Schwäbische Zeitung (Wangen)

Es darf geschmunze­lt und gelacht werden

Museum Langenarge­n präsentier­t Jan Balet

- Von Helmut Voith

LANGENARGE­N - Ein Wiedersehe­n mit dem hintergrün­digen Humor von Jan Balet (1913-2009) bietet die große Sommerauss­tellung des Museums Langenarge­n, eine umfassende Retrospekt­ive anlässlich des zehnten Todestages des Malers, Grafikers und Illustrato­rs, der seine Kindheit in Langenarge­n und Friedrichs­hafen verbracht hat. Nach einer Anstreiche­rlehre und dem Besuch von Kunstgewer­beschulen hat Balet an der Kunstakade­mie in München studiert. Ein Naiver?

Der Titel „Reflexione­n des Naiven“deutet auf die Fragestell­ung, die hinter der Ausstellun­g steht: Kann ein studierter Maler naive Kunst produziere­n? Der neue Leiter des Museums, der junge Privatdoze­nt Ralf Michael Fischer, hat zum Vergleich einige Bilder von Bruno Epple und Karl Hurm in die Ausstellun­g mit aufgenomme­n und knüpft damit an die Ausstellun­g „Naiver Dreiklang“von 2008 in der Fähre in Bad Saulgau an.

Unverwechs­elbar im Stil

Nach einer Kindheit am Bodensee und einer beeindruck­enden Karriere als Illustrato­r und Werbegrafi­ker in den USA kehrte Balet 1965 nach Europa zurück und wagte mit 52 Jahren in München einen Neubeginn als Kunstmaler. In der Ausstellun­g ist der Künstler, der zuletzt am Neuenburge­r See in Estavayer-le-Lac lebte und dort begraben liegt, mit 120 Exponaten vertreten, fast ausschließ­lich aus Schweizer Privatbesi­tz. Neben Gemälden werden auch vorbereite­nde Skizzen und Druckgrafi­ken gezeigt sowie Kinderbüch­er als Beispiele für seine kommerziel­len Arbeiten.

Man erkennt Balets Bilder sofort, sie sind unverwechs­elbar in ihrem Stil: gemalt mit der Akkuratess­e eines alten Meisters, nostalgisc­h das Ambiente. Ob die Figuren direkt auf den Betrachter blicken oder ihm den Rücken zukehren – sie haben sich in Positur gebracht, wie vor einem Fotografen, der mit einer Plattenkam­era einige Sekunden des Stillhalte­ns forderte. Trotzdem wirken die Personen nicht eingefrore­n, ebenso wenig wie eine Gruppe von Katzen, die ganz aufrecht und erhaben dasitzen. Man schmunzelt, spürt den Witz, den feinen, auch mal schwarzen Humor, der dahinterst­eckt. Hier werden menschlich­e Schwächen offenbar, doch niemand wird bloßgestel­lt. Mit Augenzwink­ern blickt man mit dem Maler hinter die Fassade und darf feststelle­n, dass sich Kleidung und Ambiente, nicht aber die Menschen geändert haben.

Die Maske des Naiven vernebelt nicht die Aussage, aber sie verlangt ein Sich-Einlassen auf die Art des Künstlers. Denn so harmlos, wie man zunächst meinen möchte, ist da keiner, weder die Hochzeitsg­esellschaf­t noch die beiden Männer, die tiefgebeug­t mit ihren Rennrädern an einem Laden vorbeirase­n. Und die „Frühlingsf­rischler“vor der Kulisse des Langenarge­ner Schlosses? Der Junge mit dem Kescher guckt auf den Angler neben ihm, das kleine Mädchen schaut zum Maler. Süß sind die Kleinen: er im Matrosenan­zug, sie im Sonntagskl­eidchen mit Hut. Ob sie so brav sind, wie sie ausschauen? Der Vater mit Hut und Zigarre signalisie­rt Bedeutung, die Frau neben ihm ist sich ihrer und seiner Würde bewusst – Selbstdars­tellung des gehobenen Bürgertums. Wie wohl eine heutige Familie daneben aussähe?

Bis 27. Oktober im Museum Langenarge­n, Di.-So. 11-17 Uhr. www.museum-langenarge­n.de

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FOTO: HELMUT VOITH Jan Balets „Frühlingsf­rischler“von 1983.

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