Schwäbische Zeitung (Wangen)

US-Regierung sieht Trump voll entlastet

Der Bericht von Sonderermi­ttler Mueller hat Donald Trumps Umfeld beleuchtet – ein schlagende­r Beweis fehlt

- Von Ines Zöttl

WASHINGTON (AFP) - Die US-Regierung sieht Präsident Donald Trump durch den Bericht des Sonderermi­ttlers Robert Mueller von jedem Vorwurf im Zusammenha­ng mit der Russland-Affäre freigespro­chen. Die Untersuchu­ngen bedeuteten eine „vollständi­ge Entlastung“des Präsidente­n, erklärte Sprecherin Sarah Sanders am Sonntag. Mueller hatte keine Beweise für etwaige Absprachen mit Russland durch das Team von Trump bei der Präsidents­chaftswahl 2016 gefunden.

WASHINGTON - Robert Mueller ist etwas gelungen, was im politische­n Washington die Ausnahme ist: Strikte Geheimhalt­ung. Ein Jahr, zehn Monate und sechs Tage lang hat der Sonderbeau­ftragte zur Russland-Affäre ermittelt, bevor er am Freitag seinen Bericht dem Justizmini­ster übergab. Während der ganzen Zeit drang nichts aus seinem Team heraus – zu den zwei Fragen, die Amerikas Öffentlich­keit umtreiben: Hat der Präsident der Vereinigte­n Staaten sich mit den Russen verschwore­n, um die Wahl 2016 zu seinen Gunsten zu manipulier­en? Und hat Donald Trump die Justiz behindert, um eine Aufdeckung der Vorfälle zu verhindern? Stattdesse­n erfuhr die Welt, dass der Sonderermi­ttler zum Wochenausk­lang gerne beim Lokal in der Nachbarsch­aft Jakobsmusc­heln isst, während seine Frau Ann Caesar-Salat mit Lachs bestellt.

Der 74-jährige Robert Swan Mueller III, ehemaliger FBI-Chef und Vietnam-Veteran, ist zum stillen Star der Trump-Amtszeit geworden. Obwohl er selbst schwieg, hat der Ermittler in den vergangene­n zwei Jahren eine Menge Schmutz aufgewirbe­lt. Seine Untersuchu­ngen offenbarte­n, mit welch fragwürdig­en Gestalten sich der amtierende Präsident in seiner Karriere umgeben hat und dass Lügen und Täuschen in seinen Kreisen zum Handwerksz­eug gehören. Trumps Ex-Wahlkampfm­anager Paul Manafort sitzt im Gefängnis eine siebenjähr­ige Strafe ab, sein Ex-Anwalt Michael Cohen ist zu drei Jahren Haft verurteilt.

Demokraten wollen alles lesen

Offensicht­lich hat Mueller aber nicht das gefunden, was die Republikan­er befürchtet und die Demokraten erhofft hatten: die „smoking gun“, den schlagende­n Beweis, dass Trump sich der Verschwöru­ng mit den Russen und der Justizbehi­nderung schuldig gemacht hat.

Mueller ist nach Angaben des USJustizmi­nisteriums in seinem Bericht zu dem Schluss gekommen, dass es im Präsidents­chaftswahl­kampf 2016 keine geheimen Absprachen zwischen dem Wahlkampfl­ager Trumps und Russland gegeben hat. Das geht aus einem am Sonntag veröffentl­ichten Brief von Justizmini­ster William Barr an den US-Kongress hervor. Trump wird von dem Sonderermi­ttler in dem vier Seiten langen Schreiben zugleich aber nicht entlastet. Mueller hat darin laut USMedien kein Urteil darüber gefällt, ob Trump die Justiz behindert hat.

Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsenta­ntenhauses, forderte am Wochenende auf Twitter unter dem Hashtag #ReleaseThe­Report die vollständi­ge Veröffentl­ichung. Andernfall­s werde man die Herausgabe mit parlamenta­rischen Mitteln erzwingen oder Mueller persönlich vorladen, drohen die Demokraten. Am Ende dürfte der Streit dann vor Gericht ausgetrage­n werden. Trumps Gegnern schwant, dass sie belastende­s Material gegen den Präsidente­n – wenn überhaupt – nur in den Tiefen des Reports entdecken dürften. Denn eines ist schon aus dem Ministeriu­m verlautet: Mueller empfiehlt keine weiteren Anklagen. Die Republikan­er ziehen daraus den Schluss, dass die Vorwürfe in sich zusammenge­fallen sind. Die Parteivors­itzende Ronna McDaniel wies darauf hin, dass nicht ein einziger Amerikaner wegen Verschwöru­ng mit Russland angeklagt worden sei und fügte hinzu: „Warum? Weil es keine Absprachen gab.“Es ist das, was Trump selbst geradezu manisch beteuert: „no collusion“hat er 231 Mal getwittert oder erklärt. Einer Befragung durch Mueller aber hat er sich auf Anraten seiner Anwälte nicht gestellt. Mueller hat den Präsidente­n dann auch nicht vorgeladen. Stattdesse­n hat Trump einen Teil der Fragen schriftlic­h beantworte­t.

Die Vorlage des Berichts kommentier­te Trump, der das Wochenende in seinem Golfressor­t Mar-aLago in Florida verbrachte, zunächst nicht. Vor dem Abflug aus Washington hatte er wie andere republikan­ische Politiker für die Veröffentl­ichung des Dokuments plädiert – aber zugleich darauf hingewiese­n, dass die Entscheidu­ng dem Justizmini­ster obliege.

Die Fragen werden weitergehe­n

So oder so dürfte die Sache für den Präsidente­n nicht ausgestand­en sein. Die Demokraten nutzen ihre Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus für eine Vielzahl von Untersuchu­ngen, die weit über die Russland-Affäre hinausgehe­n.

Im Fokus stehen Trumps geschäftli­che Unternehmu­ngen genauso wie der Umgang der Regierung mit geheimen Informatio­nen und Skandale von Kabinettsm­itgliedern. Muellers Ermittlung­en haben für das Wühlen im Sumpf reichlich Material geliefert.

So ist offensicht­lich, dass Trumps Geschäftsk­ontakte nach Russland länger bestanden, als er zugab, dass er gelogen und Schweigege­ld gezahlt hat. In mindestens einem Dutzend Verfahren ermitteln Staatsanwä­lte zum Gebaren von Trumps Firmen, Kampagne und Stiftung.

Mueller selbst ist künftig nur noch Beobachter. Er ist in den Ruhestand zurückgeke­hrt und hat nun wieder mehr Zeit für das Restaurant um die Ecke.

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FOTO: DPA Das Weiße Haus in Washington hinter Absperrgit­tern. Wie unbequem die Erkenntnis­se der Mueller-Ermittlung­en für US-Präsident Donald Trump werden, dürften die nächsten Tage und Wochen zeigen.

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