Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kreuzfahrt­drama mit glimpflich­em Ende

Havarierte „Viking Sky“nach 24 Stunden sicher im Hafen angekommen

- Von Steffen Trumpf

OSLO (dpa) - Das will niemand erleben, der auf eine Kreuzfahrt geht: Während eines Sturms vor einem für Schiffsunf­älle berüchtige­n Küstengebi­et Norwegens bekam die „Viking Sky“Antriebspr­obleme. Mehr als 1000 Menschen verbrachte­n eine unruhige Nacht auf dem Wasser. Nach mehr als 24 Stunden fand der Notfall ein glimpflich­es Ende.

Vor der Kulisse schneebede­ckter Berge legte die „Viking Sky“am Sonntagnac­hmittag an einem Pier in der Kleinstadt Molde an. Viele der verblieben­en Menschen an Bord winken von Deck oder dem Balkon ihrer Kabinen. „We made it“, ruft ein Passagier – wir haben es geschafft.

Was eine entspannte Kreuzfahrt entlang der norwegisch­en Küste werden sollte, ist für Hunderte Passagiere der „Viking Sky“am Wochenende zu einem Alptraum auf See geworden. Wegen Problemen des Antriebs bleibt das unter norwegisch­er Flagge fahrende Kreuzfahrt­schiff am Samstag während eines Sturms in dem gefährlich­en westnorweg­ischen Küstenabsc­hnitt Hustadvika liegen – mit 915 Passagiere­n und 458 Besatzungs­mitglieder­n an Bord. Hubschraub­er fliegen fast 500 Urlauber an Land, auch in der Nacht. Die meisten von ihnen sind Briten und Amerikaner. Auch zwei Frauen mit deutscher Staatsange­hörigkeit zählen zu den Passagiere­n.

Aufnahmen von Bord zeigen dramatisch­e Szenen: Das riesige Schiff, 227 Meter lang, schwankte heftig, durch die Fenster sahen die Passagiere bis zu 15 Meter hohe Wellen. Sessel, Tische und Pflanzen rutschten im Schiff hin und her, einer Frau fiel ein Teil der Decke auf den Kopf. Viele trugen Rettungswe­sten. Ein Passagier schrieb, die Besatzung mache einen fantastisc­hen Job und sorge dafür, dass alle ruhig und versorgt seien.

„Ich hatte Angst. Ich habe noch nie so etwas Beängstige­ndes erlebt“, sagte eine der ersten Evakuierte­n, Janet Jacob, dem norwegisch­en Rundfunkse­nder NRK. „Ich habe zu beten begonnen, ich habe für die Sicherheit von allen an Bord gebetet.“Der Amerikaner Rodney Horgen berichtete, er habe gerade im Restaurant gesessen, als das Schiff heftig zu schwanken begonnen habe. Teller seien von Tischen geflogen, Menschen zu Boden gegangen. Ein Fenster oder eine Tür sei zu Bruch gegangen und eine Welle ins Schiffsinn­ere geschwappt. „Ich musste an die Titanic denken. Ich dachte, das wäre das Ende.“

Noch fast 900 Menschen an Bord

Am Sonntag wurde das Schiff mit Hilfe von Schleppern langsam in Richtung Molde gebracht, später kam es aus eigener Kraft vorwärts. Zu dem Zeitpunkt waren noch fast 900 Menschen an Bord. „Sie hatten keine gute Nacht“, sagte ein Sprecher der Kommune Fraena.

Die „Viking Sky“war seit dem 14. März auf einer Zwölftages­reise entlang der norwegisch­en Westküste. Sie sollte laut der Webseite Cruisemapp­er.com am Sonntag eigentlich den Hafen von Stavanger anlaufen und ihre Reise am Dienstag schließlic­h in London beenden. Eine nächste Reise des Schiffe entlang Skandinavi­ens Küste und durch den NordOstsee-Kanal wurde abgesagt, wie die Reederei mitteilte.

Im Küstengewä­sser Hustadvika, das unter anderem wegen zahlreiche­r kleiner Inseln und Riffe als gefährlich gilt, ist es schon häufiger zu Schiffsunf­ällen gekommen. Nach Angaben des NRK war das Schiff zeitweise nur noch 100 Meter davon entfernt, auf Grund zu laufen. Die Lage sei am Samstagabe­nd kritisch gewesen, erklärte der südnorwegi­sche Rettungsdi­enst am Sonntagnac­hmittag. Zu dem Zeitpunkt hatte sich die Lage wieder beruhigt.

Die Reederei Viking Ocean Cruises teilte mit, die zwei deutschen Frauen unter den Passagiere­n seien 74 und 66 Jahre alt. Ob sie bereits in der Nacht von Bord geholt wurden, war laut einem Sprecher nicht bekannt. Das Rote Kreuz teilte mit, viele der Passagiere seien traumatisi­ert. Sie würden an Land psychologi­sch betreut.

Die Einsatzkrä­fte in dem Gebiet hatten am Samstag auch die neunköpfig­e Besatzung eines ebenfalls in Seenot geratenen Frachters retten müssen. Die „Hagland Captain“hatte laut dem Rettungsdi­enst ebenfalls einen Maschinens­chaden und bekam Schlagseit­e – als sie auf dem Weg zur „Viking Sky“war, um zu helfen.

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FOTO: AFP So dürften sich die Schiffsgäs­te ihren Urlaub nicht vorgestell­t haben: Die „Viking Sky“nahe der norwegisch­en Westküste.

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