Berlin blickt auf Bremen
Wahl an der Weser könnte über das Schicksal der Bundesregierung entscheiden
BERLIN - Fragt man den Bremer SPDBürgermeister Carsten Sieling in diesen Tagen danach, wie wichtig die Wahl in seinem Stadtstaat für die Bundespolitik ist, dann winkt er ab. Die Zukunft von SPD-Chefin Andrea Nahles hängt an seinem Erfolg? „Es gibt keine Anzeichen, dass mit unserem Wahlergebnis Personalfragen in der SPD verknüpft sind“, versichert Sieling. Das Schicksal der Großen Koalition in Berlin lastet auf seinen Schultern? „Ich empfinde das nicht als Druck. Für die Rückwirkung nach Berlin ist die Europawahl sicherlich bedeutsamer.“
Dabei könnte sich am Ende das Schicksal der Großen Koalition im kleinen Bremen entscheiden. Was Europa betrifft, haben die Sozialdemokraten ihre Niederlage längst eingepreist. Das Spitzen-Wahlergebnis von 27,3 Prozent vor fünf Jahren lässt sich ohnehin nicht wiederholen.
Welche Bedeutung auch die Parteispitze der Wahl beimisst, wird am Freitag zu sehen sein. Alles mit Rang und Namen wird auf dem Bremer Marktplatz stehen: MecklenburgVorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil kommen, Außenminister Heiko Maas und der Jusos-Vorsitzende Kevin Kühnert. Nötig ist das. In Umfragen ist die Union gerade an der SPD vorbeigezogen. Bei solch einem Ergebnis wäre die politische Karriere des 60-jährigen Sieling vorbei.
Carsten Meyer-Heders Wahlsieg wäre nicht nur ein Erfolg für die CDU, sondern für Annegret Kramp Karrenbauer. Der Wahlsonntag ist die erste große Bewährungsprobe für die neue Parteichefin. Das rote Bremen für die CDU zu holen, das wäre schon was. Vermutlich geht es ab Sonntagabend in der Koalition und auch in der Union um ganz andere Fragen: Bleibt die SPD? Geht die Kanzlerin? Werden zumindest ein paar Minister ausgetauscht?
Beinahe täglich muss Kramp-Karrenbauer inzwischen beteuern, dass sie die Kanzlerin nicht stürzen will. Doch der Druck auf Merkel wächst – wenngleich auch die Drängler nicht erklären können, wie genau der Wechsel denn funktionieren soll. Nahles wiederum will von all dem nichts wissen: „Die GroKo ist durch kein Ergebnis gefährdet“, verkündete sie vor ein paar Tagen.