BVB verspricht neuen Angriff
Wieso die Gefühle in Dortmund nach dem verpassten Titel ambivalent sind
MÖNCHENGLADBACH (SID/dpa) Die schwarz-gelben Partytrucks blieben in der Garage. Marco Reus und Co. starteten in ihren Urlaub, statt sich beim Meisterkorso am Borsigplatz für die Krönung der drittbesten Saison der Vereinsgeschichte gebührend feiern zu lassen. Der Schmerz war bei den Spielern von Borussia Dortmund immer noch groß, daran änderte auch das ein oder andere Frustbier statt des erhofften Meistersekts nichts.
„Die Enttäuschung ist riesig“, sagte Kapitän Reus und kam zu der bitteren Erkenntnis: „Es war deutlich mehr drin. Die Chance war dieses Jahr unheimlich groß.“Für den Nationalspieler wäre es der lang ersehnte Gewinn seiner ersten Meisterschaft gewesen und die Belohnung für seine bärenstarke Saison. Nach dem wertlosen 2:0 (1:0)-Erfolg bei Borussia Mönchengladbach legte der 29-Jährige den Finger in die Wunde: „Die Bayern waren in vielen Sachen einfach reifer. Uns haben die Erfahrung und die Gier in den entscheidenden Momenten gefehlt.“
Im bitteren Moment der verlorenen Meisterschaft vermochten auch die aufmunternden Gesänge ihrer Fans die BVB-Profis nicht zu trösten. Zwangsläufig stellte man sich die Frage: Wo haben wir den Titel verspielt? Michael Zorc hatte eine Antwort. „Wir haben es gegen die in der Tabelle unten stehenden Mannschaften verloren“, sagte der Sportdirektor. Gegen die fünf letzten Mannschaften der Bundesliga ließ der BVB zehn Punkte liegen. Eine zu schwere Hypothek auf dem Weg zum neunten Titel.
Dabei sah es lange Zeit danach aus, dass die junge Mannschaft von Trainer Lucien Favre mit ihrem unbekümmerten Fußball die Dominanz von Bayern München brechen und die siebte Meisterschaft des Rekordchampions in Folge verhindern könnte. Mitte Dezember hatte der BVB noch neun Punkte Vorsprung, Anfang Februar waren es noch sieben. „Die Spiele zu Hause gegen Schalke und in Bremen waren schon ausschlaggebend. Sonst wären wir hier mit einem Punktepolster hingekommen“, sagte Reus. So hoffte der BVB beim Showdown vergeblich auf einen Bayern-Patzer, der eigene Sieg durch die Tore von Jadon Sancho (45.) und Reus (54.) brachte nichts.
Mit ein bisschen Abstand werden aber auch die Dortmunder ein wenig stolz auf ihre Saison zurückblicken. Mit 76 Punkten holten sie sogar einen Zähler mehr als in der Meistersaison 2010/11 unter Trainer Jürgen Klopp. Im Gegensatz zum enttäuschenden Vorjahr steigerte sich der BVB um bemerkenswerte 21 Punkte. „Die Mannschaft ist wie ein Champion aufgetreten. Wir stehen am Anfang einer Entwicklung“, sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.
Sportdirektor Michael Zorc richtete ebenfalls den Blick positiv in die Zukunft. „Die Saison ist eine Verpflichtung und Motivation, im nächsten Jahr wieder anzugreifen und eine noch bessere Mannschaft aufzustellen“, sagte Zorc.
Dafür soll der Kader qualitativ verstärkt werden. Mit dem Gladbacher Thorgan Hazard, der bei seiner Auswechslung am Samstag ausgepfiffen wurde, ist man sich bereits einig. Es wird nur noch über die Ablösesumme verhandelt, sie soll bei rund 30 Millionen Euro liegen.
Die Nationalspieler Julian Brandt (Bayer Leverkusen) und Nico Schulz (TSG Hoffenheim) könnten für jeweils rund 25 Millionen Euro folgen. „Wir werden versuchen, die nächsten Jahre dranzubleiben“, versprach Watzke und spendete den enttäuschten Spielern Trost: „Es war eine reife Leistung. Ich bin stolz auf die Mannschaft.“