Wölfe dürfen leichter abgeschossen werden
Bundesregierung einigt sich auf Gesetzesänderung – Hauk: „Ein Anfang ist gemacht“
BERLIN/STUTTGART - Seit Jahren tobt die Debatte über den Wolf. Die Rückkehr des Raubtieres in unsere Breiten hat Diskussionen über den Umgang mit dem Tier ausgelöst. Nach mehr als einjährigem Ringen gibt es nun in der Bundesregierung eine Einigung über einen leichteren Abschuss. Der Gesetzentwurf helfe, das Nebeneinander von Wolf und Weidetierhaltung in Deutschland zu ermöglichen, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze am Dienstag in Berlin zum Entwurf aus ihrem Haus. „Wir haben auf die Sorgen vor Ort reagiert: Da, wo es ein Problem gibt, lösen wir es. Und da wo es keines gibt, gilt der Artenschutz uneingeschränkt“, erklärte die SPD-Politikerin. Die Vorlage soll heute vom Kabinett beschlossen werden.
Erfreut über den Kompromiss zeigte sich Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU), die zuvor lange mit Schulze über die Änderung gestritten hatte. Forderungen nach wolfsfreien Zonen sowie nach anlasslosen, vorbeugenden Abschüssen, wie von Klöckner gefordert, werden aber nicht aufgegriffen.
Kritik kam von Naturschützern und der FDP. Auch Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk ist nicht gänzlich zufrieden. „Mit der Entscheidung in Berlin ist ein Anfang gemacht. Für ein echtes und erfolgreiches Management, das für alle Tiere in einer Kulturlandschaft nötig ist, fehlt nun aber noch die Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht“, sagte der CDU-Politiker am Dienstag der „Schwäbischen Zeitung“. Nach Schulzes Entwurf gibt es lediglich eine Änderung des Naturschutzgesetzes. Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) wollte sich nicht im Detail äußern. Es sei noch sehr früh im Gesetzgebungsverfahren.
Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass künftig nach Wolfsrissen auch dann Wölfe geschossen werden dürfen, wenn nicht klar ist, welches Tier genau zugebissen hat, und zwar so lange, bis es keine weiteren Risse gibt. Das kann auch bedeuten, dass ein ganzes Rudel geschossen wird, wie es in den Erläuterungen zum Gesetzentwurf heißt. Allerdings muss jeder Abschuss eines Raubtieres zuvor von den Landesbehörden genehmigt werden.
BERLIN - Nun steht fest, wann Wölfe „entnommen“werden dürfen – also gejagt und geschossen. Nach langen Diskussionen zwischen Umweltund Agrarministerium ist der „Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes“am heutigen Mittwoch Thema im Kabinett. Allerdings mussten am Ende Kanzleramtsminister und Vizekanzler eingreifen.
Die wachsende Zahl der Wölfe in Deutschland, angeblich sollen es rund 1000 sein, wird vor allem für Weidetierhalter zum Problem. Im Jahr 2017 wurden durch Wölfe „1336 Schafe, 31 Ziegen, 140 Rinder, 123 Gehegewild sowie zwei Alpakas, zwei Pferde (davon ein Fohlen) und zwei Hunde verletzt und/oder getötet oder gelten als vermisst“, so die offizielle Auskunft der Bundesregierung vom April dieses Jahres.
„Ich bin froh, dass wir jetzt endlich eine Einigung haben, die Herdenschutz und Artenschutz in Einklang bringt“, sagt Umweltministerin Svenja Schulze (SPD). „Es wird künftig einfacher, Herden vor wiederholten Rissen zu schützen, aber der Wolf bleibt eine streng geschützte Tierart.“Nur ausnahmsweise sollen spezialisierte Jäger zum Gewehr greifen dürfen.
Tötung muss beantragt werden
Im Prinzip war das auch bisher so. Nun soll klargestellt werden, dass zur Abwendung „ernster Schäden“und bei wiederholten Übergriffen seitens der Raubtiere der Abschuss erfolgen kann. Haben Wölfe zweimal zugeschlagen, kann die Tötung eines Wolfes beantragt werden. Dabei muss nicht mehr der tatsächliche Übeltäter eines Rudels ausfindig gemacht werden. Es geht um den Lerneffekt für das Rudel. Darüber ist Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) froh. Schließlich sei es „keinem zu erklären, dass reißende Wölfe erst geschossen werden dürften, wenn der DNA-Vergleich gemacht wurde“.
Kritik an der Gesetzesvorlage gibt es bereits. Bauern- und Jagdverband wollen einen „Akzeptanzbestand“. Wird eine bestimmte Zahl von Wölfen überschritten, soll eine „Schutzjagd“möglich sein. „Entscheidend für ein Zusammenleben mit dem Wolf ist der Herdenschutz, für den der Bund mehr finanzielle Unterstützung, Beratung und Rechtsicherheit leisten muss“, erklärt die agrarpolitische Sprecherin der linken Bundestagsfraktion, Kirsten Tackmann. So ähnlich sieht es auch Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. So aber seien „die geplanten Änderungen kein Gewinn für die Koexistenz für Mensch, Weidetier und Wolf“.
Der jagdpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Karlheinz Busen, kündigt einen eigenen Gesetzentwurf an. Busen gibt dafür schon einmal die Richtung vor: „Der Wolf gehört ins Jagdgesetz.“