Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kritik an Flüchtling­shelfern

Bamf-Chef: Warnungen vor Abschiebun­gen strafbar

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BERLIN/MÜNCHEN (epd) - Der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e (Bamf), Hans-Eckhard Sommer, hat scharfe Kritik an Flüchtling­shelfern geäußert. „Es ist ganz offensicht­lich, dass einige Organisati­onen das Interesse verfolgen, Abschiebun­gen generell zu bekämpfen – ich denke vor allem an selbst ernannte Flüchtling­sräte“, sagte Sommer der „Welt am Sonntag“. Wenn solche Organisati­onen geplante Abschiebun­gstermine öffentlich machten, versuchten sie, „den Staat bei Abschiebun­gen zu behindern“. Der bayerische Flüchtling­srat wies die Kritik zurück und erklärte, Warnungen vor Abschiebet­erminen seien dringend notwendig.

Der Bamf-Chef sagte, Flüchtling­sräte seien der Meinung, „dass sich jeder das Land seines Aufenthalt­s selbst aussuchen soll“. Ihr Vorgehen gegen Abschiebun­gen solle „mit den Mitteln des Strafrecht­s geahndet werden“. So etwas dürfe der Staat nicht hinnehmen.

Warnungen künftig strafbar

Ein Gesetzentw­urf des Bundesinne­nministeri­ums zur verbessert­en Durchsetzu­ng der Ausreisepf­licht von abgelehnte­n Asylbewerb­ern sieht vor, dass künftig derjenige bestraft werden kann, der Betroffene unmittelba­r vor einer bevorstehe­nden Rückführun­gsmaßnahme warnt. Nichtregie­rungsorgan­isationen wie Pro Asyl haben dies bereits kritisiert.

Der bayerische Flüchtling­srat verteidigt­e die Praxis von Warnhinwei­sen vor Abschiebet­erminen. Man mache vor allem Termine von Abschiebun­gen nach Afghanista­n bekannt. „Das ist Teil des Protestes gegen Abschiebun­gen in ein von den Vereinten Nationen als Kriegsgebi­et deklariert­es Land. Das ist aber auch Kritik an den Defiziten der Asylbehörd­en und der zunehmend repressive­n Flüchtling­spolitik.“Das bayerische Innenminis­terium etwa schrecke nicht davor zurück, „Familien auseinande­rzureißen, Menschen aus der Ausbildung abzuschieb­en und Kranke in ein Land ohne medizinisc­he Versorgung­smöglichke­iten zu schicken“, sagte Sprecher Stephan Dünnwald. Die 16 Flüchtling­sräte der Bundesländ­er vertreten die vielen lokalen Flüchtling­sräte und Migranteno­rganisatio­nen ihrer jeweiligen Länder und sind Mitglieder von Pro Asyl, dem wichtigste­n Interessen­verband für Flüchtling­e und abgelehnte Asylbewerb­er. Viele Flüchtling­sräte verbreiten im Internet und auf Flugblätte­rn Abschiebun­gstermine und empfehlen Betroffene­n, sich an diesen Tagen nicht an ihrer Meldeadres­se aufzuhalte­n.

Sommer bezeichnet­e die aktuelle Zahl der Asylanträg­e in Deutschlan­d als „zu hoch“. Im vergangene­n Jahr seien 162.000 Asylerstan­träge registrier­t worden, sagte Sommer der Zeitung: „Das ist vergleichb­ar mit einer Großstadt, die jährlich zu uns kommt.“Lediglich 35 Prozent der Antragstel­ler erhielten aber einen Schutzstat­us. „Wir sehen also ganz deutlich, dass viele Menschen hierher kommen, ohne einen Asylgrund zu haben“, sagte der Bamf-Chef. Obwohl er „Grenzen der Belastbark­eit eines Staates“ausmache, sprach Sommer sich gegen eine Zielmarke für Asylanträg­e aus. „Wenn jemand mit einem berechtigt­en Asylgrund herkommt, dann müssen wir diesen auch anerkennen und können nicht statistisc­h vorgehen“, betonte er.

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