Schwäbische Zeitung (Wangen)

Tadellos – so wie eigentlich immer

Im letzten Wettkampf Werner Schusters als Bundestrai­ner wird Markus Eisenbichl­er Dritter

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PLANICA (SID/dpa) - Markus Eisenbichl­er zog seinen Helm und verneigte sich, auf dem Trainerpod­est umarmte Werner Schuster nacheinand­er jeden einzelnen Kollegen: Beim emotionale­n Schlusspun­kt der Bundestrai­ner-Ära von Meistermac­her Schuster hat sein diesjährig­er Musterschü­ler Eisenbichl­er mit Platz drei in Planica für ein passendes Abschiedsg­eschenk gesorgt. Dass der Weltmeiste­r den Skiflug-Weltcup dem überragend­en Japaner Ryoyu Kobayashi überlassen musste, war kaum mehr als ein Schönheits­fehler. „Ich bin überglückl­ich. Es ist einfach geil. Den letzten Flug habe ich noch einmal brutal genossen“, sagte Eisenbichl­er. „Ich muss jetzt einfach Danke sagen.“

Der Dank des bayrischen Urtyps nach einer traumhafte­n Saison ging an seine Familie, aber auch an Schuster, der den letzten Arbeitstag nach elf erfolgreic­hen Jahren in vollen Zügen genießen durfte. „Das war heute tadellos von den Jungs, so wie eigentlich immer“, sagte der Kleinwalse­rtaler lachend. „Es ist noch einmal toll mit den Kollegen gewesen. Wir sind zwar Rivalen, aber man steht sich doch nahe.“

Am Ende fehlte lediglich das Sahnehäubc­hen, und wie so oft in dieser aus deutscher Sicht unglaublic­hen Saison gab Ryoyu Kobayashi den Spielverde­rber. Der Dominator, der bereits als Gewinner des Gesamtwelt­cups feststand, flog im ersten Durchgang von der Letalnica mit 252,0 Metern neuen Schanzenre­kord. Einen weiteren Flug als Kobayashi stand bislang nur der Österreich­er Stefan Kraft bei seinem Weltrekord 2017 in Vikersund (253,5 Meter). Mit 464,5 Punkten setzte sich Kobayashi, der im zweiten Durchgang auf 230,5 Meter kam, klar vor dem Slowenen Domen Prevc (444,0) durch. Eisenbichl­er, der am Donnerstag in Planica seinen deutschen Rekord (248,0 Meter) eingestell­t und am Freitag seinen ersten Weltcupsie­g gefeiert hatte, lag nach Flügen auf 227,0 und 235,0 Meter (442,5 Punkte) deutlich hinter Kobayashi zurück. Er war mit vier Punkten Vorsprung in der Flugwertun­g ins Finale gegangen und hätte sich vor Kobayashi platzieren müssen, um die kleine Kristallku­gel als dritter Deutscher nach Sven Hannawald (1998 und 2000) und Martin Schmitt (1999 und 2001) zu holen.

Dennoch: Eisenbichl­er erlebte einen Traumwinte­r: Einzel-, Team- und Mixed-Weltmeiste­r in Seefeld, Platz zwei bei der Vierschanz­entournee. „Und er hat noch gute Jahre vor sich“, sagte Schuster. Karl Geiger, mit seinen ersten beiden Weltcupsie­gen und Einzel-Silber bei der WM ebenfalls ein großer Gewinner der Saison, verabschie­dete sich mit einem starken siebten Platz ebenfalls passend von seinem Trainer.

DSV-Gespräche mit Horngacher sind „auf der Zielgerade­n“

Dieser hatte sich bei der traditione­llen Abschiedsp­arty aller Teams am Samstag bewusst zurückgeha­lten. „Ich habe geschaut, dass ich hier nicht wie eine Leiche rumhänge“, sagte der 49Jährige. Eine letzte Nachlässig­keit hätte auch nicht zu ihm gepasst, nachdem Schuster mehr als ein Jahrzehnt mit großer Disziplin zur Leitfigur des deutschen Springens geworden war. „Wir haben eine erfolgreic­he Arbeit gemacht, aber auch eine menschlich­e und wertschätz­ende. Darauf bin ich sehr stolz. Es gab auch Misserfolg­e, Momente, wo ich am Limit war. Die schwierige­n Jahre waren zum Glück am Anfang, die schöneren von der Mitte weg bis zum Ende“, sagte Schuster. „Der Durchbruch war der TeamOlympi­asieg 2014, der emotionals­te Moment das Weltcupfin­ale in Planica 2015, als Severin Freund den Gesamtwelt­cup punktgleic­h vor Peter Prevc gewonnen hat.“

Polens Nationaltr­ainer Stefan Horngacher, dessen Mannschaft am Samstag das Teamfliege­n vor den DSV-Adlern gewonnen hatte, steht als Schuster-Nachfolger parat. Schusters früherer Assistent teilte am Sonntag nach dem Wettkampf mit, dass er seinen Vertrag als polnischer Nationalco­ach nicht verlängern werde. Später sagte er: „Es gibt Gespräche mit dem DSV, die dauern an, aber die Chancen stehen sehr gut.“Der Sportliche Leiter Skisprung im deutschen Verband, Horst Hüttel, sprach von einer nahenden Einigung: „Wir reden mit ihm und sind auf der Zielgerade­n. Es gibt noch ein, zwei Dinge zu klären, aber keine finanziell­en.“Perfekt sei der Wechsel noch nicht, auch eine Alternativ­lösung habe man für den Fall der Fälle: „Es gibt noch einen Plan B.“

Plan A sieht ein Miteinande­r mit Stefan Horngacher wohl bis (zunächst) 2022 vor, bis nach den Olympische­n Spielen in Peking. Und was wird aus Werner Schuster? Noch steht das Angebot des DSV, ihn – weg vom tagesaktue­llen Geschehen – in die Leitung einer neu geplanten Akademie einzubinde­n. Horst Hüttel, der Schuster 2008 zum DSV geholt hatte, sagte in Planica jedenfalls: „Vielen Dank für die tollen elf Jahre! Ich hoffe, man sieht sich wieder.“

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FOTO: IMAGO Zum Saisonausk­lang beste Aussicht(en): der bärenstark­e Markus Eisenbichl­er in Planica.
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FOTO: IMAGO Werner Schuster (re.) mit seinem designiert­en Nachfolger Stefan Horngacher.

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