Bombendrohungen
Evakuierungen in mehreren deutschen Städten – Der Hintergrund bleibt bisher unklar
Rathäuser in Augsburg und weiteren Städten geräumt
BERLIN/RAVENSBURG (dpa/sz) - In mehreren deutschen Städten sind Rathäuser, Verwaltungsgebäude und auch ein Kindergarten nach DrohNachrichten evakuiert worden. Die Einrichtungen waren am Dienstagvormittag über mehrere Stunden lahmgelegt, nach und nach gab es am Mittag Entwarnung. Gefunden wurde nichts. Betroffen waren Augsburg, Göttingen, Kaiserslautern, Chemnitz, Neunkirchen im Saarland und Rendsburg in Schleswig-Holstein.
In Augsburg gab es nach einer Gewaltandrohung einen Großeinsatz der Polizei, das Rathaus wurde evakuiert, Straßenbahnlinien, die über den Rathausplatz fahren, wurden gestoppt. Verwaltungsgebäude und Bürgerbüros der Stadt wurden evakuiert, teilte ein Stadtsprecher mit. Insgesamt seien etwa 500 Menschen von den Evakuierungen betroffen gewesen. Gegen 11 Uhr gab die Polizei für das Rathaus und zwei benachbarte Gebäude aber Entwarnung. Bei der Durchsuchung der Gebäude sei kein gefährlicher Gegenstand gefunden worden.
Seit Monaten gibt es eine deutschlandweite Serie von Drohschreiben mutmaßlicher Rechtsextremer an Politiker, Behörden oder Gerichte. Die Berliner Staatsanwaltschaft, die federführend ermittelt, spricht inzwischen von deutschlandweit mehr als 100 Fällen. Ob die Fälle vom Dienstag damit in Zusammenhang stehen, war aber zunächst offen.
„Offener Charakter“soll bleiben
Auch bei den Stadtverwaltungen von Heilbronn und Schwerin trafen Drohungen ein, wurden aber als nicht ernsthaft eingestuft und führten daher nicht zu Evakuierungen. Nach Angaben der Polizei ging ein solches Schreiben bundesweit bei vielen Städten ein. Ob und wie die Drohungen aber zusammenhingen, war zunächst unklar. Auch zu den Hintergründen war vorerst nichts bekannt. Der Deutsche Städtetag verurteilte die Drohschreiben scharf. Man wolle dennoch den offenen Charakter nicht aufgeben, sagte Städtetagspräsident Markus Lewe (CDU). „Offenheit, Dialogbereitschaft und Dienst für die Gemeinschaft dürfen nicht durch Drohungen einzelner in Frage gestellt werden“, betonte Lewe, der zugleich Oberbürgermeister von Münster ist.
Aus dem Bereich des Polizeipräsidiums Konstanz wurden am Dienstag keine vergleichbaren Vorfälle gemeldet. Für Rathäuser in der Region bestehe kein Anlass zur Sorge, sagte ein Polizeisprecher auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“.
Augsburgs OB Kurt Gribl (CSU) verurteilte die Bombendrohung gegen das Rathaus in seiner Stadt scharf: „Die Bedrohung einer Kommune sorgt bei mir für großes Unverständnis“, sagte er laut einer Mitteilung. Wenn die Behörden nicht arbeiten könnten, würden nicht nur die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darunter leiden. „Letztlich wirken sich die heutigen Einschränkungen der Verwaltungsarbeit zum Nachteil für die gesamte Bevölkerung aus.“
Obwohl der Verkehr um den Augsburger Rathausplatz komplett stillstand und viele Menschen nicht weiterkamen, war die Lage in der Innenstadt am Vormittag aber relativ entspannt. Polizisten wiesen Passanten am gesperrten Rathausplatz den Weg, Mitarbeiter der Verwaltung beobachteten die Szenen aus umliegenden Cafés.
Das Bundeskriminalamt habe noch keine zentralen Ermittlungen zu den Drohungen übernommen, sagte eine Sprecherin. Es gebe zwar einen Informationsaustausch, zuständig seien aber die Behörden vor Ort.
Bislang Unbekannte senden seit längerer Zeit Drohschreiben an verschiedene Institutionen in Deutschland, darunter auch Finanzämter, Rathäuser, Anwaltskanzleien oder Verlage. Sie drohen mit Bomben oder – wie im Falle der Bundestagsabgeordneten Martina Renner (Linke) – damit, „Bürger auf offener Straße zu exekutieren“. Schon mehrfach wurden Gebäude daraufhin evakuiert, Sprengkörper wurden aber bislang nicht gefunden.