Wirecard: Verdacht strafbarer Verstöße
Mitarbeiter in Singapur bringen Dax-Konzern in Bedrängnis
ASCHHEIM (dpa) - Nach Manipulationsvorwürfen gegen den Zahlungsdienstleister Wirecard hat eine Untersuchung Indizien für mögliche strafbare Verstöße einzelner Mitarbeiter im Fernen Osten gebracht. Die von dem Unternehmen beauftragte Singapurer Kanzlei Rajah & Tann habe aber keine Feststellungen zu Round-Tripping – also Scheinumsätze mit verschobenen Geldern – oder gar Korruption getroffen, teilte der Dax-Konzern am Dienstag mit.
Auch hätten sich keine Erkenntnisse für eine strafrechtliche Verantwortung der deutschen Konzernzentrale ergeben. Das Papier legte daraufhin innerhalb kürzester Zeit um über 25 Prozent zu, bevor es wieder leicht nach unten ging.
Wirecard war in den vergangenen Wochen an der Börse heftig unter Beschuss geraten, nachdem in der britischen „Financial Times“mehrere Berichte erschienen, in denen einem Wirecard-Mitarbeiter Kontomanipulationen und Dokumentfälschungen vorgeworfen wurden. Der Wirecard-Vorstand hatte mehrfach wütend widersprochen und von „Diffamierung“gesprochen. Doch die Kanzlei geht nach dem Ende ihrer Untersuchung nun davon aus, dass bei Wirecard in Singapur tatsächlich nicht alles mit rechten Dingen zuging: „Strafrechtliche Verantwortung nach örtlichem Recht könnte in Verbindung mit den oben genannten Umständen einigen lokalen Angestellten in Singapur zugewiesen werden“, hieß es in der Zusammenfassung, die Wirecard auf der Unternehmenswebseite veröffentlichte.
Die „oben genannten Umstände“: Die Prüfer der Kanzlei haben tatsächlich Fehlzahlungen und -buchungen in Millionenhöhe gefunden. Laut Wirecard aber keine, die die Jahresbilanzen wesentlich beeinträchtigt hätten. Im Jahr 2017 wurde demnach ein Umsatz von 2,5 Millionen Euro falsch verbucht, was mit dem Jahresabschluss 2018 korrigiert werden soll.
Außerdem tauchte laut Wirecard im Januar 2018 einen Monat lang ein Betrag von 2,3 Millionen Euro in der Liste ausstehender Zahlungen einer Wirecard-Gesellschaft auf, ohne dass diese Summe formell verbucht worden wäre. Die Prüfer stellten ausßerdem laut dem Konzern „gewisse Zahlungen“zwischen Geschäftspartnern und Wirecard-Einheiten fest, denen keine geschäftliche Vereinbarung zugrunde lag. Und es gab Zahlungen, denen zwar tatsächliche Geschäfte zugrunde lagen, die aber bei der falschen Wirecard-Einheit verbucht wurden.
Berichte der „Financial Times“hatten in den vergangenen Wochen dramatische Tagesverluste der Wirecard-Aktie an der Frankfurter Börse zur Folge gehabt. Da derart hohe Kursausschläge bei Dax-Unternehmen unüblich sind, haben sich deswegen auch die Münchner Staatsanwaltschaft und die Finanzaufsicht Bafin eingeschaltet. Grund ist der Verdacht der Kursmanipulation durch Spekulanten. Die Bafin hatte Leerverkäufe von Wirecard-Aktien vorübergehend verboten.