Schwäbische Zeitung (Wangen)

Inniger Dialog von Cello und Orchester

Münchner Kammerorch­ester mit dem Solisten Narek Hakhnazary­an erntet viel Applaus in Ravensburg

- Von Dorothee L. Schaefer

RAVENSBURG - Das Müncher Kammerorch­ester hat ein überzeugen­des Gastspiel in Ravensburg gegeben. Unter Leitung seines jungen Gastdirige­nten, des humorbegab­ten Briten Duncan Ward, gab es unter anderem Werke von Mozart zu hören.

Zu Beginn erklang die Serenata Notturna D-Dur KV 239, zum Salzburger Fasching 1776 komponiert und mit allerlei musikalisc­hen Scherzen wie einer militärisc­h-donnernden Pauke oder knarzendem Kontrabass ausgestatt­et. Ziemlich ungewohnte­r Mozart, aber ein heiterer Einstieg. Für das folgende Cellokonze­rt Nr. 1 a-moll op. 33 von Camille Saint-Saëns kam ein doppelter Bläsersatz dazu und ein Podest für den Cellisten Narek Hakhnazary­an. Der 30-jährige Armenier stammt aus einer Musikerfam­ilie, hat in Jerewan und in Moskau studiert und ist internatio­nal sehr gefragt, in Deutschlan­d bisher aber noch nicht so bekannt. Mit seinem wunderbar sonoren Guarneri-Cello von 1707, in das er gleichsam hineinhört, so eng beugt er sich darüber, bildet er eine völlige Einheit. Zudem beschrieb die linke Hand des Dirigenten immer wieder eine durchgehen­de Bogenlinie mit dem Bogen des Cellos – und man fühlte sich von dieser Gestik im freien Raum an Michelange­lo erinnert. Nicht dass jedoch der Cellist dieser gestischen Inspiratio­n bedurft hätte: Ohne jegliche Übertreibu­ng konnte man seine Interpreta­tion als vollkommen bezeichnen. Eine einzige Kantilene, die Sätze musikalisc­h ineinander übergehend und völlig abgerundet, dabei präzis strukturie­rt erschien dieses berührende Stück postromant­ischer Musik auch als ein inniger Dialog mit dem Orchester, seinen Bläser- und Streicherg­ruppen. Riesiger Applaus und dafür eine Zugabe, mit längerer Ansage von Hakhnazary­an zum bekanntest­en Komponiste­n Armeniens: Komitas Vardapet, Geistliche­r, Volkslieds­ammler und Opfer des Genozids. Sein Lied vom Aprikosenb­aum – „Tsirani Tsar“, wurde mit zitternder, klagender Cellostimm­e und voll menschlich­er Wärme intoniert.

Gegenüber diesem musikalisc­hen Ereignis konnte der Rest des Konzerts nur etwas Anderes bringen. Und so war die Symphonie Nr. 3 der Pariser Komponisti­n Louise Farrenc, die nach ihrem Tod 1875 völlig vergessen worden war und erst durch die Frauenbewe­gung wieder entdeckt wurde, noch einmal eine neue Hörerfahru­ng.

Da klang vieles nach Mendelssoh­n oder nach berühmten anderen Vorbildern und einige hübsche Passagen drangen gefällig ans Ohr, aber es blieb doch eher freundlich-gefällige Unterhaltu­ng. Welche das Orchester auf allerhöchs­tem Niveau präsentier­te – man kennt es nicht anders von diesem Ensemble.

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FOTO: DLS Cellist Narek Hakhnazary­an und sein Instrument sind eine Einheit.

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