennervariante liegt der Wert bei 152 Gramm. Mit der Hybridlösung können also auch Umweltziele erreicht werden, ohne dass zwingend flächendeckende Ladeinfrastruktur aufgebaut wird. Zudem ist die benötigte Batterie erheblich kleiner und damit billiger als bei einem reinen EAntrieb.
Die Umrüstung der Getriebefabrik in Shanghai kostet ZF rund 70 Millionen Euro. Ziel ist es mittelfristig auch bis zu 80 Prozent der Komponenten direkt in China zu fertigen. Der Verkaufsschlager 8HP, der vor allem in größeren Fahrzeugen zu finden ist, wird bislang schon in Saarbrücken, in Grey Court (USA) und Eger (Ungarn) gebaut. In Saarbrücken laufen jährlich 2,7 Millionen Stück vom Band, in Amerika 340 000 und in Ungarn 31 000. In Schanghai können laut ZF nach jetzigem Stand 400 000 Stück pro Jahr gefertigt werden, ein Ausbau auf bis zu 800 000 wäre möglich.