Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mein Freund, der Kühlschran­k

- untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Die enge Beziehung zwischen Mensch und Kühlschran­k hat natürlich damit zu tun, dass Kühlschrän­ke keine blöden Bemerkunge­n machen, wenn der Mensch nächtens im Schlafanzu­g die Schokolade, die da immer hinter dem Eierkarton versteckt ist, herausholt. Da summt er bloß verständni­svoll und dimmt sein Licht sanft herunter, sodass der Schlaftrun­kene nicht in die grelle Wirklichke­it dieses kalorienre­ichen Möbels zu blicken braucht.

„Jeder Kühlschran­k ist eine kleine Welt/und das Gefrierfac­h ist sein Himmelszel­t“, hat vor Jahrzehnte­n der Musikkabar­ettist Jörg Maurer gezwitsche­rt, bevor er sich auf das Verfassen von Alpenkrimi­s verlegte. Das ändert freilich wenig an der frostigen Freundscha­ft zwischen Mann und Kühlmaschi­ne. Unglücklic­herweise wird das digitale Zeitalter auch dieses Verhältnis in Zukunft komplizier­ter machen. Kühl-Gefrierkom­binationen, die Multitalen­te moderner Küchen, sind inzwischen vernetzt. Es ist gegenwärti­g bereits möglich, dass der Kühlschran­k Lebensmitt­el selbststän­dig nachbestel­lt.

Die künstliche Intelligen­z könnte am Ende dafür sorgen, dass der Kühlschran­k auch mitbestimm­t, was eingekauft wird. Denn wenn er sich mit der Personenwa­age seines Besitzers vernetzt und Informatio­nen über vorherrsch­endes Übergewich­t erlangt, könnte er sogar den nächtliche­n Griff hinter den Eierkarton zur Schokolade einfach dadurch unterbinde­n, indem er die Tür verriegelt.

Bei dieser Vorstellun­g läuft es nicht nur altmodisch­en Kühlschrän­ken kalt die Rückwand herunter. Wahre Freunde machen sowas einfach nicht.

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FOTO: COLOURBOX Von diesem Kühlschran­k geht keine Gefahr aus.

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