Landwirte gegen neue Gülleverordnung
Landwirte sehen durch Gülleverordnung ihre Existenz bedroht
Sie fürchten dann um ihre Existenz und haben eine Initiative gegründet.
KISSLEGG - „Was einer nicht schafft, das schaffen viele“: Bei der ersten Veranstaltung der „Initiative für eine sinnvolle Güllewirtschaft“wollten mehr als 170 Interessierte wissen, wie insbesondere kleinere landwirtschaftliche Betriebe den Geboten und Verboten der neuen Düngeverordnung (DüVo) gemeinsam entgegentreten können. Der Saal des Gasthofs „Ochsen“platzte aus allen Nähten. Warum die Landwirte ihre Gülle weiterhin mit sogenannten Breitverteilern auf die Felder bringen wollen und Vorbehalte gegenüber der bodennahen Ausbringung haben, wurde mit klaren Worten dargelegt.
Wilfried Müller, Biobauer aus Kißlegg und Hauptredner der Veranstaltung, berichtete von einem Termin beim Landwirtschaftsamt in Biberach: „Ich musste immer wieder sagen, dass ich das so nicht umsetzen kann, weil ich Grünland habe, einen Heumilchbetrieb – und keinen Ackerbau.“Ihm sei gesagt worden: „Es werden einige Betriebe auf der Strecke bleiben. So wie sie.“Die Suche nach Unterstützung sei sehr schwierig, so Müller. „Wenn ich zu den Grünen geh’ und sag’, dass ich Biobauer bin, dann wird mir der rote Teppich ausgerollt.“Aber: „Wenn ich sag’, dass ich übers Pschütten reden will, muss ich schnell hochjucken, weil sie den roten Teppich wieder wegziehen.“
Es geht auch um Feinstaub
Grundlage für die neue DüVo sei eine EU-Vorgabe, die besagt, dass der Ammoniakausstoß in Deutschland 550 Kilotonnen pro Jahr nicht überschreiten soll. Aktuell sind es weit über 700 Kilotonnen. Ammoniak ist gefährlich, weil es zur Feinstaubbildung führt. Müller zeigte Grafiken der deutschen Umwelthilfe, die darstellen, wie Ammoniak über landwirtschaftlichen Flächen aufsteigt und über Städten als Feinstaub absinkt. „Jetzt ist es aber so, dass wir im Winter ja gar nichts ausbringen dürfen – wenn die in dem Zeitraum also Feinstaubalarm haben, liegt’s nicht an uns.“, sagte Müller.
Die Ist-Situation sieht er wie folgt: „Die Politik wird die Verbote nicht lockern. Das ist nicht möglich. Genauso unmöglich ist es allerdings, die bodennahe Ausbringung im Grünland flächendeckend umzusetzen.“Deshalb gehe es darum, eine praxistaugliche Umsetzung zu erreichen.
Der Referent hatte als Vorbereitung auf den Abend etliche Studien gelesen und kritisiert die wissenschaftlichen Methoden. Gemessen werde der Ammoniakausstoß mit Laptops und Sensoren. „Das geht bei optimalem Güllewetter gar nicht, weil es dann nieselt oder taut.“Wenn man bei absoluter Trockenheit misst, sei der Ammoniakausstoß nachweislich am höchsten – die Ergebnisse seien folglich realitätsfern.
„Studien sind unbrauchbar“
Müllers Schlussfolgerung: „Diese Studien auf die sich der Gesetzgeber stützt, sind absolut unbrauchbar, sie entsprechen nicht unserer guten fachlichen Praxis mit optimalem Güllewetter.“Alle Studien besagten jedoch, dass Verdünnen der Gülle mit Wasser in gleichen Teilen bereits zu einer Ammoniakreduktion von 50 Prozent führe. „Das tun wir doch eh alle“, rief ein Landwirt dazu in den Saal und erntete Zustimmung.
Kritisiert wurde auch, dass die Gülle auf den Feldern, wenn sie mit einem sogenannten Schleppschuh – also mit vielen Schläuchen – ausgebracht wird, ungleich verteilt sei. „Das kann gar nicht die bessere Düngemethode sein, sonst gäbe es ja einen Mehrertrag.“Vielmehr sei es bei dieser ab 2025 vorgeschriebenen Methodik so, dass den Landwirten die Nährstoffe „durch Abwaschung und Ausdünstung abhauen“. Der natürliche Kreislauf werde folglich nicht geschlossen.
Außerdem sorgen sich die Bauern um die Futterqualität und die Gesundheit ihrer Tiere: „Die Güllewürste, die diese Schläuche ziehen, will ich nicht auf dem Futter meiner Tiere haben“, sagte ein Landwirt.
Der Tenor des Abends: Die „gute fachliche Praxis“ist das Beste für Umwelt und Ertrag, aber bisher leider kein Argument, das politisch greift. In der anschließenden Diskussion gab es eine Wortmeldung, die als Aufruf zum Widerstand verstanden werden könnte: „Warum sind wir eigentlich immer so blöd und setzten alles um, was man uns sagt? Wir können doch auch im Jahr 2025 einfach mit gutem Gewissen so weitermachen wie jetzt.“Im Saal gab es dafür viel Jubel und Applaus.